2.4.1 Verweis auf § 8 Abs. 2 und Abs. 5 sowie §§ 10–12 AStG (§ 13 Abs. 4 S. 1 AStG)
Rz. 121
Nach § 13 Abs. 4 AStG gelten § 8 Abs. 2 und 5 AStG sowie die §§ 10-12 AStG im Bereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung entsprechend. Abweichend hiervon gilt § 8 Abs. 2 AStG nicht entsprechend, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind (§ 13 Abs. 4 S. 2 AStG). Entsprechende Anwendung erfahren nach § 13 Abs. 4 S. 1 AStG im Konkreten: § 8 Abs. 2 AStG (Motivtest), § 8 Abs. 5 AStG (Niedrigsteuergrenze), § 10 AStG (Hinzurechnungsbetrag), § 11 AStG (Kürzungsbetrag), § 12 AStG (Steueranrechnung). Zur vergleichbaren Besteuerung nach § 12 Abs. 2 AStG s. im Einzelnen Kommentierung zu § 12 AStG.
Rz. 122
Die Exkulpation nach § 8 Abs. 2 AStG gelingt nur, wenn dessen konkrete Anforderungen erfüllt werden. Die territoriale Beschränkung des Motivtests auf EU-/EWR-Staaten nach § 8 Abs. 3 AStG gilt im Bereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung nicht. Der Motivtest ist daher auch in Fällen eröffnet, in denen die Kapitalanlagegesellschaft ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung in einem Drittstaat hat.
Rz. 123
Anstelle der Freigrenze des § 9 AStG, die im § 13 AStG keine Anwendung findet, gilt die Freigrenze des § 13 Abs. 1 S. 3 AStG (s. dazu 2.1.4). Für die entsprechende Anwendung des § 10 Abs. 3 S. 5 AStG hat dies zur Folge, dass Verluste, die bei Einkünften mit Kapitalanlagecharakter entstanden sind, in entsprechender Anwendung des § 10d EStG abgezogen werden können, soweit sie die nach § 13 Abs. 1 S. 3 AStG außer Ansatz zu lassenden Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter übersteigen.
Rz. 124
einstweilen frei
2.4.2 Ausschluss Motivtest (§ 13 Abs. 4 S. 2 AStG)
Rz. 125
Nach § 13 Abs. 4 S. 2 AStG ist der Motivtest nach § 8 Abs. 2 AStG ausgeschlossen, wenn der Staat, in dem die Kapitalanlagegesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind. Der Staat des Sitzes oder der Geschäftsleitung sind nach §§ 10 und 11 AO zu bestimmen. Die Vorschrift entspricht dem im Bereich der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung geltenden § 8 Abs. 4 AStG und hat zur Folge, dass die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung auch dann anwendbar ist, wenn für die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter eine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 AStG nachgewiesen wird.
Rz. 126
Kein zwischenstaatlicher Informationsaustausch
In der Rechtsfolge bedeutet das Nichterteilen von Auskünften i. R.d. zwischenstaatlichen Informationsaustauschs, dass die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung anwendbar ist, ohne dass die Möglichkeit des Nachweises einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit besteht. Es kommt dabei auf die tatsächliche Nichterteilung von Informationen im konkreten Fall an, wenn die Auskunftserteilung aber zur Sachverhaltsaufklärung erforderlich ist und das Auskunftsersuchen im Einklang mit den jeweils geltenden Standards des Informationsaustausches steht. Im Einzelfall kommt es jedoch nicht darauf an, dass der ausländische Staat die Auskunft zur Zufriedenheit der deutschen Finanzverwaltung erfüllt, da dies kaum vom Steuerpflichtigen zu überprüfen und daher unverhältnismäßig zu seinen Lasten ginge. Relevant ist daher die Nichterteilung i. S. v. keiner Informationsübermittlung.
Rz. 127
Anfrage zur Auskunftserteilung
Die Auskunft ergeht im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustauschs auf Anfrage der deutschen Finanzverwaltung. Das Auskunftsersuchen muss im Einklang mit den jeweils geltenden Standards des Informationsaustausches stehen. Die Anforderungen zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen hat das BMF in einem Merkblatt zusammengefasst.
Rz. 128
Auskunft zur Durchführung der Besteuerung erforderlich
Erforderlich ist die Auskunft durch den ausländischen Staat, wenn die Finanzbehörden grenzüberschreitende Sachverhalte nicht angemessen aufklären können, weil ihre Ermittlungsmöglichkeiten auf das deutsche Staatsgebiet begrenzt und ausgeschöpft sind. Zwar lässt Art. 26 Abs. 1 OECD-MA 2017 die "voraussichtliche" Erheblichkeit von Informationen für das Auskunftsersuchen ausreichend; da dies aber im Wortlaut des § 13 Abs. 4 S. 2 AStG nicht zum Ausdruck kommt, gilt insofern bereits ex ante ein strengerer Maßstab für die Anfrage.
Rz. 129
einstweilen frei