Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Ein CMF-Frachtbrief stellt keinen geeigneten Nachweis für eine innergemeinschaftliche Lieferung dar; dies gilt zumindest dann, wenn notwendige Angaben nicht enthalten sind.
Sachverhalt
Führt ein Unternehmer eine steuerbare Lieferung im Inland aus und gelangt der Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet, so kann unter den Voraussetzungen des § 6a UStG die Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei sein (§ 4 Nr. 1 Buchst. b UStG). Dabei muss der liefernde Unternehmer die notwendigen Nachweise für das Vorliegen der Voraussetzungen buch- und belegmäßig nachweisen (§ 6a Abs. 4 UStG i. V. m. §§ 17a ff. UStDV).
Im Urteilsfall klagte ein Unternehmer, der einen Großhandel mit Lebensmitteln betrieb. Er verkaufte diese Lebensmittel überwiegend an Unternehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet. Die Waren wurden von Frachtführern abgeholt, die von den Leistungsempfängern beauftragt wurden. Der Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung wurde über CMR-Frachtbriefe geführt, die von den Frachtführern ausgestellt waren. Nach Feststellungen der Steuerfahndung gelangten die Waren aber überwiegend nicht in das übrige Gemeinschaftsgebiet, darüber hinaus waren die CMR-Frachtbriefe nicht vollständig ausgefüllt und enthielten insbesondere keine Bestätigung des Frachtführers, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu transportieren. Das Finanzamt versagte die Steuerbefreiung wegen des nicht geführten Buch- und Belegnachweises. Der Kläger beruft sich hingegen auf den Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG.
Entscheidung
Das Finanzgericht Hamburg wies die Klage als unbegründet ab. Das Gericht sah den notwendigen Nachweis für das Gelangen der Ware in das übrige Gemeinschaftsgebiet nicht als gegeben an. Dabei äußert das Gericht grundsätzliche Zweifel daran, ob der Nachweis überhaupt durch den CMR-Frachtbrief zu führen sei, da seine Funktion im Nachweis des Beförderungsvertrags und der Güterübernahme durch den Frachtführer besteht. Allerdings stellt das Gericht in der weiteren Urteilsbegründung fest, dass dies "insbesondere" dann gilt, wenn die Belege unvollständig ausgefüllt sind. Da der Kläger auch keine anderen Nachweise zum tatsächlichen Gelangen der Gegenstände in das übrige Gemeinschaftsgebiet im Verfahren vorlegen konnte, lagen die belegmäßigen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht vor. Damit war auch nicht mehr über den buchmäßigen Nachweis zu entscheiden.
Mit der Frage des Vertrauensschutzes - auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH - setzte sich das Gericht nicht mehr inhaltlich auseinander, da dafür Voraussetzung sei, dass der belegmäßige Nachweis mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns geführt worden ist.
Hinweis
Problematisch ist, dass das Finanzgericht in seinem Urteil grundsätzlich feststellt, dass der CMR-Frachtbrief kein geeignetes Papier zum Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung darstellt. Dabei wird zuerst nicht darauf abgestellt, dass im zu entscheidenden Fall die Frachtbriefe nicht vollständig und ordnungsgemäß ausgefüllt waren. Es ist dabei zu beachten, dass der EuGH (Urteil v. 27.9.2007, Rs. C- 409/04 - Teleos u.a., BFH/NV Beilage 2008 S. 25) unter anderem über den Vertrauensschutz gefälschter CMR-Frachtbriefe zu entscheiden hatte. Zwar stellte der EuGH nicht ausdrücklich (positiv) fest, dass CMR-Frachtbriefe ausreichende Nachweise für das Gelangen der Gegenstände in das übrige Gemeinschaftsgebiet darstellen. Aus dem Sinnzusammenhang des Urteils scheint sich aber zu ergeben, dass der EuGH keine grundlegenden Zweifel daran hat, dass zumindest über ordnungsgemäß ausgefüllte CMR-Frachtbriefe der Nachweis des physischen Gelangens der Ware geführt werden kann.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI B 5/08).
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Urteil vom 05.12.2007, 7 K 71/06