1. Der Steuerpflichtige erwarb mit Kaufvertrag v. 29. 1. 1992 eine Eigentumswohnung, nachdem der Verkäufer mit Teilungserklärung vom selben Tag auf der Grundlage der unter dem 13. 1. 1992 erteilten Abgeschlossenheitsbescheinigung das Gebäude in Eigentumswohnungen aufgeteilt hatte. Das vom Verkäufer errichtete Gebäude war bereits Ende 1991 bezugsfertig.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1992 beantragte der Steuerpflichtige eine degressive AfA von 7% (§ 7 Abs. 5 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung). Das FA zog hingegen nur die normale Gebäude-AfA von 2% (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) ab, weil die Eigentumswohnung nicht bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sei. Einspruch und Klage blieben erfolglos (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 2. 4. 1996, EFG 1997 S. 330). Auch die Revision des Steuerpflichtigen wurde vom BFH zurückgewiesen.
2. Da durch die degressive AfA nur Neubauten begünstigt werden sollen, kommen diese zunächst höheren Absetzungen als die Normal-AfA nur für Wohnobjekte in Betracht, die der Steuerpflichtige als Bauherr hat herstellen lassen oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung, d. h. ihrer Bezugsfertigkeit, angeschafft hat. Mit Anschaffung ist außer der Erlangung bürgerlich-rechtlichen Eigentums als Mindestvoraussetzung die der wirtschaftlichen Verfügungsmacht gemeint. Für Letztere kommt es auf den Übergang des Eigenbesitzes, von Nutzungen und Lasten sowie der Gefahrtragung an. Der Zeitpunkt dieses Übergangs wird regelmäßig im notariellen Kaufvertrag festgelegt.
3. Im jetzt entschiedenen Fall hätte der Steuerpflichtige die Ende 1991 bezugsfertig gewordene Eigentumswohnung noch in diesem Jahr anschaffen, d. h. einen entsprechenden Kaufvertrag abschließen müssen, um sich die Möglichkeit der degressiven AfA zu erhalten. Weshalb der Kaufvertrag tatsächlich erst am 29. 1. 1992 abgeschlossen wurde, ergibt sich aus dem BFH-Urteil nicht. Möglicherweise lag dieser Terminierung die – wie jetzt vom BFH geklärt wurde – rechtsirrige Ansicht zugrunde, dass mit dem Kauf bis zur Erteilung der behördlichen Abgeschlossenheitsbescheinigung gewartet werden müsse (§ 7 Abs. 4 Nr. 2 WEG). Das steuerliche Missgeschick des Käufers könnte aber auch einfach daran gelegen haben, dass es wegen Überlastung des Notars oder Notariats nicht mehr zu einem Termin vor Jahresende 1991 gereicht hat. Wie auch dieser Fall lehrt, empfiehlt es sich beim Erwerb einer Immobilie, möglichst frühzeitig auch steuerrechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.