4.1 Überblick
Rz. 390
§ 8 Abs. 2 und Abs. 3 AStG regeln die Anwendungsvoraussetzungen der Substanzausnahme in § 8 Abs. 2 AStG. Nur wenn beide Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, kann § 8 Abs. 2 AStG angewendet werden.
Rz. 391
§ 8 Abs. 3 AStG regelt den räumlichen Anwendungsbereich der Substanzausnahme, indem eine Beschränkung auf EU/EWR-Gesellschaften normiert wird (s. Rz. 395ff.). Bedeutung hat dies nur für die reguläre Hinzurechnungsbesteuerung. § 13 Abs. 4 AStG verweist zwar auf § 8 Abs. 2 AStG, nicht aber auf § 8 Abs. 3 AStG.
Rz. 392
§ 8 Abs. 4 AStG enthält eine weitere Anwendungsvoraussetzung für den Substanznachweis. Namentlich muss der Staat der ausländischen Gesellschaft im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches Auskünfte erteilen, die für die Überprüfung des Substanznachweises erforderlich sind (s. Rz. 405).
Rz. 393–394
einstweilen frei
4.2 Beschränkung auf EU/EWR-Gesellschaften (Abs. 3)
Rz. 395
Gem. § 8 Abs. 3 AStG gilt die Substanzausnahme gem. § 8 Abs. 2 AStG – anders als die weltweit geltende Substanzausnahme gem. § 13 Abs. 4 AStG (s. § 13 AStG Rz. 121ff.) – nur, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem EU-Mitgliedstaat oder in einem EWR-Staat hat. Maßgeblich für die Zugehörigkeit eines Staates ist der Zeitpunkt des offiziellen Beitritts. Durch die Regelung soll die Anwendung des § 8 Abs. 2 AStG – anders als im Rahmen der Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter (§ 13 Abs. 4 AStG) – auf Drittstaaten-Gesellschaften ausgeschlossen werden, weil für diese die in den einzelnen Aktivtatbeständen enthaltenen Substanzausnahmen maßgeblich sein sollen. Damit macht der Gesetzesgeber von der in Art. 7 Abs. 2 ATAD eingeräumten Möglichkeit, die in EU/EWR-Fällen grundfreiheitlich gebotene Substanzausnahme gegenüber Drittstaaten auszuschließen, Gebrauch. Im Ergebnis wird der räumliche Anwendungsbereich des Substanznachweises dadurch doppelt eingegrenzt:
- Einerseits ergibt sich durch § 8 Abs. 3 AStG das Erfordernis persönlichen Anknüpfungsmerkmals in Form von Sitz oder Geschäftsleitung der ausländischen Gesellschaft in einem EU/EWR-Staat;
Andererseits soll darüber hinaus eine weitergehende Eingrenzung erfolgen, indem nur Substanz in Form wirtschaftlicher Tätigkeiten in dem Staat des Sitzes oder des Ortes der Geschäftsleitung anerkannt wird (s. Rz. 348f.).
Die F-Ltd. ist aufgrund ihres Sitzes in einem EU-Staat und ihrer Geschäftsleitung in einem Drittstaat doppelt ansässig.
Aufgrund des EU-Sitzes ist § 8 Abs. 3 AStG erfüllt. Der Substanznachweis nach § 8 Abs. 2 AStG findet Anwendung. Der Substanznachweis kann jeweils für eine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit in dem Staat des Sitzes oder der Geschäftsleitung geführt werden. Somit dürfte die F-Ltd. den Nachweis auch für die im Staat ihrer Geschäftsleitung vorhandenen Substanz führen, wenngleich es sich dabei um einen Drittstaat handelt. Dieses Ergebnis steht insoweit in Konflikt mit der Regelungssystematik des § 8 Abs. 2 AStG, als die auf EU/EWR-Betriebsstätten entfallende Substanz außerhalb des Staates, in dem Sitz oder Geschäftsleitung liegen, nicht berücksichtigt werden soll (s. Rz. 349).
Rz. 396
Regelungstechnisch enthält § 8 Abs. 3 AStG eine Einschränkung des Substanznachweises dem Grunde nach. Sind die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 AStG – und ferner die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 AStG – erfüllt, ergibt sich die Reichweite der Substanzausnahme aus § 8 Abs. 2 AStG. Liegen die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 oder Abs. 4 AStG nicht vor, entfällt die Möglichkeit des Substanznachweises insgesamt.
Rz. 397
Um in den Genuss der Substanzausnahme zu gelangen, muss die ausländische Gesellschaft "ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung" in einem EU/EWR-Staat haben. Mit den genannten Anknüpfungspunkten nimmt das Gesetz Bezug auf §§ 10, 11 AO
, weshalb bezüglich des Inhalts der Anknüpfungspunkte auf die einschlägigen Kommentierungen zu verweisen ist. Da das Gesetz die beiden Anknüpfungspunkte als Alternativen benennt, genügt es, wenn sich Sitz oder Geschäftsleitung in einem EU/EWR-Staat befinden, d. h. die Substanzausnahme gilt auch, wenn eine doppelt ansässige Gesellschaft vorliegt. Auf eine DBA-Ansässigkeit in dem EU/EWR-Staat darf es nicht ankommen, weil auch § 7 Abs. 1 AStG für die Definition einer ausländischen Gesellschaft nicht auf die DBA-Ansässigkeit abstellt. Befindet sich das jeweils andere Anknüpfungsmerkmal in einem anderen EU/EWR-Staat, erscheint dies in Anbetracht der Anwendung der Grundfreiheiten logisch und zwingend. Gleiches hat aber zu gelten, wenn das jeweils andere Anknüpfungsmerkmal sich in einem Drittstaat befindet, nicht dagegen mangels Vorliegens einer "ausländischen Gesellschaft" bei Verortung in Inland und ebenfalls nicht bei keinerlei Anknüpfungspunkt in einem EU/EWR-Staat. Die folgenden Szenarien können bezüglich des § 8 Abs. 3 AStG unterschieden werden.
Die unbeschränkt steuerpflichtige D-GmbH ist zu 100 % am Kapital der A-Ltd. beteiligt. Der Sitz und der Ort der Geschäftsleitung der A-Ltd. ...