Rz. 283
Gem. § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AStG stehen einer Inanspruchnahme der Rückkehrregel – anteilig – auch die sog. substanzielle Gewinnausschüttung oder Einlagenrückgewähr entgegen. Eine solche substanzielle Gewinnausschüttung oder Einlagenrückgewähr ist gegeben, wenn der Wert solcher Leistungen der Kapitalgesellschaft insgesamt mehr als ein Viertel des Werts i. S. d. § 6 Abs. 1 AStG beträgt. Hintergrund der Norm ist der gesetzgeberische Wille, Vorteile wie die Ratenstundung (s. auch § 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 5 AStG) oder die Rückkehr insoweit zu versagen, als der Stpfl. den Vermögenszuwachs als Leistung von der Kapitalgesellschaft bezogen hat.
Rz. 284
Der Begriff "Gewinnausschüttung" ist gesetzlich nicht definiert. Er ist angesichts des gesetzgeberischen Willens, sämtliche Leistungen von Körperschaften entweder als Gewinnausschüttung oder Einlagenrückgewähr zu behandeln, im Kontext mit dem Begriff "Einlagenrückgewähr" auszulegen. Dabei gilt ein normspezifisches Verständnis. Gewinnausschüttung ist folglich jede Leistung, die Einkommensverteilung auf Ebene der Körperschaft ist und beim Gesellschafter zu einem Zufluss führt. Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind von dem Begriff jedenfalls umfasst, gilt für Bezüge i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG.
Folglich sind Gewinnausschüttungen i. S. d. Norm offene Gewinnausschüttungen, verdeckte Gewinnausschüttungen, Bezüge aus eigenkapitalähnlichen Genussrechten sowie Auskehrungen von sich aus Gewinnen speisenden Eigenkapitalposten im Rahmen einer Liquidation. Rückzahlungen aus dem Sonderausweis, die gem. § 28 Abs. 2 S. 2 oder S. 4 KStG als Gewinnausschüttung gelten, stellen ebenfalls Gewinnausschüttungen dar.
Rz. 285
In Abgrenzung zu Gewinnausschüttungen ist der Begriff "Einlagenrückgewähr" zu bestimmen. § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AStG verweist – anders als z. B. § 17 Abs. 4 EStG, auf den § 6 Abs. 5 S. 4 Nr. 1 AStG a. F. Bezug nahm – im Zusammenhang mit der Einlagenrückgewähr nicht auf § 27 KStG. Eine Einlagenrückgewähr i. S. d. Vorschrift soll normspezifisch verstanden werden und sämtlichen Formen der Rückgewähr von Eigenkapitalpositionen erfassen. Als Einlagenrückgewähr zu verstehen sind somit Nennkapitalrückzahlungen, Rückzahlungen aus dem steuerlichen Einlagenkonto i. S. v. § 27 KStG oder Rückzahlungen aus einer handelsrechtlichen Kapitalrücklage,
allerdings nur, soweit den Rückzahlungen keine Gewinne zugrunde liegen (s. zum Sonderausweis i. S. v. § 28 KStG Rz. 284). Ausweislich der Gesetzesbegründung soll es auf eine Unterscheidung zwischen Gewinnausschüttung und Einlagenrückgewähr nicht mehr ankommen.
Der Gesetzgeber will möglichst umfassend sämtliche Leistungen von Körperschaften als schädlich i. S. v. § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 (und Abs. 4 S. 5 Nr. 5) AStG erfassen.
Rz. 286
Sämtliche Leistungen, die entweder als Gewinnausschüttung sowie Einlagerückgewähr qualifizieren und nach dem Wegzug vorgenommen werden, sind für die Prüfung des Tatbestands von § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AStG zu berücksichtigen. Dies gilt unabhängig davon, welchen Wert die einzelne Leistung hat. Indem für die Prüfung des Überschreitens der 25 %-Grenze auf die Leistungen "insgesamt" abgestellt wird, sind sämtliche Leistungen zusammenaddieren.
Rz. 287
Der zusammenaddierte Wert sämtlicher Leistungen i. S. v. § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AStG ist sodann mit dem "Wert des Anteils i. S. v. Abs. 1" zu vergleichen. Der Wert i. S. v. Abs. 1 ist der gemeine Wert, der für einen Anteil bei Wegzug angesetzt worden ist. Der Vergleich zwischen Wert der Leistungen und gemeinem Wert erfolgt anteilsbezogen.
Rz. 288
Der Ausschlussgrund in § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AStG versagt die Rückkehr nur anteilig, "soweit" die Leistungen ein Viertel des maßgeblichen gemeinen Werts bei Wegzug übersteigen. Der Betrag von 25 % des gemeinen Werts bei Wegzug wirken somit wie ein Freibetrag.
Die natürliche Person X ist unter Verwirklichung eines Wegzugstatbestands nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AStG ins Ausland verzogen. Der gemeine Wert der Anteile i. S. v. § 17 EStG im Wegzugszeitpunkt betrug 2 Mio. EUR. Im Nachgang zum Wegzug schüttet die Gesellschaft Gewinne i. H. v. 1 Mio. EUR aus.
Die Gewinnausschüttung ist schädlich, soweit sie 25 % des gemeinen Werts bei Wegzug übersteigt. In Höhe von 500.000 EUR ist die Ausschüttung damit unschädlich. Im Umfang von 500.000 EUR kann die Wegzugssteuer nach § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AStG nicht mehr entfallen.
Rz. 289
einstweilen frei