Zuordnung zu einer Einkunftsart: Auf Basis der Empfehlungen des Abschlussberichts der ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme v. 31.10.2022 regeln die neuen §§ 123–126 EStG die Besteuerung der Entlastungen nach dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG). Sofern diese Leistungen nicht direkt einer Einkunftsart zuzuordnen sind, ordnet § 123 Abs. 1 S. 1, 2 EStG die Zugehörigkeit zu den Einkünften aus sonstigen Leistungen (§ 22 Nr. 3 EStG) an. In diesen Fällen gilt die Freigrenze von 256 EUR nicht (§ 123 Abs. 1 S. 3 EStG).
Beachten Sie: Wird der Entlastungsbetrag nach § 123 EStG den sonstigen Einkünften zugeordnet, so ist dieser nur zu versteuern, wenn der Bezieher der Pflicht zur Zahlung des Solidaritätszuschlages (SolZ) unterliegt. Statt der Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) ist die Dezemberhilfe in diesem Fall – ggf. nur anteilig – dem zu versteuernden Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG) zuzurechnen (§ 123 Abs. 2 EStG). Dabei fingiert § 125 EStG den Zufluss des Entlastungsbetrags in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Endabrechnungen durch den Versorger, die Vermieter oder die Wohnungseigentümergemeinschaft erteilt werden.
Besteuerung der Dezemberhilfe: Die Erhöhung des zu versteuernden Einkommens um den Entlastungsbetrag berechnet sich nach § 124 EStG. Liegt das zu versteuernde Einkommen ohne Berücksichtigung des Entlastungsbetrags in der Milderungszone von 66.915 EUR-104.009 EUR, ist dieser nur anteilig als Hinzurechnungsbetrag zu versteuern. Oberhalb der Milderungszone ist der Entlastungsbetrag dem zu versteuernden Einkommen in voller Höhe zuzurechnen. Beachten Sie: Diese Wertgrenzen verdoppeln sich im Fall einer Zusammenveranlagung.
Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages: Die mathematische Beschreibung der Berechnung des Hinzurechnungsbetrag nach § 124 Abs. 2 S. 3 EStG ist redaktionell fehlerhaft. Das beabsichtigte Vorgehen zur Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags ergibt sich allein aus der Gesetzesbegründung. Hiernach ist der zu versteuernde Bruchteil der Entlastungen nicht "als Differenz ...", sondern als Quotient "aus der Differenz ..." und der Breite der Milderungszone zu berechnen. Anderenfalls verstieße das Vorgehen nach der Gesetzesbegründung gegen den Wortlaut des Gesetzes und die mathematische Grundregel der Operatorrangfolge "Punkt vor Strich" müsste gelten.
Beispiel 3
(nach dem Beispiel in BT-Drucks. 20/4729, 152): Bei Entlastungen nach § 123 Abs. 1 EStG i.H.v. 400 EUR und einem zu versteuernden Einkommen von 80.000 EUR berechnet sich der dem zu versteuernden Einkommen zuzurechnende Bruchteil der Entlastungen wie folgt:
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1. Differenz des zu versteuernden Einkommens (vor Zurechnung Entlastung) zur Untergrenze der Milderungszone 80.000 EUR ./. 66.915 EUR = 13.085 EUR. |
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2. Breite der Milderungszone: 104.009 EUR ./. 66.915 EUR = 37.094 EUR. |
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3. Zu versteuernder relativer Bruchteil der Entlastungen:
13.085 EUR |
× 100 = 35,275 %. |
37.094 EUR |
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4. Zu versteuernder absoluter Bruchteil der Entlastungen (Hinzurechnungsbetrag): 35,275 % × 400 EUR= 141,10 EUR. |
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5. Zu versteuerndes Einkommen nach 123 Abs. 2 EStG: 80.000 EUR + 141,10 EUR = 80.141,10 EUR. |
Beachten Sie: Für die Entlastungen des § 123 Abs. 1 EStG gelten die abgabenrechtlichen Straf- sowie Bußgeldvorschriften nach § 126 EStG entsprechend.
Sozialer Ausgleich fraglich: Nach der Gesetzesbegründung soll die Besteuerung der Entlastungsbeträge dem sozialen Ausgleich dienen. Der Preis hierfür ist ein hochbürokratisches und gegen die Grundsätze der Besteuerung verstoßendes Verfahren. Hinzu treten viele Anwendungs- und Gerechtigkeitsfragen, zu denen sich die Finanzverwaltung noch nicht äußern konnte.
Beispiel 4
(nach dem Blog-Beitrag von Herold unter https://www.nwb-experten-blog.de/steuerpflichtige-gaspreisbremse-beantragen-sie-eine-aufteilung-der-steuerschuld-das-kann-spannend-werden/(Stand: 10.1.2023)):
Die Eheleute A und B werden zusammenveranlagt. A ist gutverdienend und realisiert hohe, dem SolZ unterliegende Einkünfte. B geht einer Halbtagsbeschäftigung nach und verwirklicht Einkünfte, die unter der Bemessungsgrenze des § 3 SolZG liegen. Vertragspartner des Gasversorgers und Bezieher des Entlastungsbetrags ist B.
Wegen einer rückständigen Steuernachforderung nach der Zusammenveranlagung beantragen die Eheleute A und B eine Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 ff. AO. Dabei ist zu berücksichtigen, dass A nicht Bezieher der Dezemberhilfe ist und B keinen SolZ zahlen muss.
Lösung: Weder bei A noch bei B kann somit der Entlastungsbetrag angesetzt werden. Offen bleibt, wie die Vollstreckung bei einer insoweit ungewissen Steuerschuld beschränkt werden kann.
Beispiel 5
C ist Privatier. Seine Einkünfte unterliegen allesamt dem Abzug von Kapitalertragsteuer (KapErtSt) und SolZ.
Lösung: Mangels Veranlagung erfolgt eine Besteuerung des von C bezogenen Entlastungsbetrags nicht.