Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Gestattet der Vermieter von voll funktionsfähigen und nicht sanierungsbedürftigen Dachflächen dem Mieter eine Dachsanierung als Vorbereitungsmaßnahme für die vom Mieter beabsichtigte Installation einer Fotovoltaik-Anlage auf den gemieteten Dachflächen, war der Mieter aber nicht dazu verpflichtet, kann insoweit ein tauschähnlicher Umsatz nicht angenommen werden. Nicht von entscheidender Bedeutung ist, ob die durch die Vorbereitungsmaßnahme (Dachsanierung) erstellten Dachteile gem. § 946 BGB Eigentum des Vermieters wurden.
Sachverhalt
Der Kläger schloss mit dem Eigentümer eines ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäudes einen Vertrag über die Nutzungsüberlassung von Dachflächen zur Installation und zum Betrieb einer Fotovoltaik-Anlage über 25 Jahre gegen eine monatliche Miete. Mit dieser Anlage produzierte der Kläger Strom und verkaufte ihn. Alle vom Kläger geschaffenen Einrichtungen (Fotovoltaik-Anlage, verlegte Leitungen, Schalt- und Messanlagen etc.) werden vertraglich keine Gebäudebestandteile, sondern verbleiben bis zum Ende der Vertragslaufzeit im unterhalts- und haftungspflichtigen Eigentum des Klägers. Der Eigentümer hat nach Vertragsbeendigung das Wahlrecht, die Fotovoltaik-Anlage inklusive Einbauten des Mieters gegen eine festgelegte Summe zu erwerben.
Vor dem Einbau der Fotovoltaik-Anlage ließ der Kläger Vorbereitungsarbeiten für die Montage der Anlage am gemieteten Dach ausführen (Gerüst, Entfernung alter Traglattung, Lieferung neuer Traglattung und Dachziegel). Zum Zeitpunkt der Vorbereitungsarbeiten war die Dachhaut noch voll funktionsfähig und nicht sanierungsbedürftig. Der Kläger machte Vorsteuern nur aus den Vorbereitungsarbeiten geltend, auf denen die Fotovoltaik-Anlage installiert wurde.
Nach Auffassung des Finanzamts gehe das Gewerk "Dachsanierung" sofort in das Eigentum des Vermieters über. Der Kläger führe mit Abnahme des Gewerks daher eine Werklieferung an den Gebäudeeigentümer aus. Gegenleistung dafür sei die Vermietung des Daches durch den Vermieter. Insoweit liege eine tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe vor (§ 3 Abs. 12 UStG). Fiskalisch wird durch die dadurch entstehende Umsatzsteuer letztlich der zulässige Vorsteuerabzug des Klägers aus der Dachsanierung ausgeglichen.
Entscheidung
Nach Auffassung des Finanzgerichts München hat der Kläger die Dachsanierung nicht an den Vermieter gegen Entgelt geliefert und es liegt kein tauschähnlicher Umsatz vor. Jedoch erhält der Kläger der vollen Vorsteuerabzug aus den Vorbereitungsmaßnahmen.
Bei einem tauschähnlichen Umsätzen i. S. v. § 3 Abs. 12 UStG stehen sich zwei - lediglich durch die Modalität der Entgeltvereinbarung (Tausch) miteinander verknüpfte - entgeltliche Leistungen gegenüber. Dementsprechend liegen für Mietereinbauten und -umbauten eine entgeltliche Lieferung bei solchen Leistungen des Mieters vor, die vom Vermieter gewünscht und vertraglich festgelegt waren. Werden jedoch Leistungen vom Mieter ohne vertragliche Verpflichtung in eigenem betrieblichen Interesse getätigt, liegt kein tauschähnlicher Umsatz vor.
Der Vermieter hat die Dachsanierung dem Kläger nur gestattet, sie war jedoch nicht vereinbart. Deshalb bestehe auch kein notwendiger Zusammenhang zwischen der Vermietung und der Dachsanierung. Auch war die Dachhaut zum Zeitpunkt der Vorbereitungsarbeiten für die Fotovoltaik-Anlage noch voll funktionsfähig und nicht sanierungsbedürftig, so dass der Vermieter gar kein Interesse an den ausgeführten Arbeiten hatte.
Hinweis
Für das Finanzgericht München war es nicht von entscheidender Bedeutung, ob die durch die Vorbereitungsmaßnahmen erstellten Dachteile gem. § 946 BGB Eigentum des Vermieters wurden. Es komme nämlich für die umsatzsteuerliche Beurteilung von vornherein nicht auf das nationale Zivilrecht an. Die Verwaltung vertritt insoweit eine andere Auffassung (vgl. u. a. OFD Karlsruhe, USt-Kartei S 7104 Karte 1 v. 19.2.2015 unter 7.). Interessant ist auch, dass der 2. Senat des Finanzgerichts München mit Urteil v. 23.9.2014 (Az. 2 K 3435/11) die Verwaltungsauffassung vertreten hatte. Abzuwarten bleibt daher die letztliche Entscheidung durch den BFH (Rev. eingelegt, Az beim BFH XI R 11/16).
Im Übrigen zeigt die o. g. Verfügung der OFD Karlsruhe unter Tz. 7.1.2 den (mühsamen) Weg auf, wie ggf. aus einer Rechnung des Mieters mit Umsatzsteuerausweis über die lt. Verwaltung steuerpflichtige Weiterlieferung der Dachsanierung der Dachvermieter den Vorsteuerabzug erhält.
In einem Urteil des Finanzgerichts München (auch) vom 28.4.2016 (Az. 14 K 20804/13) in gleicher Sache war die Dachhaut zum Zeitpunkt der Vorbereitungsarbeiten für die Fotovoltaik-Anlage bereits sanierungsbedürftig, da das Altdach aus Asbestplatten bestand. Auch hier ging das FG nicht von einer Weiterlieferung der Dachsanierung aus, da die das unsanierte Dach vertraglich zu einem sehr niedrigen Mietzins überlassen wurde. Auch insoweit hat das Gericht die Revision zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 28.04.2016, 14 K 743/14