Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Leitsatz
Mit dem Ausbau des Dachgeschosses eines rechtlich unaufgeteilten Mehrfamilienhauses zu einer weiteren Wohnung wird auch dann ein aus dem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang gelöstes neues Wirtschaftsgut hergestellt, für das degressive AfA in Anspruch genommen werden kann, wenn zu diesem Zeitpunkt zwar die Teilungserklärung noch nicht abgegeben und das Wohnungseigentum noch nicht begründet worden ist, die entsprechende Absicht aber insbesondere durch Anträge bei den zuständigen Behörden hinreichend dokumentiert wird.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtigen waren seit 1991 Eigentümer eines Mehrfamilienhauses mit 6 Wohnungen. Am 11.11.1996 beauftragten sie ihren Architekten, das Dachgeschoss, bei dem es sich bis dahin um einen völlig unausgebauten Dachboden handelte, zu einer Wohnung auszubauen und die Voraussetzungen für die Aufteilung des ganzen Gebäudes in Eigentumswohnungen zu schaffen. Die beantragte Baugenehmigung für das Dachgeschoss wurde von der Stadt A am 12.5.1997 erteilt. Nachdem das Bauordnungsamt am 24.11.1997 die Fertigstellungsbesichtigung durchgeführt hatte, stellte es mit Verfügung vom 29.1.1998 fest, dass das Bauvorhaben fertiggestellt ist. Seit 1996 bemühten sich die Steuerpflichtigen um die rechtliche Verselbständigung der - zuletzt - 7 Wohnungen als Eigentumswohnungen. Die Aufteilungszeichnungen mit dem Antrag auf Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung wurden am 17.2.1997 der Stadt A übersandt, die die Abgeschlossenheit der Wohnungen einschließlich der Dachgeschosswohnung mit Bescheinigung vom 6.11.1997 bestätigte. Die notarielle Beurkundung der Teilungserklärung erfolgte am 3.6.1998 und die Eintragung des Teileigentums in das Grundbuch A-Stadt am 24.6.1998.
Entgegen dem Antrag der Steuerpflichtigen berücksichtigte das Finanzamt für die Dachgeschosswohnung lediglich die AfA nach § 7 Abs. 4 EStG i.H.v. 2 %, insgesamt für das Haus eine AfA von jährlich 10.794 DM (bisher 7.447 DM + AfA Dachgeschoßwohnung 3.347 DM). Die Klage der Steuerpflichtigen, mit der sie bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG für die Dachgeschosswohnung begehrten, hatte Erfolg.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG steht dem Begehren der Steuerpflichtigen nicht entgegen, dass eine AfA nach § 7 Abs. 5, 5a EStG bei einer Eigentumswohnung nur in Anspruch genommen werden kann, wenn die Wohnung in bautechnischer Hinsicht neu ist, denn durch den Ausbau des sich im Rohzustand befindenden Dachbodens wurde ein neues Wirtschaftsgut hergestellt.
Die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG kann zwar nicht für eine neu geschaffene Wohnung gewährt werden, die in einem rechtlich unaufgeteilten Miethaus in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit bereits vorhandenen Wohnungen. Nach Auffassung des FG ist die Dachgeschosswohnung im Urteilsfall aber schon vor Abgabe der Teilungserklärung und der Eintragung als Eigentumswohnung im Grundbuch aus dem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang gelöst worden. Zur Begründung führte das FG aus, dass zum einen die später auch rechtlich verselbständigte Eigentumswohnung im Dachgeschoß unabhängig von der noch fehlenden Teilungserklärung mit ihrer Fertigstellung schon in 1997 i.S. des § 7 Abs. 5, 5a EStG"hergestellt" war und zum anderen die Absicht, Wohnungseigentum zu bilden, seit 1996 nicht nur eine innere Bestrebung der Steuerpflichtigen war, sondern durch die diversen Aktivitäten, insbesondere auch schon im behördlichen Bereich, nach außen deutlich dokumentiert wurde; die Abgeschlossenheitsbescheinigung nahm in ihrem Text insoweit auch ausdrücklich auf verschiedene für die Bildung von Wohnungseigentum maßgebende Vorschriften des WEG Bezug. Die Verselbständigung der Dachgeschoßwohnung zu einer Eigentumswohnung war für das FG deutlich erkennbar im Gange, die Gewissheit der kurzfristigen rechtlichen Verselbständigung der Dachgeschosswohnung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Fertigstellung zudem nicht zweifelhaft. Dies rechtfertigte nach Auffassung des FG - unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 26.1.1999, IX R 53/96, BStBl 1999 II S. 589 - die Gewährung der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG für die neu geschaffene Dachgeschosswohnung.
Hinweis
Das Finanzamt hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Dem unter dem Az. X R 30/04 geführten Revisionsverfahren kommt hierbei grundsätzliche Bedeutung zu. Nach dem BMF, Schreiben v. 10.7.1996, IV B 3 - S 1988 - 80/96, BStBl 1996 I S. 689, worauf sich das Finanzamt im Besprechungsurteil auch berief, kann ein Steuerpflichtiger die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG für eine durch den Ausbau des unausgebauten Dachgeschosses geschaffene Eigentumswohnung nur dann in Anspruch nehmen, wenn er die Teilungserklärung gegenüber dem Grundbuchamt bis zur Beendigung der Baumaßnahme abgegeben hat; wird dagegen das Wohnungseigentum oder Teileigentum erst nach Beendigung der Baumaßnahmen begründet, so sind die Baumaßnahmen dem ungeteilten Gebäude oder dem Gebäudeteil im Sinne der R 13...