Rz. 30
Seit der Einführung des AStG im Jahr 1972 hat § 1 AStG mehrere Anpassungen erfahren (s. dazu Rz. 8 ff.). Bis zur Durchführung der Unternehmensteuerreform im Jahr 2008 blieben die Bestimmungen des § 1 Abs. 1 bis 3 AStG weitgehend unverändert. Allerdings hat die Definition der "Geschäftsbeziehung" gemäß § 1 Abs. 4 AStG im Laufe der Zeit mehrfache Änderungen erfahren. Mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 erfolgte eine wesentliche Änderung (s. Rz. 9): Der Inhalt des § 1 Abs. 4 AStG wurde zudem in einen neu eingeführten Abs. 5 überführt. Die im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 überarbeitete Fassung des § 1 AStG ist seit dem Veranlagungszeitraum 2008 gültig, wie § 21 Abs. 16 AStG festlegt.
Rz. 31
Durch das Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz, welches am 26. Juni 2013 verabschiedet wurde, wurden die Absätze 5 und 6 in das Außensteuergesetz (AStG) eingefügt, die beide am 1. Januar 2013 in Kraft traten.
§ 1 Abs. 5 AStG erweitert die Anwendung der vorherigen Absätze auf Geschäftsbeziehungen zwischen einem inländischen Unternehmen und seiner ausländischen Betriebsstätte sowie umgekehrt. Diese Erweiterung folgt dem Konzept des Authorised OECD-Approach (AOA), der Betriebsstätten als eigenständige Einheiten betrachtet.
Rz. 32
Das Zollkodex-Anpassungsgesetz vom 22. Dezember 2014 brachte sprachliche Klarstellungen und Erweiterungen für § 1 Abs. 4 AStG. Es wird nun explizit darauf hingewiesen, dass die betreffenden Aktivitäten vom Steuerpflichtigen oder einer nahestehenden Person ausgeführt werden. Des Weiteren soll bei der hypothetischen Prüfung einer möglichen Anwendung bestimmter Einkommensteuergesetz-Paragraphen die Beteiligung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person und einer nahestehenden inländischen Person berücksichtigt werden. Diese Änderung gilt laut Gesetzgeber als Klarstellung. Zudem wurde der Terminus "Geschäftsbeziehungen" durch "Geschäftsvorfall" ersetzt, um zu verdeutlichen, dass in der Regel einzelne Geschäftsvorfälle und nicht ganze Geschäftsbeziehungen Gegenstand schuldrechtlicher Vereinbarungen sind. Diese Präzisierung führte auch zu einer sprachlichen Anpassung von Mehrzahl zu Einzahl in der Vorschrift.Die im Zollkodex-Anpassungsgesetz vorgenommenen Änderungen traten erstmals für den Veranlagungszeitraum 2015 in Kraft, wie in § 21 Abs. 22 AStG festgelegt.
Rz. 33
Durch die Ergänzung von § 1 Abs. 6 AStG wurde das BMF ermächtigt, eine Rechtsverordnung zu erlassen, die detaillierte Bestimmungen zum Fremdvergleichsgrundsatz gemäß § 1 Abs. 1, 3 und 5 AStG festlegt. Diese Verordnung soll auch Einzelheiten zur einheitlichen Anwendung dieses Grundsatzes sowie zur Bestimmung des Dotationskapitals gemäß § 1 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 AStG regeln. Die konkrete Umsetzung dieser Ermächtigung erfolgte mit der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) vom 13. September 2013, die durch die Verwaltungsgrundsätze zur Betriebsstättengewinnaufteilung (VWG BsGa) vom 22. Dezember 2016 ergänzt wird. Im Rahmen des globalen Vorgehens gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen (Base Erosion and Profit Shifting, BEPS) hat die OECD im Auftrag der G20 konkrete Empfehlungen ausgearbeitet. Die Umsetzung dieser Empfehlungen, einschließlich der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und weiterer Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen, fand in Deutschland durch das Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnverkürzungen und -verlagerungen vom 20. Dezember 2016 statt. Eine im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehene Änderung des § 1 AStG wurde allerdings letztlich nicht umgesetzt.
Rz. 34
Ab dem Veranlagungszeitraum 2022 wurde der § 1 AStG erneut überarbeitet, vor allem um die Ergebnisse des OECD-Projekts gegen Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) umzusetzen:
Durch das Gesetz zur Modernisierung der Entlastung von Abzugsteuern und der Bescheinigung der Kapitalertragsteuer (Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz – AbzStEntModG), welches am 2. Juni 2021 verabschiedet wurde, wurde insbesondere § 1 Abs. 3 AStG grundlegend überarbeitet. Zudem wurden die neuen Absätze 3a bis 3c eingeführt. In Absatz 3 wird nun die Bedeutung der tatsächlichen Verhältnisse für die Ermittlung von Verrechnungspreisen betont und der bisherige Methodenkatalog durch die sogenannte Best-Method-Rule ersetzt. Die neuen Absätze 3a bis 3c regeln die Bandbreitenbildung, überarbeiten die Bestimmungen zu Funktionsverlagerungen und implementieren das sog. DEMPE-Konzept (Development, Enhancement, Maintenance, Protection, Exploitation) der OECD, zusammen mit einer Legaldefinition immaterieller Werte. Die bisherigen Regelungen zu Preisanpassungsklauseln wurden in einen neuen § 1a AStG ausgegliedert und ebenfalls punktuell überarbeitet (S. dazu Kommentierung zu § 1a AStG). Diese Änderungen durch das AbzStEntModG sind gemäß § 21 Abs. 25 AStG in der Fassung des Änderungsgesetzes ab dem Veranlagungszeitraum 2022 anwendbar.
Rz. 35
Des Weiteren wurde mit dem Gese...