2.4.4.1 Allgemeines
Rz. 365
§ 6 Abs. 4 S. 5 AStG enthält einen abschließenden Katalog von Ereignissen, bei deren Eintritt die Ratenstundung gemäß § 6 Abs. 4 S. 1 AStG widerrufen wird (sog. Widerrufstatbestände). Bei Verwirklichung eines der Tatbestände ist die noch nicht entrichtete Steuer innerhalb eines Monats nach Eintritt des jeweiligen Ereignisses fällig. Dabei steht nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut – und damit teilweise abweichend vom alten Recht (s. § 6 Abs. 7 S. 5 AStG a. F.) – der Finanzbehörde kein Ermessen zu. Eines ausdrücklichen Widerrufs der Stundung bedarf es nicht.
Rz. 366
Die verschiedenen Widerrufstatbestände unterscheiden sich in ihrer Reichweite:
Rz. 367
Die "noch nicht entrichtete Steuer" ergibt sich ausgehend von der insgesamt auf die Anteile festgesetzten Wegzugssteuer (s. Rz. 353 ff.) durch Abzug der bereits entrichteten Jahresraten sowie durch Abzug entrichteter Beträge infolge schädlicher Anteilsübertragungen (§ 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 4 AStG) bzw. schädlicher Leistungen durch die Kapitalgesellschaft (§ 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 5 AStG)
Rz. 368
Die Verwirklichung eines der in § 6 Abs. 4 S. 5 AStG genannten Tatbestände ist dem Finanzamt gem. § 6 Abs. 5 AStG innerhalb eines Monats anzuzeigen (s. Rz. 430 ff.).
Rz. 369
Die Beweislast für das Vorliegen eines Widerrufsgrunds obliegt im Zweifel dem Finanzamt.
Rz. 370
einstweilen frei
2.4.4.2 Verspätete Entrichtung der Jahresraten (§ 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 1)
Rz. 371
Gem. § 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 1 AStG wird die noch nicht entrichtete Steuer insgesamt fällig, wenn die Jahresrate nicht fristgemäß entrichtet wird (zu den Fristen s. Rz. 357). Schädlich ist bereits eine geringfügige Fristüberschreitung. Eine Bagatellregelung vergleichbar zu § 240 Abs. 3 S. 1 AO existiert nicht. § 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 1 AStG ist damit auch deutlich schärfer ausgestaltet, als es die – für betriebliche Entstrickungen geltende – Ratenzahlungsregelung in § 36 Abs. 5 S. 4 Nr. 5 EStG ist. Ein Grund für diese unterschiedliche Behandlung ist nicht ersichtlich.
Rz. 372
Schädlich i. S. d. § 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 1 AStG ist nicht nur die verspätete Zahlung der gesamten Jahresrate, sondern auch die Zahlung nur eines Teil der fälligen Jahresrate.
Die Sanktion auch nur geringfügiger Verstöße wirft die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Vorschrift auf, woraus wiederum unionsrechtliche Bedenken abgeleitet werden.
Rz. 373
Die durch § 6 Abs. 4 S. 3 AStG gesetzten Fristen sind nicht verlängerbar. Gesetzliche Zahlungsfristen können nur durch Stundung verlängert werden. § 6 Abs. 4 S. 3 AStG basiert aber auf der bereits durch Bewilligung des Antrags auf Ratenstundung beruhenden Pflicht zur Zahlung von Jahresraten. Bei Vorliegen der Voraussetzungen kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) gewährt werden.
Rz. 374
Eine nicht fristgerechte Entrichtung der aus einer Verwirklichung eines Widerrufstatbestands i. S.V. § 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 4 oder Nr. 5 AStG fällig gewordene Steuerzahlung fällt nicht unter den Tatbestand des § 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 1 AStG.
Die natürliche Person X ist unter Verwirklichung eines Wegzugstatbestands nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AStG ins Ausland verzogen. X entrichtet die Wegzugssteuer in Jahresraten gem. § 6 Abs. 4 S. 1 AStG. Im auf die Bekanntgabe des Steuerbescheids folgenden Jahr erhält X eine Gewinnausschüttung, deren Betrag 50 % des gemeinen Werts bei Wegzug entspricht. X entrichtet neben den fälligen Jahresraten keine Steuer.
Die Gewinnausschüttung führt nach § 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 5 AStG zur anteiligen Fälligkeit der noch nicht entrichteten Steuer. Wenn X diese Steuer nicht fristgemäß entrichtet, stellt dies keinen Verstoß gegen § 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 1 AStG dar, weil es sich nicht um eine "Jahresrate" handelt.
Rz. 375
einstweilen frei
2.4.4.3 Verletzung der Mitwirkungspflichten nach Absatz 5 (§ 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 2)
Rz. 376
Gem. § 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 2 AStG wird die noch nicht entrichtete Steuer insgesamt fällig, wenn der Stpfl. seine Mitwirkungspflichten nach § 6 Abs. 5 AStG nicht erfüllt. Nach hier vertretener Auffassung bezieht sich die Norm nicht auf die Mitwirkungspflicht nach § 6 Abs. 5 S. 1 AStG betreffend Ereignisse i. S.V. § 6 Abs. 4 S. 5 AStG (s. zur Begründung Rz. 377), vorsorglich sollte aber auch in F...