Prof. Dr. Heimo Losbichler
Industrie 4.0 nur ein Teil der Digitalisierung
Industrie 4.0 ist im deutschen Sprachraum der aktuell vorherrschende Begriff für die bevorstehende vollständige digitale Vernetzung von Mensch und Maschine. Industrie 4.0 beschreibt jedoch nur einen zeitlichen wie inhaltlichen Teil der gesamten digitalen Transformation, der nicht isoliert auf das Controlling wirkt. Für die Analyse zukünftiger Veränderungen im Controlling empfiehlt es sich daher, den zeitlichen und inhaltlichen Gesamtkontext zu betrachtet (vgl. Abbildung 2).
Bisher dominiert die Vernetzung von Menschen
Als Ausgangspunkt der digitalen Transformation kann die Einführung des Internets gesehen werden. Damit war die Basis geschaffen, Informationen unabhängig von Ort und Zeit, weltweit nahezu in Echtzeit auszutauschen. Genutzt wurde diese Möglichkeit vor allem zur Vernetzung von Menschen in Form von E-Mails, dem Abruf von Informationen aus dem Internet und der Einführung von e-commerce (z. B. amazon.com). Diese Ursprungsphase wird auch als Web 1.0 bezeichnet. Die Einführung des Internets führte einerseits ganz allgemein zu veränderten Geschäftsprozessen, Arbeitsweisen und Geschäftsmodellen (z. B. globale, asynchrone Zusammenarbeit mit Home office anstatt Vor-Ort Meetings oder die Finanzierung durch Werbung anstatt kostenpflichtiger Produkte) und anderseits in Branchen mit digitalisierbaren Produkten zu tiefgreifenden Umbrüchen (z. B. in der Musikindustrie oder im Handel).
Im rasch darauffolgenden Web 2.0 etablierte sich zusätzlich das gemeinsame, interaktive Arbeiten und Kommunizieren von Menschen. Wikipedia oder Facebook sind dafür die wahrscheinlich bekanntesten Beispiele. Die Einführung des Smartphones verstärkte die vorhandenen Möglichkeiten der Vernetzung, zudem war das Smartphone das erste wirklich "intelligente" Produkt, das neue Perspektiven für die Nutzung des Internets (z. B. Smart-Homes) aufgezeigt hat.
Abb. 3: Industrie 4.0 als Teil der digitalen Transformation
Bisher hat das Internet in erster Linie Menschen vernetzt. Heute stehen wir mit den Begriffen Industrie 4.0 und Internet of Things (IoT) an der Schwelle zur totalen Vernetzung, in der Informationen zwischen Menschen und intelligenten Dingen (Maschinen, Produkte, etc.) für beliebige Zwecke ausgetauscht werden können.
Intelligente Maschinen und Alltagsgegenstände sind eine lang gehegte Vision. Mit Industrie 4.0 und Internet der Dinge werden diese nun zur Realität. Produktionsanlagen, Autos, Kochgeschirr, Häuser oder Seifenspender beginnen zu lernen, sich selbst zu steuern und miteinander zu kommunizieren. Sie verändern Geschäftsmodelle, stellen neue Anforderungen an das Controlling und Controller, bieten aber auch neue Möglichkeiten.