1. Abweichende Betrachtungsweise im Ertragsteuerrecht und Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht
Nur für ertragsteuerliche Zwecke wird die optierende Gesellschaft nicht mehr wie eine Personenhandelsgesellschaft, sondern wie eine Kapitalgesellschaft, behandelt. Der ertragsteuerliche Wechsel des Besteuerungsregimes hat einen fiktiven Formwechsel zur Folge (§ 1a Abs. 2 Satz 1 und 2 KStG i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG sowie §§ 1 und 25, 20 ff. UmwStG). Dabei muss ein wirksamer Antrag auf Besteuerung als Kapitalgesellschaft ebenso gestellt werden, wie ein etwaiger Antrag auf Buchwertfortführung i.R.d. fiktiven Formwechsels.
Entsprechend dem originären Formwechsel kann die Buchwertfortführung jedoch nur gewährt werden, wenn sämtliche funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen des Mitunternehmeranteils i.R.d. Formwechsels in die fiktiv formgewechselte Kapitalgesellschaft eingebracht werden. Insbesondere müssen im Zeitpunkt der Optionsausübung funktional wesentliche Wirtschaftsgüter des SBV auf die optierende Gesellschaft übertragen werden (vgl. Kelm/Rindermann/Hennrichs, WPg 2021, 1166, 1173).
Etwaiges nicht auf die optierende Gesellschaft übergehende SBV wird im Wege der Entnahme in das Privatvermögen der Gesellschafter übertragen (Strecker/Carlé, NWB 2021, 2025), mit der Folge, dass die Entnahmegewinne als "Dry-Income" der Besteuerung unterliegen. Nach Ausübung der Option besteht – wie bei echten Kapitalgesellschaften – auch bei der optierenden Gesellschaft kein ertragsteuerliches SBV mehr.
Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer verbleibt es bei der Qualifikation als Personenhandelsgesellschaft (vgl. Kelm/Rindermann/Hennrichs, WPg 2021, 1166, 1172). Als Rechtsfolge hiervon kann alleine für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke nach herrschender Literaturmeinung (Cordes/Kraft, FR 2021, 407; Demuth, kösdi 2021, 2241, 2252) noch SBV bestehen, sofern nach dem fiktiven Formwechsel positive oder negative Wirtschaftsgüter existieren bzw. angeschafft wurden, die im Privateigentum eines Gesellschafters stehen und diese ertragsteuerlich dem SBV einer nicht optierenden Gesellschaft zuzuordnen wären (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 BewG).
2. Wertermittlung der optierenden Gesellschaft
Für Zwecke der Bewertung wird die optierende Personenhandelsgesellschaft den "echten" Personenhandelsgesellschaften gleichgestellt (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 BewG). Der gemeine Wert des Gesamtunternehmens gem. § 97 Abs. 1a BewG wird auf die einzelnen Gesellschafter verteilt. Dabei wird den einzelnen Gesellschaftern zunächst der Wert ihrer Eigenkapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz individuell vorweg zugerechnet. Lediglich der verbleibende Wert wird anhand des Gewinnverteilungsschlüssels auf die Gesellschafter aufgeteilt. Etwaiges Mehr- und Minderkapital aus Ergänzungsbilanzen bleibt unberücksichtigt (vgl. Eisele in Rössler/Troll/Eisele, 33. EL 1/2021, § 97 BewG Rz. 28). Übertragenes SBV wird dem besitzenden Gesellschafter direkt zugewiesen.
Beraterhinweis Es ist unseres Erachtens folgerichtig, die Wertaufteilung der optierenden Gesellschaft wie bei einer nicht optierenden Gesellschaft vorzunehmen, da die Bereicherung des Erben bzw. Beschenkten zivilrechtlich und wirtschaftlich in derselben Beteiligung an einer "echten" Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaft besteht.
Allerdings stellt diese Wertermittlung "wie bisher" die Praxis vor die Frage, welche Eigenkapitalkonten dem Gesellschafter vorweg zugerechnet werden sollen. Bei einer optierenden Gesellschaft soll es – wie bei Kapitalgesellschaften – keine steuerlichen individuellen Kapitalkonten geben. Auch das steuerliche Einlagekonto wird nicht gesellschafterbezogen geführt (Demuth, kösdi 2021, 2241, 2252) Die Kapitalkonten können daher nicht einfach aus der Steuerbilanz entnommen werden und dem Gesellschafter individuell zugerechnet werden. Demuth schlägt daher vor, die steuerlichen Kapitalkonten in einer Schattenrechnung gesellschafterbezogen fortzuführen (vgl. Demuth, kösdi 2021, 2241, 2252), was aber einen erheblichen Aufwand bedeuten würde.
Auch wenn es in Vorbereitung der Anwendung des Optionsmodells zu einer Anpassung der Gewinnverteilungsabreden kommt, wird die optierende Gesellschaft weiterhin eine gesellschafterindividuelle Kapitalkontenstruktur aufweisen, da gesellschaftsrechtlich weiterhin eine klassische Personenhandelsgesellschaft vorliegt (so auch Kölbl/Luce, Ubg 2021, 264, 267). Handelsbilanziell werden daher wie bisher die gesellschaftsrechtlichen Kapitalkonten geführt. Demzufolge können diese Konten direkt aus der handelsrechtlichen Buchführung abgeleitet werden. Sofern Eigenkapitalkonten bestehen, die nicht individualisiert sind, haben die Gesellschafter ohnehin einen Anspruch entspr. der Beteiligungsquote. Abweichungen zwischen handels- und steuerbilanziellen Bilanzansätzen sind für die Verteilung des Unternehmenswertes grundsätzlich unbeachtlich, da nur die zivilrechtlichen Bestimmungen Auswirkungen auf den Wertanteil des Gesellschafters haben (vgl. Ros, DStR 2021, 844). Bei den Abweichungen zwischen handelsrechtlichen und steuerlichen Wertansätzen handelt es sich ausschließlich um Bewertungsko...