2.7.1 Überblick
Rz. 456
§ 7 Abs. 4 AStG erweitert den Begriff der nahestehenden Person gem. § 7 Abs. 3 AStG auf Fälle eines abgestimmten Verhaltens. Mithin kann sich eine Beherrschung auch dann ergeben, wenn keine beherrschende Beteiligung an der Zwischengesellschaft besteht, die Gesellschafter aber in Bezug auf die Zwischengesellschaft gleichgerichtete Interessen verfolgen.
Zweck des § 7 Abs. 4 AStG ist die Verhinderung von Umgehungen, bei denen ein Gesellschafter gerade keine beherrschende Beteiligung an der Zwischengesellschaft innehat (Minderheitsgesellschafter), aber mit anderen Gesellschaftern gleichgerichtete Interessen in Bezug auf die Zwischengesellschaft verfolgt und somit die Zwischengesellschaft in gleicher oder ähnlicher Weise beherrscht wie ein Mehrheitsgesellschafter oder eine beherrschende Gruppe verbundener Unternehmen.
§ 7 Abs. 4 AStG geht über die ATAD hinaus. Die Beherrschungskriterien in Art. 7 ATAD sind abschließend. Ein Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten ("acting in concert") ist demnach unter der ATAD unschädlich.
Die Vorschrift ist insbesondere bei Auslandsinvestments über Gemeinschaftsunternehmen (Joint Venture) von erheblicher praktischer Relevanz.
Rz. 457-460
einstweilen frei
2.7.2 § 7 Abs. 4 S. 1 AStG
Rz. 461
Ergänzend zu § 7 Abs. 3 AStG gelten Personen als dem Stpfl. nahestehend, wenn sie mit ihm in Bezug auf die Zwischengesellschaft durch abgestimmtes Verhalten zusammenwirken.
Rz. 462
Unbeschadet
§ 7 Abs. 4 findet unbeschadet des § 7 Abs. 3 AStG (nahestehende Person) Anwendung. Hierdurch wird angezeigt, dass § 7 Abs. 4 den Abs. 3 AStG nicht verdrängt, sondern grundsätzlich beide Normen nebeneinander anwendbar sind.
Im Ergebnis sollte § 7 Abs. 4 S. 1 AStG subsidiär zu § 7 Abs. 3 AStG sein. § 7 Abs. 3 AStG strahlt hinsichtlich des Näheverhältnisses grundsätzlich in sämtliche Richtungen ("oben", "unten" und "zur Seite"), wohingegen § 7 Abs. 4 S. 1 AStG ausschließlich "nach unten" strahlt. Ist eine Person bereits gem. § 7 Abs. 3 AStG nahestehend, sollte es auf § 7 Abs. 4 AStG nicht mehr ankommen.
Rz. 463
Personen als nahestehend
Unklar ist, warum der Gesetzgeber vom Plural ("Personen") Gebrauch macht. Dies könnte auf Basis des Wortlautes den Rückschluss zulassen, dass ein Zusammenwirken zwischen Stpfl. und einer anderen Person nicht ausreicht, um ein Nahestehen zu begründen.
Rz. 464
in Bezug auf die Zwischengesellschaft durch abgestimmtes Verhalten zusammenwirken
Kernstück des § 7 Abs. 4 S. 1 AStG ist die unbestimmte Forumulierung "durch abgestimmtes Verhalten zusammenwirken".
Diese Formulierung besteht aus zwei Tatbestandsmerkmalen:
- abgestimmtes Verhalten zwischen verschiedenen Personen und
Anhaltspunkte, was unter "abgestimmten Verhalten" zu verstehen ist, lassen sich der Gesetzesbegründung entnehmen:
Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten nach § 30 Abs. 2 WpÜG
Gem. § 30 Abs. 2 S. 1 WpÜG werden dem Bieter auch Stimmrechte eines Dritten aus Aktien der Zielgesellschaft in voller Höhe zugerechnet, mit dem der Bieter oder sein Tochterunternehmen sein Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft auf Grund einer Vereinbarung oder in sonstiger Weise abstimmt.
"gleichgerichtete Interessen" nach § 8c Abs. 1 KStG sowie die Konkretisierung im BMF-Schreiben zu § 8c KStG
§ 8c Abs. 1 S. 2 KStG stellt eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen einem Erwerber i. S. d. § 8c Abs. 1 S. 1 KStG gleich. Nach Auffassung der Verwaltung ist i. R.d. § 8c KStG von einer Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen regelmäßig auszugehen, wenn eine Abstimmung zwischen den Erwerbern stattfindet, wobei kein Vertrag vorliegen muss. Die gleichgerichteten Interessen müssen sich nach Ansicht der Verwaltung nicht auf den Erhalt des Verlustvortrags der Körperschaft richten. Gleichgerichtete Interessen sollen z. B. vorliegen, wenn mehrere Erwerber einer Körperschaft zur einheitlichen Willensbildung zusammenwirken.
Diese weite Interpretation von gleichgerichteten Interessen durch die Verwaltung – welche sich der Gesetzgeber offenbar über den Verweis zu eigen machen will, sind jedoch nicht unbestritten. Das FG Köln hat hinsichtlich der Auslegung der "Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen" eine enge Auslegung vorgenommen. Demnach sei der Begriff der "Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen" dahin zu verstehen, dass dieser ein Zusammenwirken der mehreren Erwerber beim Anteilserwerb an der Verlustgesellschaft zum Zwecke der personenübergreifenden Nutzbarmachung von Verlusten erfordere und diese Personen im Anschluss an de...