1.1 Aufbau
Rz. 1
§ 9 AStG beinhaltet nur einen Satz. In diesem sind sowohl die Tatbestandsvoraussetzungen als auch die Rechtsfolge geregelt. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind kumulativ einzuhalten, damit die Rechtsfolge Anwendung findet.
Rz. 2–5
einstweilen frei
1.2 Entstehungsgeschichte und Rechtsentwicklung
1.2.1 Allgemeines
Rz. 6
Die Freigrenzenregelung bei gemischten Einkünften gem. § 9 AStG existiert bereits seit Inkrafttreten des AStG im Jahr 1972. Die Vorschrift des § 9 AStG ist "angelehnt" an die US-Vorschrift Sec. 954b, 3 A IRC. Gleichwohl war eine entsprechende Regelung im 1. Referentenentwurf vom 23.12.1970 (noch) nicht enthalten. Der 2. Referentenentwurf von Mitte März 1971 sah zunächst nur eine relative Freigrenze von 10 % der Bruttoerträge vor. Mit dem Kabinettsentwurf vom 30.6.1971 wurde § 9 AStG verschärft. So wurde neben der relativen Freigrenze eine absolute gesellschaftsbezogene i. H. v. 120.000 DM eingefügt. Weiterhin wurde die Vorschrift in den Beratungen des Finanzausschusses um eine absolute gesellschafterbezogene Freigrenze i. H. v. 120.000 DM ergänzt. Insbesondere durch die absolute gesellschafterbezogene Freigrenze sollten Stpfl. erfasst werden, die Zwischeneinkünfte auf mehrere Gesellschaften dergestalt aufteilten, dass dadurch der absolute Höchstbetrag vervielfacht wird.
Rz. 7
Bis zur Änderung im Rahmen des ATADUmsG ist § 9 AStG in sachlicher Hinsicht nahezu unverändert geblieben.
Im Zuge der EUR-Umstellung wurde mit dem StEuglG vom 19.12.2000 die Freigrenze von 120.000 DM auf 62.000 EUR umgerechnet und aufgerundet. Im Zuge des UntStFG vom 20.12.2001 wurde der doppelte Hinweis auf die gem. § 13 Abs. 1 AStG privilegierten Gewinnanteile gestrichen. Die Streichung war Folge der ersatzlosen Aufhebung des § 13 AStG. Mit JStG 2008 vom 20.12.2007 wurde die Freigrenze von 62.000 EUR auf 80.000 EUR erhöht. Weiterhin kam es zu einer redaktionellen Anpassung. Die Worte "vom Hundert" wurden durch "Prozent" ersetzt.
1.2.2 Änderungen durch das ATADUmsG
Rz. 8
Änderungen in sachlicher Hinsicht haben sich erstmalig mit Wirkung ab 2022 durch das ATADUmsG ergeben. Nach Art. 7 Abs. 3 S. 1 der ATAD wird auf eine Hinzurechnungsbesteuerung verzichtet, wenn die hinzurechnungspflichtigen Einkünfte der ausländischen Gesellschaft 1/3 oder weniger der gesamten Einkünfte betragen.
Rz. 9
Die relative Freigrenze wird an die Bestimmungen der ATAD dahingehend angepasst, dass für Zwecke der Ermittlung der relativen Freigrenze nicht mehr auf die "Bruttoerträge", sondern auf die "Einkünfte" der ausländischen Gesellschaft abgestellt wird (hinsichtlich der Auswirkungen s. u. Rz. 76). Klarstellend wird neuerdings festgelegt, dass sich die relative Freigrenze auf das für die Zwischengesellschaft maßgebende Wirtschaftsjahr i. S. d. § 7 Abs. 2 AStG bezieht.
Eine absolute Grenze wird lt. Gesetzesbegründung aus Praktikabilitätsgründen weiterhin für sachgerecht gehalten. Die a. F. sah sowohl eine gesellschafterbezogene als auch eine gesellschaftsbezogene absolute Freigrenze i. H. v. jeweils 80.000 EUR vor. Mit dem ATADUmsG wurde die gesellschaftsbezogene absolute Freigrenze gestrichen. Die gesellschafterbezogene absolute Freigrenze, welche für jeden Stpfl. einzeln zu prüfen ist, bleibt demgegenüber uneingeschränkt erhalten. Insofern hat der Gesetzgeber die Möglichkeit einer "zeitgemäßen" Bagatellgrenzenfestlegung im Zuge des ATADUmsG verpasst.
Rz. 10–15
einstweilen frei
1.3 Zweck
Rz. 16
Auch überwiegend aktiv tätige ausländische Gesellschaften erzielen teilweise Einkünfte, die nicht unter den Aktivkatalog subsumiert werden können und somit als schädliche passive Einkünfte zu qualifizieren sind. Sofern diese passiven Einkünfte nicht unter Anwendung der funktionalen Betrachtungsweise unschädlichen aktiven Einkünften zugeordnet werden können, müsste – sofern die weiteren Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung, insbesondere die Niedrigbesteuerung vorliegen – auch für geringe Zwischeneinkünfte eine Hinzurechnung im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung erfolgen. Diesbezüglich dient § 9 AStG dem Zweck, in Bagatellfällen aus Vereinfachungsgründen über "Nichtaufgriffsgrenzen" von der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung Abstand zu nehmen.
Demnach kommt es nicht zur Hinzurechnung der Zwischeneinkünfte, wenn die relative gesellschaftsbezogene und die absolute gesellschafterbezogene Freigrenze unterschritten werden. Bereits bei geringfügigem Überschreiten der gesetzlichen Grenzen kommt § 9 AStG nicht zur Anwendung, da die Vorschrift als Freigrenze ausgestaltet ist.
Rz. 17
Die prak...