2.2.2.1 Maßgebliches erweitertes Inlandsvermögen
Rz. 125
Die Exkulpationsmöglichkeit in Abs. 2 erstreckt sich auf die Teile des Erwerbs, die nach § 4 Abs. 1 AStG über die reguläre beschränkte Erbschaftsteuerpflicht hinaus steuerpflichtig wären. Die anzustellende Vergleichsrechnung ist folglich für das sog. "erweiterte Inlandsvermögen" durchzuführen. Die Ausnahme gilt nur für das erweiterte Inlandsvermögen, das wegen § 4 Abs. 1 AStG steuerpflichtig ist. Sind Vermögensgegenstände zugleich Inlandsvermögen i. S. d. § 121 BewG, scheidet eine Anwendung von § 4 Abs. 2 AStG aus.
Rz. 126
Im Schrifttum herrscht die Auffassung vor, das erweiterte Inlandsvermögen sei in seiner Gesamtheit der Vergleichsrechnung zu unterwerfen. Begründungen für diese Auffassung bleiben weitgehend aus. Nach dieser Auffassung kann der Belastungsvergleich nicht für einzelne Vermögensgegenstände, sondern nur für das nach § 4 Abs. 1 AStG insgesamt steuerpflichtige erweiterte Inlandsvermögen erbracht werden. Dies kann aus Sicht des Stpfl. je nach Einzelfall vorteilhaft oder nachteilhaft sein.
Ein Stpfl. i. S. v. § 2 Abs. 1 S. 1 AStG überträgt 2 Vermögensgegenstände (Vermögensgegenstand A und B) des erweiterten Inlandsvermögens im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge auf seine im Ausland ansässige Tochter. Unbeschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG besteht nicht. Während die Übertragung von Vermögensgegenstand A im Ausland einer Schenkungsteuer von EUR 100.000 unterliegt, ist die Übertragung von Vermögensgegenstand B im Ausland steuerfrei. Im Inland wäre für beide Übertragungen unter Berücksichtigung des § 4 Abs. 1 AStG jeweils eine Steuer von EUR 200.000, insgesamt also EUR 400.000 entstanden.
Betrachtet man das erweiterte Inlandsvermögen nur insgesamt, so entspricht die im Ausland entstandene Steuer von EUR 100.000 nur 25 % der Steuer, die im Inland entstanden wäre. Die Ausnahme des § 4 Abs. 2 AStG wäre insgesamt ausgeschlossen. Stellte man dagegen auf die beiden einzelnen Vermögensgegenstände ab, könnte die Ausnahme für Vermögensgegenstand A in Anspruch genommen werden, weil die im Ausland zu entrichtende Steuer 50 % der Steuer im Inland beträgt. Für Vermögensgegenstand B bliebe die Ausnahme unanwendbar. Die Betrachtung des erweiterten Inlandsvermögens als Ganzes ist für den Stpfl. nachteilig.
Wie im vorherigen Beispiel, allerdings soll sich die im Ausland zu entrichtende Steuer bei Vermögensgegenstand A auf 150.000 EUR belaufen.
Betrachtet man das erweiterte Inlandsvermögen nur insgesamt, so entspricht die im Ausland entstandene Steuer von 150.000 EUR nun 37,5 % der Steuer, die im Inland entstanden wäre. Die Ausnahme des § 4 Abs. 2 AStG wäre insgesamt anwendbar. Stellte man dagegen auf die beiden einzelnen Vermögensgegenstände ab, könnte die Ausnahme nur für Vermögensgegenstand A in Anspruch genommen werden, weil die im Ausland zu entrichtende Steuer 75 % der Steuer im Inland beträgt. Für Vermögensgegenstand B bliebe die Ausnahme unanwendbar, weil auf diesen im Ausland keine Steuer zu entrichten ist. Die Betrachtung des erweiterten Inlandsvermögens als Ganzes ist für den Stpfl. vorteilhaft.
Rz. 127
Der Gesetzeswortlaut des § 4 Abs. 2 AStG stellt – ebenso wie Abs. 1 – auf "Teile des Erwerbs" ab, die nach Abs. 1 steuerpflichtig wären. Von diesem Wortlaut wäre m. E. auch gedeckt, auf einzelne Vermögensgegenstände abzustellen. Dies wäre im Hinblick auf ein ebensolches Vorgehen im Rahmen des Abs. 1 (s. Rz. 89) auch systematisch. Wenngleich ein Abstellen auf einzelne Vermögensgegenstände die praktische Durchführbarkeit erschwert, wird sie zu genaueren und deshalb sachgerechten Ergebnissen führen. Sie erhöht die Zielgenauigkeit der Vorschrift des § 4 AStG und ist damit nach hier vertretener Auffassung vorzugswürdig.
Rz. 128
einstweilen frei
2.2.2.2 Entrichtung einer der deutschen Erbschaftsteuer entsprechenden Steuer im Ausland auf das erweiterte Inlandsvermögen
Rz. 129
Ausgangspunkt der Vergleichsrechnung i. S. d. Abs. 2 ist eine Steuer, die für Teile des Erwerbs i. S. v. § 4 AStG, also für das nach § 4 AStG steuerpflichtige erweiterte Inlandsvermögen, im Ausland zu entrichten ist. Es sind nur solche Steuern zu berücksichtigen, die der deutschen Erbschaftsteuer entsprechen. Die in § 21 ErbStG geltenden Grundsätze sind entsprechend anzuwenden. Es muss sich um eine Steuer handeln, die unmittelbar durch den Tod oder die unentgeltliche Übertragung von Vermögen ausgelöst wird, wobei nicht beide Ereignisse tatbestandlich sein müssen. Maßgeblich ist allein die materielle Betrachtung, ungeachtet der Erhebungsform oder Bezeichnung der Steuer.
Rz. 130
Die Steuer muss im Ausland zu entrichten sein. Nicht erforderlich ist eine im Wohnsitzstaat des Erblassers oder Schenkers oder Erwerbers zu entrichtende Steuer, sondern es werden auch Steuern aus Drittstaaten berü...