Karl Würz, Dr. Reinhard Preusche
2.5.1 Der Compliance-Beauftragte als gewillkürter Unternehmensbeauftragter
Mit dem Compliance-Beauftragten wird ein zentraler Ansprechpartner und Kümmerer für Compliance-Fragen geschaffen. Stellenbeschreibung und Bestellung des Compliance-Beauftragten sollten sich in Form und Inhalt an den für gesetzlich Beauftragte üblichen Inhalten und Verfahren orientieren.
Aufgabe des Compliance-Beauftragten ist es,
- die in das CMS einbezogenen Aktivitäten zu koordinieren,
- dort, wo notwendig, für Ergänzung zu sorgen und
- alles Erforderliche zu tun, damit das CMS funktioniert.
Damit entlastet der Compliance-Beauftragte die Geschäftsleitung bei der Wahrnehmung ihrer Aufsichts- und Kontrollpflichten. Um diese Verantwortung wahrnehmen zu können, muss er fachlich direkt an die Geschäftsleitung berichten können und fachliche Unabhängigkeit genießen.
Die konkrete Aufgabenstellung hängt vom Risikoprofil des jeweiligen Unternehmens ab. Compliance-Beauftragte können hauptberuflich agieren oder im Rahmen einer Nebenaufgabe tätig werden. Das hängt vom voraussichtlichen Arbeitsanfall ab. Der Compliance-Beauftragte sollte genügend Zeit haben, um sich um seine Aufgaben zu kümmern und Fragestellungen ggf. auch im Detail nachzugehen. Andererseits haben sich Compliance-Beauftragte, die mangels ausreichender Beschäftigung nach Problemen suchen, in einigen Unternehmen als eigenständige Risikoquelle erwiesen.
Häufig ist der Compliance-Beauftragte ein Jurist. Das muss aber nicht so sein. Compliance ist eine Querschnittsaufgabe, für die beispielsweise ebenso gut Mitarbeiter aus dem Personalwesen, der Organisationsabteilung, der Revision, dem Risikomanagement oder dem Vertrieb infrage kommen.
Wichtig ist, dass die betreffende Person im Unternehmen geachtet ist, zuhören und überzeugen kann, über ein gewisses taktisches Geschick verfügt und bereit ist, sich ggf. in Einzelfälle einzuarbeiten. Ein Compliance-Beauftragter, der oder die "der richtige Mann oder die richtige Frau am richtigen Platz" ist, wird über kurz oder lang im Unternehmen Macht erlangen. Er muss damit sehr zurückhaltend umgehen wollen. Andererseits muss er aber auch bereit sein, seine Befugnisse dort einzusetzen, wo das im Interesse der Regeltreue und Redlichkeit im Unternehmen notwendig ist.
Die Funktion des Compliance-Beauftragten kann auf externe Dienstleister ausgelagert werden.
2.5.2 Wofür haftet der Compliance-Beauftragte?
Im Rahmen seiner Aufgabenstellung hat der Compliance-Beauftragte eine eigene Mitwirkungs-, Überwachungs- und Beratungspflicht. Für deren ordnungsgemäße Erfüllung muss er ebenso einstehen wie andere Unternehmensbeauftragte auch. Dies mag aus Sicht eines Rechtsberaters, der sich als Handlungshelfer der Geschäftsleitung versteht, unbequem sein. Ebenso ist verständlich, dass Risikomanager, die systematisch, aber ohne operative Verantwortung Risikoquellen aufzeigen, sich in der Rolle des Compliance-Beauftragten nicht immer wohlfühlen. Der Compliance-Beauftragte sollte jedenfalls keine eingeschränktere Verantwortung haben als gesetzlich Beauftragte. Daraus ergibt sich nahezu selbstverständlich, dass auch der Compliance-Beauftragte für pflichtwidriges Handeln oder Unterlassen persönlich haftet.
Versucht man, den Compliance-Beauftragten von dieser Haftung freizuhalten, indem seine Rolle auf Konzepterstellung, Beratung und Schulung reduziert wird, schränkt man seine Entlastungswirkung für die Geschäftsführung ein. Ein Compliance-Beauftragter als "Mogelpackung" dürfte sogar eher zur Verschärfung der Geschäftsleitungshaftung beitragen.
Auf einem anderen Blatt steht die Frage, ob für den Compliance-Beauftragten – wie für andere Unternehmensbeauftragte und Führungskräfte auch – eine Managerhaftpflichtversicherung (D&O-Versicherung) abgeschlossen werden sollte. In diesem Zusammenhang ist auch an eine Strafrechtsschutzversicherung zu denken oder an eine vertragliche Verpflichtung des Unternehmens, Bußgelder und/oder Verteidigungskosten zu übernehmen. Strafen dürfen nicht erstattet werden. Wer sich um eine Haftung des Compliance-Beauftragten sorgt, sollte zunächst hieran denken.
Im Ergebnis wird die Haftungsfrage ohnedies durch drei Gesichtspunkte entschärft:
- Zum einen ist die Aufgabenstellung des Compliance-Beauftragten präventiv ausgerichtet. Polizeirechtlich gesprochen dient er der Gefahrenabwehr und ist kein Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft. Wenn er von Rechtsverstößen im Unternehmen erfährt, ist er deshalb nicht verpflichtet, die Behörden zu informieren, sieht man von den im Strafgesetzbuch für alle Bürger vorgesehenen Fällen schwerster Kriminalität ab, die für Unternehmen keine Rolle spielen sollten. Der Compliance-Beauftragte erfüllt seine Aufgabenstellung angesichts möglicher Rechtsverstöße ggf. also dadurch, dass er dafür sorgt, dass Wiederholungen ausgeschlossen sind. Gesetzlich Beauftragte haben hier u. U. sehr viel weitergehende Informationspflichten gegenüber den Aufsichtsbehörden.
- Zum anderen ist der Compliance-Beauftragte kein Linienvorgesetzter in der Pflichtendelegationskette der Geschäftsleitung. Er hat generell weder die Weisungsbefugnisse noch die Handlungsverantwortlichkeit von L...