Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwandsteuer. Hundesteuer. Steuerpflicht. Bundespolizei. Diensthund. Dienstpflicht. Hundehaltung. Aufwand. persönliche Lebensführung. wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Einkommensverwendung. Einkommenserzielung
Leitsatz (amtlich)
Hundesteuer als Aufwandsteuer i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG darf nicht erhoben werden für die Haltung von Diensthunden der Bundespolizei, wenn der Diensthundführer mit der Hundehaltung eine Dienstpflicht erfüllt. Kennzeichnend hierfür sind u.a. eine Aufwandsentschädigung und eine Zeitgutschrift für die Beschäftigung mit dem Hund. Wird durch die Hundehaltung eine Dienstpflicht erfüllt, fehlt es an einem besteuerbaren Aufwand für die persönliche Lebensführung.
Normenkette
GG Art. 105 Abs. 2a; HKAG § 7 Abs. 2
Verfahrensgang
Hessischer VGH (Beschluss vom 11.09.2006; Aktenzeichen 5 UE 1611/06) |
VG Darmstadt (Urteil vom 08.02.2006; Aktenzeichen 4 E 428/04(2)) |
Tenor
Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. September 2006 wird aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 8. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten um die Heranziehung zur Hundesteuer für einen Diensthund.
Der Kläger ist Polizeiobermeister bei der Bundespolizei und als Diensthundführer beim Bundespolizeiamt in Frankfurt am Main tätig. Nach dem einschlägigen Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 17. November 1997 (“BRAS 171 – Das Diensthundewesen des Bundesgrenzschutzes”) stehen Diensthunde der Bundespolizei im Eigentum des Bundes. Sie werden dem Diensthundführer zur artgerechten Haltung und Pflege übergeben. Außerhalb der Dienstzeiten hält der Diensthundführer den Diensthund bei sich zu Hause. Für den besonderen Aufwand, der dem Diensthundführer durch die Betreuung des Hundes entsteht, werden ihm 45 Minuten pro Wochentag auf die wöchentliche Arbeitszeit angerechnet. Außerdem erhält er eine steuerfreie Diensthundführeraufwandentschädigung in Höhe von 86,92 € im Monat, die der Abgeltung der mit der Haltung des Hundes im eigenen Haushalt verbundenen Aufwendungen (Futter, Pflegemittel, Tierarzt, Impfungen etc.) dient.
Die Beklagte erhebt aufgrund der “Satzung über die Erhebung einer Hundesteuer im Gebiet der Gemeinde Riedstadt” vom 4. Dezember 1998, geändert durch Satzung vom 31. August 2000, für die Haltung von Hunden Hundesteuer. Gegen den Heranziehungsbescheid vom 18. Juli 2002 wandte sich der Kläger mit seinem am 23. Juli 2002 eingegangenen Widerspruch. Die Dienststelle des Klägers begründete den Widerspruch damit, dass Diensthunde im Auftrag des Bundes von den Diensthundführern zu Hause gehalten würden. Sämtliche hierzu anfallenden Kosten gingen zu Lasten des Bundes. Der Hundeführer übernehme den Hund mit dem dienstlichen Auftrag, ihn zu pflegen, zu füttern und bei seiner Aufgabenwahrnehmung einzusetzen. Mit Bescheid vom 11. August 2003 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Der Kläger hat gegen den Hundesteuerbescheid Klage erhoben. Er habe den Hund nicht im eigenen Interesse in den eigenen Haushalt aufgenommen, sondern er sei dazu dienstlich verpflichtet, handele also im Interesse der Bundesrepublik Deutschland. Er verweist darauf, dass es für den privaten Umgang mit dem Diensthund besondere Regeln gebe. So bedürfe z. B. selbst die gelegentliche Betreuung und das Ausführen des Hundes durch einen “geeigneten” Familienangehörigen oder auch der tierärztliche Besuch der vorherigen Einwilligung des Diensthundelehrwartes. Ebenfalls zustimmungsbedürftig sei die private Mitnahme des Diensthundes ins Ausland, z. B. zum Zwecke des Urlaubs.
Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 8. Februar 2006 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, der Kläger erfülle den Steuertatbestand des § 2 Abs. 2 Satz 1 der Hundesteuersatzung der Beklagten nicht. Er habe nämlich den Diensthund nicht im eigenen Interesse oder im Interesse seiner Familie in seinen Haushalt aufgenommen, sondern sei dazu dienstlich verpflichtet. Die Satzung der Beklagten müsse entsprechend ausgelegt werden. Eine andere Auslegung wäre nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 7 Abs. 2 KAG gedeckt und widerspreche dem Aufwandsbegriff des Art. 105 Abs. 2a GG. Es liege hier kein durch eine persönliche, private Lebensführung veranlasster Aufwand vor, der Ausdruck einer eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei, sondern ein dienstlich veranlasster Aufwand.
Der Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 11. September 2006 stattgegeben und zur Begründung mit Bezugnahme auf sein Urteil vom 25. Juni 2003 (5 UE 1174/01, NVwZ-RR 2004, 213) ausgeführt, die Hundesteuer knüpfe als Aufwandsteuer an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen an. Besteuert werde ein besonderer Aufwand, der über die Verwendung von Einkommen und Vermögen zur Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehe. Hundehalter sei, wer einen Hund in seinen Haushalt aufgenommen habe. Das sei beim Kläger der Fall. Der Zweck der Hundehaltung sei dabei unerheblich. Das Wesen der Aufwandsteuer schließe es aus, für die Steuerpflicht von vornherein auf eine wertende Berücksichtigung der Absichten und verfolgten Zwecke, die dem betriebenen Aufwand zugrunde lägen, abzustellen. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Differenzierung zwischen einem durch eine persönliche, private Lebensführung veranlassten Aufwand, der Ausdruck einer eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein könne, und einem dienstlich veranlassten Aufwand sei demnach nicht maßgeblich.
Zur Begründung der vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision vertieft der Kläger sein Vorbringen und weist ergänzend darauf hin, dass er verpflichtet sei, den Diensthund im Interesse des Dienstherrn auch außerhalb der regulären Arbeitszeit zu betreuen. Es gebe keine ausreichenden zentralen Diensthundeeinrichtungen. Zudem solle darauf hingewirkt werden, dass zwischen Diensthundführer und seinem Hund ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werde, aufgrund dessen sich die tägliche Arbeitsbewältigung verbessere und der Diensthund effektiver arbeite. Bei einem Diensthund handele es sich um ein dem Diensthundführer anvertrautes “Arbeitsgerät”, das dieser aus Gründen der Effektivität und Leistungsfähigkeit über die Dienstzeit hinaus in seiner Obhut behalte.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. September 2006 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 8. Februar 2006 zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist begründet. Die Berufungsentscheidung verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat auf die Klage des Klägers zu Recht die angegriffenen Bescheide aufgehoben. Dementsprechend war die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat auch Bundesrecht angewandt, das das Bundesverwaltungsgericht überprüfen darf. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht zwar im Wesentlichen auf der Auslegung und Anwendung einfach-gesetzlichen Landesrechts, das grundsätzlich irrevisibel ist. Zum Landesrecht gehören auch die Rechtsvorschriften, die im Range unter dem Landesgesetz stehen, insbesondere nur im Gemeinde- bzw. Kreisgebiet geltende kommunale Satzungen des sog. Ortsgesetzgebers. Das nicht revisible Recht darf vom Bundesverwaltungsgericht aber darauf überprüft werden, ob die Auslegung und Anwendung des Landesrechts durch das Berufungsgericht mit dem Bundesrecht in Einklang steht, insbesondere das Bundesrecht eine andere Auslegung gebietet (Urteil vom 29. Juni 2000 – BVerwG 1 C 26.99 – Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 68). Das Berufungsgericht hat § 2 der Hundesteuersatzung der Beklagten so ausgelegt, dass auch der Halter eines Diensthundes Halter im Sinne dieser Satzungsvorschrift ist, weil er den Diensthund in seinen Haushalt aufgenommen hat. Damit hat es den Begriff der Aufwandsteuer in Art. 105 Abs. 2a GG verkannt.
In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass die Aufwandsteuern i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG (nur) den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung erfassen und damit die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuern (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 – 2 BvR 1275/79 – BVerfGE 65, 325 ≪346≫; BVerwG, Beschluss vom 28. November 1997 – BVerwG 8 B 224.97 – Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 5; Urteil vom 26. September 2001 – BVerwG 9 C 1.01 – BVerwGE 115, 165 ≪168 f.≫; Urteil vom 27. September 2000 – BVerwG 11 C 4.00 – Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 18). Die Aufwandsteuer knüpft an das Halten eines Gegenstandes oder an einen tatsächlichen oder rechtlichen Zustand an (BVerfG a.a.O. S. 347); sie ist eine Steuer auf die Einkommensverwendung, die einen besondere Leistungsfähigkeit indizierenden Konsum belastet (vgl. Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Band 3, 5. Aufl., Art. 105 Rn. 62). Im Aufwand als Konsum kommt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck. Nur soweit in diesem Sinne ein Aufwand für die persönliche Lebensführung betrieben wird, kommt es im Sinne des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O. S. 347) nicht darauf an, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird.
Die Hundesteuer gehört zu den herkömmlichen Gemeindesteuern, die zu erheben die Länder die Gemeinden ermächtigt haben, für Hessen durch § 7 des Gesetzes über kommunale Abgaben (HKAG) vom 17. März 1970 (GVBl S. 225). Sie ist eine örtliche Aufwandsteuer, weil das Halten eines Hundes über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht und einen Aufwand – wenn auch unter Umständen nicht sehr erheblichen – erfordert (vgl. nur etwa Beschluss vom 28. November 1997 a.a.O.).
Der Verwaltungsgerichtshof geht von der Hundesteuer als Aufwandsteuer aus. Mit Bezugnahme auf sein Urteil vom 25. Juni 2003 (a.a.O.) hält er für unerheblich, welchem Zweck die Haltung des Hundes diene, ob er beruflich oder privat gehalten werde. Das Berufungsgericht bezieht sich insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts zur Zweitwohnungssteuer für Erwerbszweitwohnungen, wonach das Wesen der Aufwandsteuer es ausschließe, für die Steuerpflicht von vornherein auf eine wertende Berücksichtigung der Absichten und verfolgten Zwecke, die dem Aufwand zugrunde liegen, abzustellen (BVerfG a.a.O. S. 357; BVerwG, Urteil vom 12. April 2000 – BVerwG 11 C 12.99 – BVerwGE 111, 122 ≪126≫). Maßgeblich dürfe allein der Konsum als Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein. Der Begriff der persönlichen Lebensführung sei nicht als “private Lebensführung” als Gegensatz zu einer “beruflichen Lebensführung” zu verstehen, sondern diene vielmehr der Beschränkung des Steuertatbestandes auf den konsumtiven Aufwand als Kennzeichen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Abgrenzung des Aufwands zur Einkommensverwendung gegenüber der Einkommenserzielung. Die Lebensführung eines Steuerpflichtigen bleibe auch, soweit sie beruflichen Zwecken diene, in diesem Sinne eine persönliche Lebensführung. Danach unterfalle eine Hundehaltung, die ganz oder teilweise beruflichen Zwecken diene, ebenfalls der Aufwandsteuer. Nicht maßgeblich sei deshalb eine Differenzierung zwischen einem durch eine persönliche, private Lebensführung veranlassten Aufwand, der Ausdruck einer eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein könne, und einem dienstlich veranlassten Aufwand. Es komme ebenfalls nicht darauf an, von wem und mit welchen Mitteln der Aufwand finanziert werde und welchen Zwecken er des Näheren diene.
Damit verkennt das Berufungsgericht den Begriff des “besteuerbaren Aufwands für die persönliche Lebensführung”. Die Haltung eines Diensthundes ist keine Angelegenheit der persönlichen Lebensführung, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indiziert, sondern die Erfüllung einer Dienstpflicht. Die Entscheidung, einen Diensthund zu erwerben und zu halten, trifft nicht der Kläger oder ein seinem Haushalt angehöriges Mitglied, sondern der Dienstherr. Der Kläger kann nicht entscheiden, ob er einen Diensthund erwirbt und ggf. welchen. Den Diensthund zu Hause zu betreuen, ist er aufgrund der dienstrechtlichen Vorschriften verpflichtet. Der Umgang mit dem Hund unterliegt nicht allein dem Willen des Klägers; er ist auch hier an Vorschriften gebunden. Für verschiedene Verwendungen – Führen durch eine andere Person, Mitnahme in den Urlaub ins Ausland, Tierarztbesuche – bedarf er einer Genehmigung. Für die Hundehaltung erhält er eine die Kosten im Wesentlichen abdeckende Aufwandsentschädigung und für die persönliche Beschäftigung mit dem Hund eine Arbeitszeitgutschrift. Wird durch die Hundehaltung – wie hier – eine Dienstpflicht erfüllt, fehlt es demnach an einem besteuerbaren Aufwand für die persönliche Lebensführung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. h.c. Hien, Vallendar, Dr. Nolte, Domgörgen, Buchberger
Fundstellen
NWB 2007, 1838 |
ZKF 2007, 185 |
DÖV 2008, 34 |
BayVBl. 2008, 55 |
DVBl. 2007, 983 |
GK/BW 2007, 273 |
KomVerw 2007, 294 |
NPA 2008 |
NWB direkt 2007, 11 |
FuBW 2007, 798 |
FuHe 2007, 676 |
GK 2007, 307 |
KommP BY 2007, 344 |
LL 2007, 631 |