1.7.1 Ermessensausübung der Finanzbehörde
Rz. 32
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist seitens der FinVerw die pflichtgemäße Ermessensausübung wie auch bei § 160 AO i. R.d. Gläubiger- und Empfängerbenennung zu beachten. Das Ermessen ist auf 2 Stufen auszuüben: auf der 1. Stufe ist zu entscheiden, ob die Angaben des Stpfl. zur Beurteilung des Sachverhalts ausreichend sind oder ein Benennungsverlangen an ihn gerichtet werden soll. Auf der 2. Stufe ist pflichtgemäß zu entscheiden, ob die jeweiligen Aufwendungen berücksichtigt werden sollen oder eine anderweitige Sachentscheidung zu treffen ist. Die Ermessensentscheidung auf der 1. Stufe, dem Benennungsverlangen, steht in besonderem Maße unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit.
Rz. 33
Das Benennungsverlangen darf insbesondere nicht unverhältnismäßig sein und die zu befürchtenden Nachteile dürfen nicht außer Verhältnis zum beabsichtigten Aufklärungserfolg stehen. Nur in Ausnahmefällen kann von einer Empfängerbezeichnung abgesehen werden, weil der Stpfl. den Namen erst nachträglich ermitteln muss und im Voraus nicht erfahren hatte. Dies ist der Fall, wenn die nachträgliche Ermittlung des Empfängers auf nicht oder kaum zu bewältigende tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten stößt und eine Benennung dem Stpfl. billigerweise nicht zuzumuten ist. Es gilt zu beachten, dass die Rspr. eine allumfassende Beweisvorsorge- und Beweismittelbeschaffungspflicht des Stpfl. i. R.d. § 16 AStG annimmt. Diese Auffassung teilt die FinVerw in Rz. 16.1.3 AEAStG, wonach der Stpfl. i. R.d. § 16 Abs. 1 AStG einer Beweisvorsorgepflicht unterliegt, d. h. er Beweismittel schaffen, beschaffen und sichern muss. Geeignete Beweismittel sollten damit schon bei Beginn von Auslandsbeziehungen gesammelt werden. Der Steuerberater hat bei Erstellung der Finanzbuchhaltung auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass die FinBeh für bestimmte Vorgänge eine Offenlegung i. S. d. § 160 AO, § 16 AStG fordern kann und daher die für eine umfassende Offenlegung aller Beziehungen zwischen dem Stpfl. und den ausländischen Geschäftspartnern erforderlichen Beweise möglichst zeitnah zu sichern und zu sammeln sind. Er hat ferner auf die Rechtsfolgen einer unzureichenden Offenbarung hinzuweisen.
Rz. 34
Das Benennungsverlagen ist kein eigens anfechtbarer Verwaltungsakt. Es fehlt an einem Regelungsgehalt, da die Antragstellung schon dem Stpfl. überlassen ist sowie die Mitwirkung oder das Unterlassen der Mitwirkung mit der Konsequenz der Nichtberücksichtigung des Absetzungsverlangens. Die Rechtmäßigkeit des Benennungsverlangens ist vielmehr erst im Klageverfahren gegen den Steuer- oder Feststellungsbescheid, der durch das Verlangen vorbereitet wird, zu überprüfen. Die Entscheidung über die Anwendung der Rechtsfolge aus § 16 AStG wird innerhalb des einschlägigen Steuerbescheids als eine solche über die Feststellung einer unselbstständigen Besteuerungsgrundlage i. S. d. § 157 Abs. 2 AO getroffen und bildet damit einen mit Rechtsbehelfen nicht selbstständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids.
Rz. 35
Die Mitwirkungspflicht regelt keine Eingriffsermächtigung für die FinBeh, um die Mitwirkung rechtlich zu erzwingen. Das ergibt sich letztlich auch aus der Antragsgebundenheit durch den Stpfl. Die Nichtmitwirkung des Stpfl. kann deshalb als konkludente Antragsrücknahme auszulegen sein, die keinen formalen oder inhaltlichen Anforderungen unterliegt und jederzeit bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit möglich ist. In der Folge kann bei fehlendem Antrag und fehlender Mitwirkung keine Absetzung gewährt werden.
Rz. 36
Die Offenlegung kann vom FA nicht in einer bestimmten Form verlangt werden. Dem Begriff "Offenlegen" ist nicht zu entnehmen, in welcher Form die Auskunftserteilung stattfinden soll. In Betracht kommen in 1. Linie mündliche oder schriftliche Auskünfte. Bei Sachverhalten von geringem Umfang und Schwierigkeitsgrad wird das FA eine schriftliche Auskunft nicht verlangen können. In allen anderen Fällen wird die schriftliche Auskunftserteilung die Regel sein.
Rz. 37
Eine unzureichende Beantwortung des Empfängerbenennungsverlangens i. S. d. § 160 AO reicht für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO wegen des nachträglichen Bekanntwerdens von Tatsachen nicht aus, wenn das Benennungsverlangen und die Reaktion des Stpfl. nach der – nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden – Veranlagung erfolgt. Eine rechtserhebliche neue Tatsache, die zur Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigt, liegt auch nicht in der Zahlung an eine ausländische Gesellschaft, die das BZSt als Domizilgesellschaft einstuft. Die Versagung eines Betriebsausgabenabzugs an die ausländische Gesellschaft kann nicht ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen versagt werden, da die Eigenschaft als Domizilgesellschaft für das Vorliegen von Betriebsausgaben nicht erheblich ist. Ohne die Aufklärungsmaßnahmen ist unerheblich, ob die Gesellschaft als Domizilgesellschaft zu qualifizieren ist, denn auch Zahlungen an Domizilgesellschaften sind dem Grunde nach Betriebsausgaben.