4.1.1 Vermeidung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1
Rz. 160
Auf Tatbestandsebene verweist § 4 Abs. 1 AStG im Wesentlichen auf die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 AStG. Folglich besteht ein Gestaltungsansatz zur Abwendung des § 4 Abs. 1 AStG darin, die Voraussetzungen des § 2 AStG bereits nicht zu erfüllen.
Rz. 161
Speziell für Zwecke des § 4 Abs. 1 AStG, der anders als § 2 Abs. 1 S. 1 AStG auf die Voraussetzungen in einem konkreten Zeitpunkt abstellt, kann der temporäre Wegzug aus einem ertragsteuerlichen Niedrigsteuergebiet eine Gestaltungsmöglichkeit darstellen.
Besteht im Zeitpunkt der unentgeltlichen Vermögensübertragungen Ansässigkeit in einem Normal- oder Hochsteuergebiet, ist § 2 Abs. 1 S. 1 AStG in diesem Zeitpunkt nicht erfüllt und dies strahlt auf § 4 Abs. 1 AStG aus.
Der in Italien ansässige und der dortigen Pauschalbesteuerung unterliegende Stpfl. plant, Anteile an deutsche Kapitalgesellschaften i. S. v. § 20 EStG im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seine Tochter zu übertragen. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 AStG sollen beim Stpfl. erfüllt sein. Alle Beteiligten sind im Ausland ansässig. Die unbeschränkte Stpfl. nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist nicht anwendbar. Vor Ausführung der Schenkung verzieht der Stpfl. nach Österreich, wo keine Erbschaft- oder Schenkungsteuern erhoben werden.
Die italienische Pauschalbesteuerung ist eine Vorzugsbesteuerung i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG. Daher können die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 AStG erfüllt sein, was auch zur Anwendbarkeit des § 4 Abs. 1 AStG führt. Durch den Wegzug nach Österreich entfallen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 AStG und somit ist auch § 4 Abs. 1 AStG nicht mehr anwendbar. Die Anteile i. S. v. § 20 EStG können ohne deutschen Besteuerungszugriff verschenkt werden, wenngleich erweitertes Inlandsvermögen vorliegt.
Rz. 162
einstweilen frei
4.1.2 Vermeidung der regulären beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG
Rz. 163
Nach einer im Schrifttum vertretenen und als herrschend bezeichneten Auffassung kann ein Erwerb i. S. v. § 4 Abs. 1 AStG nicht vorliegen, wenn nicht Inlandsvermögen (mit-)übertragen wird. Einer anderen Auffassung zufolge müsse Inlandsvermögen nicht übertragen werden, aber jedenfalls vorliegen. Wie bereits oben unter Rz. 78 ff. diskutiert, sind diese Auffassungen m. E. abzulehnen.
Rz. 164
Folgt man der widerstreitenden Auffassung, so liegt ein Gestaltungsansatz jedenfalls darin, durch Vermögensstrukturierung die Existenz von "normalem" Inlandsvermögen i. S. v. § 121 BewG zu vermeiden. Dies kann bspw. durch Übertragung von Vermögen auf eine ausländische Kapitalgesellschaft erfolgen, deren Anteile bei späterer Übertragung nach § 121 Nr. 4 BewG kein Inlandsvermögen darstellen. Diesem Gestaltungsansatz steht die Vermögenszurechnung nach § 5 Abs. 1 S. 2 AStG nicht entgegen, weil nach dieser Vorschrift nur erweitertes Inlandsvermögen zugerechnet wird.
Rz. 165
einstweilen frei