Verluste aus Gesellschafterdarlehen sind zu berücksichtigen, wenn die Gewährung oder das Stehenlassen des Darlehens durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war.
Beachten Sie: Dies ist unabhängig davon, ob die Darlehensverluste
- unter das Kleinanlegerprivileg (§ 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, Abs. 5 InsO) fallen oder
- das Darlehen als Sanierungsdarlehen (Sanierungsprivileg) einzustufen war (§ 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 InsO).
1. Definition der "gesellschaftsrechtlichen Veranlassung"
Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Darlehensgewährung liegt vor, wenn die Gesellschaft unter den bestehenden Verhältnissen von einem Dritten ein Darlehen zu marktüblichen Bedingungen nicht erhalten hätte. Beachten Sie: Allein die Vereinbarung eines Gesellschafterdarlehens zu nicht marktüblichen Bedingungen (z.B. zinslos) reicht nicht aus.
Ein Darlehen ist dann gesellschaftsrechtlich veranlasst, wenn im Zeitpunkt seiner
- Gewährung (Krisendarlehen) oder
- Weitergewährung (stehen gelassenes Darlehen)
die Rückzahlung des Darlehens in dem Maße gefährdet ist, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko einer Darlehensgewährung zu denselben Bedingungen wie der Gesellschafter nicht mehr eingegangen wäre (Krise).
Bei krisenbestimmten Darlehen und Finanzplandarlehen ist unabhängig vom Vorliegen einer Krise stets von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung auszugehen.
Beraterhinweis Fehlt es an einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung, bleibt nach Tz. 20 des BMF-Schreibens eine Berücksichtigung des Darlehens bei § 20 EStG möglich.
2. Krisendarlehen
Das BMF bestätigt die bisherige Rechtslage, dass im Fall der Hingabe eines Darlehens in der Krise der Gesellschaft der Verlust mit dem Nennwert des Darlehens zu berücksichtigen ist (§ 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 2 EStG). Eine Anwendung des § 20 EStG scheidet aufgrund der Subsidiarität (§ 20 Abs. 8 EStG) aus.
3. Krisenbestimmtes Darlehen
Ein krisenbestimmtes Darlehen ist ein Darlehen, bei dem der Gesellschafter schon vor dem Eintritt der Krise mit bindender Wirkung gegenüber der Gesellschaft oder den Gesellschaftsgläubigern erklärt, dass er das Darlehen auch im Fall einer Krise stehen lassen wird. Auch hier wird in Tz. 12 f. geregelt, dass der Verlust nach § 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 2 EStG mit dem Nennwert des Darlehens zu berücksichtigen ist.
4. Stehen gelassenes Darlehen
Weiter wird nunmehr geklärt, dass im Fall des Ausfalls eines stehen gelassenen Darlehens
- der Verlust des im Zeitpunkt des Eintritts der Krise werthaltigen Teils i.R.d. § 17 Abs. 2a EStG und
- der Verlust des zum Zeitpunkt des Eintritts der Krise nicht (mehr) werthaltigen Teils nach § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG
zu berücksichtigen sind.
Ein stehen gelassenes Darlehen liegt vor, wenn der Gesellschafter das Darlehen vor Eintritt der Krise gewährt hatte und er das Darlehen stehen lässt, obwohl er das Darlehen hätte kündigen und abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar war, dass die Rückzahlung des Darlehens gefährdet sein wird.
BMF folgt BFH: Auch damit folgt die Finanzverwaltung den Grundsätzen der Rechtsprechung. Denn die gesellschaftsrechtliche Veranlassung tritt bei einem stehen gelassenen Darlehen erst mit Eintritt der Krise ein.Der Wertverlust
Beraterhinweis Maßgeblich ist auf den Teilwert des Darlehens im Zeitpunkt des Eintritts der Krise abzustellen.
Ist die Rückzahlung des Darlehens im Zeitpunkt des Eintritts der Krise dergestalt gefährdet, dass bei vernünftiger kaufmännischer Betrachtung mit einer Rückzahlung des Darlehens nicht mehr zu rechnen ist, wird der Teilwert bei Null Euro liegen. In diesem Fall ist der gesamte Darlehensverlust dem Bereich des § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG zuzurechnen. Für die Praxis bedeutet dies, die Werthaltigkeit des Darlehens bei Kriseneintritt festzustellen. Denn danach entscheidet sich, ob der Verlust
berücksichtigungsfähig ist.
Keine Fristen maßgeblich: Die Finanzverwaltung unterscheidet beim stehen gelassenen Darlehen daher nicht mehr danach, ob die Krise zeitlich vor dem Anfechtungszeitraum nach § 6 AnfG entstanden ist. In dem BMF-Schreiben v. 21.10.2010 war noch festgelegt gewesen, dass ein stehen gelassenes Darlehen nur dann vorliegt, wenn die Krise vor dem Beginn der Jahresfrist nach § 6 AnfG eingetreten war. War die Krise erst nach Beginn des Anfechtungszeitraums entstanden, sollte ein krisenbestimmtes Darlehen vorliegen. Denn die gesetzlichen Regelungen hätten den darlehensgebenden Gesellschafter wirtschaftlich so gestellt, als sei eine Krisenbestimmtheit vereinbart worden.