Compliance ist die Bereitschaft aller Mitarbeiter zur Mitarbeit bei allen Tätigkeiten, Handlungen und Maßnahmen im Arbeits- und Umweltschutz, z. B. durch Zuverlässigkeit, mit der Anweisungen befolgt werden. Compliance ist abhängig von der Persönlichkeit aller Mitarbeiter, dem Verständnis für das Thema, dem Kontrolldruck der Vorgesetzten, dem Verhältnis zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem, Anzahl und Komplexität der Anweisungen und evtl. erforderlichen Verhaltensänderungen.
Compliance in der Medizin
Hilfreich für das Verständnis von Compliance im Arbeits- und Umweltschutz ist eine Definition von Compliance aus der Medizin: Compliance beschreibt hier "die Bereitschaft eines Patienten […], mit der therapeutische Maßnahmen befolgt werden (sog. Verordnungstreue). […] Compliance ist abhängig von der Persönlichkeit, Krankheitsverständnis, Leidensdruck des Patienten, Arzt-Patienten-Verhältnis, Anzahl und Schwierigkeit der Anweisungen, Art der Therapie und evtl. erforderlichen Verhaltensänderungen."
1.1 Compliance-Anforderungen im Arbeits- und Umweltschutz
Compliance im Arbeits- und Umweltschutz ist eigentlich kein neues Thema. Von daher ist davon auszugehen, dass jedes Unternehmen bereits – bewusst oder unbewusst – Complianceaktivitäten betreibt. Neu ist die Intensität, wie derartige Themen durch Umwelt- und Arbeitsschutzaufsichtsbehörden, Auditoren und Öffentlichkeit verfolgt werden. Die mediale Aufmerksamkeit ist größer geworden. Ebenso die Detailtiefe, mit der jetzt auch Anforderungen von bisher kaum beachteten Vorgaben und Richtlinien nachverfolgt und bestraft werden – Stichwort: "Vollständigkeit von Rechtskatastern und Pflichtenkatalogen".
Bei der Compliance im Arbeits- und Umweltschutz haben wir es vor allem mit folgenden Anforderungen zu tun:
- Anforderungen aus Rechtsvorschriften (Gesetze, Verordnungen, Technische Regeln etc.),
- Bedingungen und Nebenbestimmungen aus Genehmigungen, z. B. aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz,
- Externe Anforderungen (Kundenanforderungen, Öffentlichkeit).
Verstoß hat gravierende Folgen
Ein Verstoß gegen Anforderungen aus Rechtsvorschriften und Genehmigungen zieht ein straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtliches Verfahren nach sich. Denn damit können Personenschäden oder auch Umweltschäden, z. B. Boden- oder Gewässerverunreinigung, verbunden sein.
Ein Verstoß gegen externe Anforderungen kann massive ökonomische Einbußen zur Folge haben. Mit Compliancemaßnahmen und einem Compliance-Managementsystem im Arbeits- und Umweltschutz sollen betriebliche Risiken erkannt, abgestellt und damit eine Haftung vermieden werden.
Das nachfolgende Beispiel zeigt eine Situation auf, die zu einer Haftung führen kann und beschreibt, welche Maßnahmen geeignet sind, solche Haftungsrisiken zu vermeiden oder zumindest zu verringern.
Beispiel 1: Wartungsarbeiten in einer Abwasserreinigungsanlage
Ein Unternehmen der chemischen Industrie betreibt eine Abwasserreinigungsanlage, die aus mehreren Behandlungs- und Puffertanks besteht. Um Inspektions- und Wartungsarbeiten durchführen zu können, müssen 2 Tanks außer Betrieb genommen werden. Damit ist die Abwasserreinigungsanlage nicht mehr voll betriebsfähig. Es muss eine Abwassermenge von ca. 5 cbm anderweitig behandelt oder abgeleitet werden. Dem Geschäftsführer (GF) wird das Thema auf der wöchentlichen Führungskräfterunde (FKR) vorgestellt. Er bittet den Betriebsleiter, den genauen Zeitraum für eine Alternativlösung zu bestimmen und einen Lösungsvorschlag bis zur nächsten FKR zu unterbreiten.
So sollten Sie es nicht machen
- Der Betriebsleiter (BL) bespricht sich mit seinem Meister, der auch die Abwasseranlage betriebstechnisch betreut, wie das Problem gelöst werden kann.
- Der BL besinnt sich auf seine guten Kontakte zur kommunalen Abwasserbehandlungsanlage und fragt den dortigen Geschäftsführer (GF), ob sie für einige Tage ca. 5 cbm unbehandeltes Abwasser einleiten dürfen. Die Ableitung zur kommunalen Anlage kann nach Einschätzung des Werkleiters über eine alte Abwasserleitung geschaltet werden, die zwar seit ca. 10 Jahren nicht mehr benutzt wurde, aber noch bestehen müsste.
- Der GF der kommunalen Anlage stimmt dem Vorschlag zu, zeitlich befristet eine bestimmte Menge an nicht vorbehandeltem Abwasser anzunehmen, sodass der BL seinen Meister anweist, zu einem bestimmten Zeitpunkt die notwendigen Tanks außer Betrieb zu nehmen und die Abwasserströme entsprechend umzuleiten.
- Der Meister wiederum gibt diese Anweisung an einen seiner Mitarbeiter, der die Arbeiten am darauffolgenden Montag durchführen soll. Der BL gibt seine Idee und Entscheidung dem GF weiter, der sie akzeptiert und um Rückmeldung bittet, wenn erledigt.
- An dem ausgewählten Tag wird das Vorhaben gemäß den Anweisungen des BL bzw. des Meisters umgesetzt und der Betrieb läuft ohne Einschränkungen weiter.
Ergebnis
Am nächsten Tag steht die Polizei vor dem Werktor und will Gewässerproben ziehen und außerdem den GF sprechen. Bei diesem Gespräch erfährt der GF, dass ihm eine Gewässerverunreinigung i. S. des § ...