2.4.2.1 Keine Berücksichtigung von nach dem Wegzug eingetretenen Wertminderungen für Veräußerungen nach dem 24.3.2021 (§ 21 Abs. 3 S. 2)
2.4.2.1.1 Hintergrund
Rz. 37
Gem. § 6 Abs. 6 AStG i. d. F. vor dem ATADUmsG war es unter Umständen möglich, sog. nachträgliche Wertminderungen, also eine negative Differenz zwischen einem tatsächlichen Veräußerungsgewinn und dem zuvor gem. § 6 AStG besteuerten Vermögenszuwachs zu berücksichtigen. Eine festgesetzte Steuer wurde durch Änderung oder Aufhebung des Bescheids neu ermittelt. Hintergrund dieser Regelung war Rspr. des EuGH, die zwischenzeitlich als überholt angesehen werden muss. Der Gesetzgeber wollte daher an der Möglichkeit der Berücksichtigung sog. nachträglicher Wertminderungen nicht länger festhalten, zumal darin Steuergestaltungsmöglichkeiten erkannt worden sind.
2.4.2.1.2 Regelungsinhalt und Anwendungsregel
Rz. 38
Gem. § 21 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 sind Minderungen des Vermögenszuwachses i. S. d. § 6 Abs. 6 AStG i. d. F. vor dem ATADUmsG Veräußerungen nach dem 24.3.2021 nicht mehr zu berücksichtigen. Folglich sind die betroffenen Wertminderungen auch in sog. "Altfällen" ausgeschlossen, soweit die Veräußerung ab dem 25.3.2021 – dem Tag nach dem Kabinettsbeschluss – erfolgte.
Der Gesetzgeber hat sich folglich dazu entschieden, die Anwendung der Norm im Wege der "unechten" Rückwirkung anzuordnen. Verfassungsrechtlich dürfte dies zulässig sein.
Rz. 39–40
einstweilen frei
2.4.2.2 Stundungswiderruf auch in Alt-Fällen bei wesentlichen Gewinnausschüttungen und Einlagenrückgewähren
2.4.2.2.1 Hintergrund
Rz. 41
Für bis einschließlich 31.12.2021 verwirklichte Wegzüge gilt § 6 AStG a. F. fort. Dies bedeutet in EU/EWR-Sachverhalten unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 AStG a. F. eine Stundung ohne Raten, ohne Verzinsung und ohne Sicherheitsleistungen. Die Tatbestände für den Widerruf der Stundung waren abschließend in § 6 Abs. 5 S. 4 AStG a. F. geregelt. Gewinnausschüttungen waren – anders als im neuen Recht (s. § 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 5, dazu § 6 AStG Rz. 398ff.) – unschädlich und konnten somit für Gestaltungen genutzt werden, in denen die Ausschüttungen im Ausland niedrig oder gar nicht besteuert wurden.
Diese Gestaltungsmöglichkeiten ließen sich mit mitunter mit vorherigen Umstrukturierungen verwirklichen.
2.4.2.2.2 Regelungsinhalt und Anwendungsregel
Rz. 42
§ 21 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 AStG führt die in § 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 5 AStG enthaltene Regelung den Widerruf der Stundung betreffend auch für Stundungen nach § 6 Abs. 4 oder Abs. 5 AStG a. F. ein. Ein Widerruf der Stundung der Wegzugssteuer erfolgt, soweit Gewinnausschüttungen oder Einlagenrückgewähren erfolgen, deren Wert – in Summe – ein Viertel des gemeinen Werts der Anteile bei Wegzug übersteigt (für Einzelheiten s. § 6 AStG Rz. 398ff.). Ein solcher Fall ist gem. § 6 Abs. 7 S. 1 AStG a. F. anzuzeigen. Die Neuregelung gilt nur für Gewinnausschüttungen oder Einlagenrückgewähren, die nach dem 16.8.2023 bezogen werden. Zur Auslegung der Norm s. im Einzelnen Häck, ISR 2024, 77, 81ff.
Rz. 43
Die Rechtsfolgen des § 21 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 AStG beschränken sich auf den Stundungswiderruf. Unzutreffend ist daher die Rechtsauffassung, § 21 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 AStG führe auch zur anteiligen "Festschreibung" der Wegzugssteuer. Eine solche Festschreibung ist in § 6 Abs. 3 S. 1 AStG vorgesehen, indem bei substanziellen Gewinnausschüttungen ein Entfallen der Wegzugssteuer bei Rückkehr ausgeschlossen wird (s. § 6 AStG Rz. 283ff.). § 21 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 AStG steht mangels expliziter Anordnung einem Entfallen (mit der Folge einer Erstattung) der (nicht mehr gestundeten) Wegzugssteuer nicht entgegen, obschon die Möglichkeit einer unbefristeten Rückkehr in EU/EWR-Fällen nach § 6 Abs. 3 S. 4 AStG a. F. entfallen könnte, soweit infolge einer Gewinnausschüttung die Stundung nach § 6 Abs. 5 AStG a. F. widerrufen wird.
Rz. 44–49
einstweilen frei