Karl Würz, Dr. Reinhard Preusche
Wenn Sie überlegen, wer wie in das Compliance-Management-System eingebunden werden soll, führt das schnell zur Frage nach der Rolle der für Personalthemen zuständigen Mitarbeiter. Hier gibt es in der Praxis ein weites Spektrum, das für viele Unternehmen Verbesserungsmöglichkeiten bietet. Das beginnt damit, dass Fragen wie die Genehmigungen von Nebentätigkeiten, Beteiligungen an Wettbewerbern oder der private Gebrauch von E-Mails in Compliance-Regeln und Anstellungsverträgen unterschiedlich geregelt sein können. Wir beobachten, dass Führungskräfte arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Normen nicht beachten und die Personalabteilung das hinnimmt oder Personalmitarbeiter bei arbeitsrechtlichen Sanktionen auf bloße Umsetzungsgehilfen bereits getroffener Entscheidungen der Fachverantwortlichen reduziert werden.
Insoweit bestehen hier oftmals eindeutige Verbesserungsmöglichkeiten. Der Umgang mit Personal hat erheblichen Einfluss auf die Einstellung der Mitarbeiter. Wer sich in seinen eigenen Personalangelegenheiten fair und regelgerecht behandelt fühlt, wird in seinem Arbeitsumfeld eher für Redlichkeit und Rechtskonformität sorgen als derjenige, der im Umgang mit Mitarbeitern mangelnden Respekt, eine nicht transparente Personalauswahl oder juristische Spitzfindigkeiten erleben muss. Wenn Compliance auf einen Bereich für Kultur und Integrität in Verantwortung der Personalabteilung und einen juristischen Teil in Verantwortung der Rechtsabteilung aufgeteilt ist, sollten Sie sich auf Führungsebene darum kümmern, warum das so ist und prüfen, ob und wie die Zusammenarbeit funktioniert.
3.6.1 Ein Beispiel für möglichen Handlungsbedarf
Bußgeld- oder strafbewehrte Themenfelder im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht:
- Anti-Diskriminierungsrecht
- Arbeitnehmerüberlassungsrecht
- Werk-/Dienstverträge
- Beschäftigtendatenschutz
- Schutz von Persönlichkeitsrechten
- Mitarbeiterüberwachung, -kontrolle
- Betriebsverfassungsrecht
- Sozialversicherungs-/Lohnsteuerrecht
- Scheinselbstständigkeit
- Reisekosten, Aufwendungsersatz
- Arbeitsschutz
- Arbeitszeitrecht
- Mutterschutz-, Elternzeitrecht
- Schwerbehindertenrecht
- Jugendarbeitsschutz; Berufsbildungsrecht
- Beschäftigung von Ausländern
- Entsendung von Mitarbeitern
3.6.2 Ein Konfliktbeispiel: Compliance-Anforderungen und arbeitsrechtliche Zulässigkeit
Überprüfungen von Mitarbeitern oder Bewerbern, wie sie standardmäßig als Vorsichtsmaßnahme zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten empfohlen werden, sind aus datenschutzrechtlichen Gründen und zum Schutz des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen enge Grenzen gesetzt. Zulässig sind nur Fragen, an deren wahrheitsgemäßer Beantwortung das Unternehmen ein schutzwürdiges Interesse hat, aufgrund dessen die Belange der betroffenen Person zurücktreten müssen. Das setzt voraus, dass die Frage für den angestrebten Arbeitsplatz von Bedeutung ist. Gleiches gilt für die Anforderung von Unterlagen. Polizeiliches Führungszeugnis und Schufa-Auskunft enthalten in der Regel Informationen, die darüber hinausgehen.