Leitsatz
Das Bundesministerium der Finanzen wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 FGO zum Beitritt in einem Revisionsverfahren aufgefordert, in dem die einkommensteuerrechtliche Behandlung von anschaffungsnahen Aufwendungen streitig ist.
Normenkette
EStG §§ 21 Abs. 1 , 9 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 Nr. 7 , HGB § 255 Abs. 1 und 2
Sachverhalt
Der Kläger erwarb im März 1988 ein 1955 bebautes Mietwohngrundstück mit neun Wohnungen und einem Laden zum Preis von 270 000 DM; auf das Gebäude entfielen Anschaffungskosten in Höhe von 246 028 DM.
Der Kläger machte für die Streitjahre Werbungskosten in folgender Höhe geltend:
1988 |
39120 DM |
1989 |
8803 DM |
1990 |
440 DM |
1991 |
108318 DM |
Dabei handelte es sich im Wesentlichen um Aufwendungen für den Einbau von Isolierglasfenstern, den Austausch von Ofenheizungen gegen Etagenheizungen sowie die Modernisierung der Bäder in zwei Wohnungen. Die Investitionen des Streitjahres 1991 sind nach Angaben der Kläger erst ab Mai vorgenommen worden.
Das FA behandelte sämtliche Aufwendungen als (anschaffungsnahe) Herstellungskosten.
Nach vergeblichem Einspruch wies das FG die Klage als unbegründet ab.
Entscheidung
Die Aufforderung zum Beitritt beruht auf § 122 Abs. 2 FGO, weil das Revisionsverfahren eine auf Bundesrecht beruhende Abgabe und eine Rechtsstreitigkeit über Bundesrecht, nämlich § 9 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 und § 21 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes sowie § 255 Abs. 1 und 2 des Handelsgesetzbuchs, betrifft.
In dem Revisionsverfahren ist u.a. darüber zu entscheiden, ob bei im Verhältnis zum Kaufpreis hohen Modernisierungsaufwendungen auf ein Gebäude im Anschluss an dessen Erwerb in der Regel Herstellungsaufwand vorliegt (sog. anschaffungsnaher Herstellungsaufwand). In R 157 Abs. 4 der Einkommensteuer-Richtlinien wird diese Frage bejaht. Mit einer anderweitigen Beurteilung würde der Senat von einer langjährigen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis abweichen. Es ist daher angezeigt, das Bundesministerium der Finanzen zum Beitritt aufzufordern.
Hinweis
Die Rechtsprechung des BFH und die Finanzverwaltung haben bisher bei im Verhältnis zum Kaufpreis hohen Modernisierungs- oder Erhaltungs-auf-wen-dungen Herstellungsaufwand angenommen, der nur im Weg der AfA berücksichtigt wurde.
Mit dem vorliegenden Beschluss gibt der BFH zu erkennen, dass er nach gegenteiligen Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur die Frage für überprüfungsbedürftig hält. Aus diesem Grund hat er das BMF zum Beitritt aufgefordert. Mit Beschlüssen vom selben Tag hat der BFH das BMF dementsprechend auch in den Verfahren IX R 61/99 und IX R 73/99 zum Beitritt aufgefordert.
Um von einer eventuellen Rechtsprechungsänderung profitieren zu können, sollten alle Verfahren, in denen diese Frage streitig ist, offen gehalten werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 21.11.2000, IX R 39/97