[Ohne Titel]
Yvonne Gallus, RAin
Der Beitrag ergänzt den Aufsatz "Neue Entwicklungen im Gemeinnützigkeits- und Stiftungsrecht" aus Heft 9/2021 (ErbStB 2021, 285), nachdem die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben v. 6.8.2021 – IV C 4 - O 1000/19/10747:004 die Anpassung des Anwendungserlasses, zuletzt geändert am 28.1.2021, veröffentlicht hat. Der Beitrag berücksichtigt die neuen Erläuterungen der Finanzverwaltung. Einen Schwerpunkt bilden die Verwaltungsanweisungen zu dem durch das JStG 2020 implementierten Kooperations- und Haftungsprivilegs. Ebenfalls erfolgen Erläuterungen zu den neuen gemeinnützigen Zwecken sowie zu den Erleichterungen im Bereich der MitteIverwendungsgrundsätze. Die Neuerungen treten mit sofortiger Wirkung in Kraft.
I. Zu § 52 AO – Erläuterungen zu den neuen steuerbegünstigten Zwecken
1. Ortsverschönerung
Der Begriff des in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 22 AO neu eingeführten Zwecks der Ortsverschönerung wird konkretisiert:
"Zur Förderung der Ortsverschönerung gehören u. a. auch grundlegende Maßnahmen der Landschafts, Heimat, und Denkmalpflege sowie des Naturschutzes zur Verbesserung der örtlichen Lebensqualität (z. B. Unterhaltung von öffentlichen Parkanlagen und Lehrpfaden zur Regionalgeschichte). Aspekte der Wirtschafts- und Tourismusförderung fallen nicht darunter."
Die beschriebenen Inhalte der Ortsverschönerung waren durchaus bisher schon bestehenden Katalogzwecken zuzuordnen. Neben den Zwecken der Heimatpflege und Heimatkunde wird nun durch die Ortsverschönerung ein ästhetischer Aspekt hervorgehoben. Die Lebensqualität soll namentlich durch das Anlegen von Parks und Lehrpfaden zur Regionalgeschichte gehoben werden. Die Gestaltung dieser Anlagen dürfte gewisse planerische bzw. historische Fachkenntnisse erfordern.
Beraterhinweis Das Zugänglichmachen von Saatgut oder Materialien zur Förderung heimischer Tier- und Pflanzenwelt an die Bevölkerung zur Selbstaussaat bzw. Selbstinstallation dürfte trotz ihres Verschönerungsaspekts nicht hierunter fallen, weil der Aspekt der zentralen Planung einer Anlage fehlt. Es kommt aber die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege in Betracht. Beispielsweise ist hier zu denken an Initiativen zur Renaturierung der von den Hochwasserkatastrophen im Juli 2021 zerstörten Ortslagen.
2. Freifunk
Die Förderung des lokalen Freifunks stellt einen gemeinnützigen Zweck dar, soweit er nicht kommerziell betrieben wird. Die gewerbliche Verwendung der Nutzerdaten, etwa als Gegenleistung für den Gebrauch, ist gemeinnützigkeitsschädlich.
3. Friedhofskultur
Die Angaben der AEAO in Bezug auf die Förderung der Friedhofskultur sind recht kleinteilig geraten. Gemeinnützig ist danach eine Körperschaft,
"... die Friedhofsverwaltung, einschließlich der Pflege und Unterhaltung des Friedhofsgeländes und seiner Baulichkeiten, selbstlos, ausschließlich und unmittelbar wahrnimmt. Weiter werden darunter die Aufgaben des Bestattungswesens gezählt, wie etwa der Bestattungsvorgang, die Grabfundamentierung, das Vorhalten aller erforderlichen Einrichtungen und Vorrichtungen, einschließlich der notwendigerweise anfallenden Dienstleistungen wie Wächterdienste, Sargaufbewahrung, Sargtransportdienste im Friedhofsbereich, Totengeleit, Kranzannahme, Graben der Gruft und ähnliche Leistungen. Weiterhin sind auch die Tätigkeiten umfasst, die kraft Herkommens oder allgemeiner Übung allein von der Friedhofsverwaltung erbracht oder allgemein als ein unverzichtbarer Bestandteil einer würdigen Bestattung angesehen werden, wie z. B. Läuten der Glocken, übliche Ausschmückung des ausgehobenen Grabes oder musikalische Umrahmung der Trauerfeier."
II. Zu § 55 AO – Lockerung des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung
Die Pflicht zu zeitnahen Mittelverwendung entfällt für kleinere Körperschaften mit jährlichen Einnahmen von nicht mehr als 45.000 EUR. Einnahmen i.S.d. Norm sind alle Vermögensmehrungen, die der Körperschaft zufließen, vgl. das Zuflussprinzip nach § 11 Abs. 1 EStG. Dazu zählen die Einnahmen des ideellen Bereichs ebenso wie die Bruttoeinnahmen der Vermögensverwaltung, des Zweckbetriebs und des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Erfasst werden aber auch solche Zuflüsse, die grundsätzlich nicht der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen. Die AEAO verweist hierzu beispielhaft auf Zuwendungen in das Vermögen der Körperschaft gem. § 62 Abs. 3 AO. Nicht als Einnahmen in diesem Sinne qualifiziert die AEAO „...solche Mittel, für die die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung, z.B. wegen eines Sphärenwechsels, grundsätzlich wiederauflebt, ohne dass der Körperschaft insoweit Mittel zufließen.
Die Verpflichtung zur Verwendung für satzungsmäßige steuerbegünstigte Zwecke nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO bleibt unberührt.”
In dem Veranlagungszeitraum, in dem die Einnahmen einer Körperschaft unterhalb der Einnahmen-Grenze von 45.000 EUR bleiben, ist für sämtliche vorhandene Mittel die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung ausgesetzt. Die Pflicht entfällt somit nicht. "Bei Überschreiten der Grenze unterliegen die in den Jahren des Unterschreitens angesammelten un...