2.3.1 Allgemeines
Rz. 275
§ 2 Abs. 3 AStG enthält die Definition des in § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AStG enthaltenen Tatbestandsmerkmals der wesentlichen wirtschaftlichen Interessen im Inland (Geltungsbereich des AStG). Es handelt sich um drei alternative Tatbestände, weshalb die Erfüllung eines Tatbestands ausreicht. Durch die Voraussetzung eines entsprechenden Inlandsinteresses soll der Anwendungsbereich des § 2 AStG auf Fälle einer intensiven wirtschaftlichen Verbindung zum Inland begrenzt werden. Dies mag für Fälle des § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG zutreffen. Die in den Nrn. 2 und 3 des Abs. 3 normierten absoluten und relativen Einkunfts- und Vermögensgrenzen sind dagegen deutlich zu niedrig angesetzt, wodurch das mit der Vorschrift verfolgte Ziel, auf einen wesentlichen Teil des Einkommens oder Vermögens abzustellen, regelmäßig verfehlt wird.
Rz. 276
Die Definition der wesentlichen wirtschaftlichen Inlandsinteressen basiert auf qualitativen und quantitativen Merkmalen. Das Vorliegen wesentlicher wirtschaftlicher Inlandsinteressen ist für jeden Vz neu zu prüfen. Ein wesentliches wirtschaftliches Inlandsinteresse muss somit nicht bei Wegzug vorgelegen haben, sondern kann zu einem späteren Zeitpunkt im maßgeblichen Zehnjahreszeitraum begründet werden. Soweit der jeweilige Tatbestand auf die Höhe der Einkünfte oder des Vermögens abstellt, sind die entsprechenden Werte nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts, d. h. unter Anwendung der Ermittlungsvorschriften des EStG und der Bewertungsvorschriften des BewG, zu bestimmen.
Rz. 277
Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 AStG steht in engem Zusammenhang mit § 2 Abs. 4 AStG. Letztere Vorschrift rechnet dem Steuerpflichtigen Gewerbebetriebe, Beteiligungen, Einkünfte und Vermögen ausländischer Gesellschaften zu. Die Zurechnungsobjekte sind in die Prüfung des § 2 Abs. 3 AStG einzubeziehen, als würde es die ausländische Gesellschaft nicht geben (s. Rz. 300ff.).
Rz. 278-279
einstweilen frei
2.3.2 Unternehmerische Beteiligungen im Inland (§ 2 Abs. 3 Nr. 1)
Rz. 280
§ 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG definiert das Vorliegen wesentlicher wirtschaftlicher Inlandsinteressen aufgrund unternehmerischer Aktivitäten im Inland. Maßgeblich ist der Beginn des Vz, mithin jeweils der 1.1. eines Kalenderjahres innerhalb des Zehnjahreszeitraums. Veräußerungen und Hinzuerwerbe haben somit stets erst ab dem Folgejahr Bedeutung. Dies gilt gleichermaßen für das Jahr des Wegzugs.
Rz. 281
Ein wesentliches wirtschaftliches Inlandsinteresse wird stets begründet von einer Person, die Unternehmer oder Mitunternehmer (Ausnahme: Kommanditist, s. Rz. 283) eines im Inland belegenen Gewerbebetriebs ist. Das Vorliegen eines Gewerbebetriebs richtet sich nach § 15 Abs. 2 oder Abs. 3 EStG. Betriebe i. S. v. § 13 oder § 18 EStG begründen kein wesentliches Inlandsinteresse. Ein Gewerbebetrieb ist im Inland belegen, wenn eine inländische Betriebsstätte unterhalten wird, wobei allein auf das nationale Recht (§ 12 AO) abzustellen ist. Ein inländischer ständiger Vertreter (§ 13 AO) genügt hierfür nicht. Durch Abstellen auf "Unternehmer" und "Mitunternehmer" werden sämtliche Einzelunternehmer und Mitunternehmer, einschließlich atypisch stiller Gesellschafter, Unterbeteiligter und ggf. auch Nießbraucher oder Pächter erfasst. Dies gilt unabhängig von der Beteiligungshöhe. Es ist auch ohne Bedeutung, ob überhaupt Einkünfte erzielt werden. Vom Wortlaut der Norm nicht erfasst ist der Komplementär einer KGaA, weil dieser zwar wie ein Mitunternehmer gewerbliche Einkünfte erzielt (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG), aber weder Unternehmer noch Mitunternehmer ist. Beabsichtigt sein kann dessen Nicht-Erfassung allerdings nicht.
Rz. 282
Fraglich ist, ob § 2 Abs. 1 S. 2 AStG Auswirkungen auf die Begründung eines Inlandsinteresses i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG haben kann. Nach dieser Vorschrift wird unter gewissen Umständen eine inländische Geschäftsleitungsbetriebsstättte fingiert. Gleichwohl wird im Schrifttum davon ausgegangen, die Vorschrift entfalte keine Relevanz für die Begründung eines Inlandsinteresses i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG. Dem kann sich angeschlossen werden, wenn man § 2 Abs. 1 S. 2 AStG Bedeutung nur auf Rechtsfolgenseite zuspricht, weil § 2 Abs. 3 AStG den Tatbestand der Norm betrifft. Beurteilt man die Reichweite des § 2 Abs. 1 S. 2 AStG dagegen anders (s. zur Diskussion Rz. 177), dürfte die Norm auch ein Inlandsinteresse i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG begründen.
Rz. 283
Ein Kommanditist ist regelmäßig Mitunternehmer einer unternehmerisch tätigen KG. Unterhält die KG einen Gewerbebetrieb, so lägen grds. die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG vor. Die Kommandititstenstellung begründet ...