Karl Würz, Dr. Reinhard Preusche
Die folgenden Themen sollen beispielhaft zeigen, welche Herausforderungen mit dem Compliance-Management für bestimmte Aufgabengebiete verbunden sein können und wie dabei unterschiedliche Einzelfragen, Funktionen und Prozesse zusammenwirken.
3.1 Compliance-Wertemanagement und Verhaltenskodex
Das Thema "Compliance-Kultur" ist einfach und schwer zugleich.
Einfach, weil Unternehmenskultur Abbild des Arbeits- und Geschäftsumfelds Ihres Unternehmens ist. In einem gut geführten Unternehmen mit Führungskräften, die ihrer Vorbildfunktion nachkommen, ist die Compliance-Kultur daher im Wesentlichen bereits vorgegeben.
Schwer, weil das gleichzeitig auch bedeutet, dass Wertevorgaben und Wertemanagementaktionen nur wenig ausrichten, wenn sie im Unternehmen als aufgesetzte Anstrengungen wahrgenommen werden. Integritätsprogramme, die den täglichen Faktencheck der Mitarbeiter nicht bestehen, schaden eher, als dass sie nützen. Vornehm formuliert nennt man das kognitive Dissonanz. Im Sprichwort heißt es, den Bergsteiger tötet nicht der Fall, sondern die Fallhöhe.
Vor diesem Hintergrund bedeuten Compliance-Wertemanagement und -Kultur im Unternehmen organisatorische Anstrengung und Transferleistung:
- Organisatorische Anstrengung, weil die Voraussetzungen geschaffen werden müssen, die es Mitarbeitern und Führungskräften ermöglichen, Rechtskonformität und Redlichkeitsvorgaben einzuhalten. Sie müssen diese im Unternehmensalltag einfordern können und dann im Einzelfall unterstützt werden. Hierzu dient die Compliance-Kommunikation im Unternehmen (Compliance-Intranetseiten, Schulungs- und Trainingsprogramme) ebenso wie Beratungsangebote und ein anonymitätsgeschütztes Hinweisgebersystem. Hierzu gehört auch, dass Mitarbeiter die für sie maßgeblichen Vorschriften tatsächlich in leicht zugänglicher Form einsehen können. Häufig stehen sie stattdessen einem schlecht organisierten, nicht auf den Mitarbeiter zugeschnittenen Richtlinienuniversum im Intranet oder Arbeitsplatz-Richtlinienordnern gegenüber, die nur wenig zur Information einladen.
- Transferleistung, weil Mitarbeiter erkennen sollten, was Rechtskonformität und Redlichkeit für ihre Tätigkeit und das Unternehmen bedeuten. Deshalb verbindet der ideale Muster-Verhaltenskodex die Unternehmenswerte mit den wirtschaftlichen Zielen des Unternehmens. Er macht deutlich, dass technisches Können und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit allein für einen dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens nicht ausreichen. Der Slogan "Keine Redlichkeit ⇒ Kein Vertrauen ⇒ Kein Vertrauen ⇒ Kein Geschäft" klingt zunächst übertrieben, ist auf längere Sicht aber richtig. Hierzu gehört auch, dass der Umgang mit Geschenken, Einladungen und anderen persönlichen Zuwendungen nicht als Vorstufe strafbarer Handlungen, sondern als Frage des Geschäftsstils dargestellt werden sollte. Deshalb sollten Compliance-Themen so vermittelt, dass die Wahrnehmungschance bei den Mitarbeitern steigt. Also Verwendung von Comics, Humor und kleinteiligen Formaten wie Merkblättern, roten Flaggen und Begrenzung von Lernzeiten. Gerade Juristen neigen zu der Annahme, da Compliance wichtig sei, müssten Compliance-Inhalte in einer Art und Weise vermittelt werden, die die Ernsthaftigkeit des Inhalts auch in der Darstellungsweise widerspiegelt. Pädagogisch oder neurologisch betrachtet ist das Gegenteil richtig. Spaß und Spiel erhöhen die Aufmerksamkeit.
Ein Verhaltenskodex legt für alle Mitarbeiter in Konkretisierung der Unternehmenskultur verbindliche Verhaltensstandards fest, um Situationen vorzubeugen, die die Rechtmäßigkeit und Redlichkeit des Unternehmens oder seiner Mitarbeiter infrage stellen können. Mit der Einführung eines Verhaltenskodex schaffen Sie die zentrale Compliance-Regelung für Mitarbeiter. Bei einer entsprechenden Gestaltung werden für den Normalfall besondere Compliance-Richtlinien, z. B. zu Geschenken oder Einladungen oder zur Korruptionsprävention, entbehrlich. Vielmehr können die Vorgaben des Verhaltenskodex ggf. durch an alle Mitarbeiter gerichtete Kurzmerkblätter unterstützt oder durch spezialisierte, funktionsbezogene Arbeitsanweisungen ergänzt werden.
3.2 Kriminalitätsbekämpfung am Beispiel von Korruptionsprävention
Wenn es um Kriminalitätsbekämpfung geht, wird traditionell zwischen Kriminalität von außen und Kriminalität durch eigene Mitarbeiter unterschieden. Häufig hören wir dabei zur Erläuterung, dass man, ebenso wie sich Kriminalität in der Gesellschaft nicht ausschließen lässt, nicht verhindern könne, dass einzelne Mitarbeiter straffällig würden. Das ist richtig, hilft dem Compliance-Manager aber nicht wirklich weiter. In wesentlichen Gesichtspunkten trifft diese Aussage so auch nicht zu. Wer genauer hinschaut, erkennt in vielen Fällen, dass Straftaten Einzelner eingebettet sind in schlechte Organisation, schlampiges Mitarbeiter- und Führungsverhalten oder eine Unternehmenskultur, die Redlichkeit nicht ernst nimmt.
Wer Informationssicherheit nicht ernst nimmt, Kunden im Unternehmen fotografieren oder private USB-Sticks verwenden lässt oder Mitarbeitern nicht die Bedeutung von Passwortdisziplin oder Social-Engineering-Techn...