Ungeachtet der Universalsukzession gem. § 1922 BGB kann der Erblasser seinen Erben auf verschiedenen Wegen schuldrechtliche Verpflichtungen auferlegen, um die Erfüllung seines letzten Willens sicherzustellen.
aa) Auflage (§ 1940 BGB)
Der Erblasser kann die Erben im Wege einer Auflage gem. 1940 BGB verpflichten, einzelne Datenträger und Vertragsbeziehungen ohne vorherige Einsichtnahme zu löschen (Naczinsky, Die digitale Vorsorge des Erblassers, ZEV 2020, 665). Die Erben wären schuldrechtlich dazu verpflichtet, diese Auflage zu erfüllen. Eine solche Regelung bietet sich gerade in Fällen an, in denen den Erben ein bestimmtes Handeln untersagt (z.B. die Einsichtnahme in den E-Mail-Account) oder ausdrücklich vorgeschrieben werden soll (z.B. die Löschung eines bestimmten Datenträgers).
In der praktischen Umsetzung ist diese Gestaltung jedoch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Die schuldrechtliche Verpflichtung hindert die Erben rein faktisch nicht an einer Einsichtnahme bzw. einem Zugriff. Auflagen werden in einem Erbschein nicht ausgewiesen, so dass die Vertragspartner möglicherweise keine Kenntnis von der Anordnung des Erblassers erlangen. Darüber hinaus ist dem Erblasser eine Überprüfung der Erfüllung der Auflage infolge seines Ablebens nicht möglich.
Musterformulierung
"Meine Erben beschwere ich mit der Auflage, zu keinem Zeitpunkt Einsicht in mein E-Mail-Konto unter der E-Mail [...] bei dem Anbieter [...] zu nehmen."
oder
"Meine Erben beschwere ich mit der Auflage, den Datenträger [...] vollständig zu löschen und zu vernichten, ohne vorher Einsicht zu nehmen."
bb) Teilungsanordnung (§ 2040 BGB)
Zur Verteilung der digitalen Nachlasswerte kommt eine Teilungsanordnung in Betracht.
Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung Anordnungen dazu treffen, wie der Nachlass unter seinen Erben verteilt werden soll. Auf diese Weise ist es grundsätzlich möglich, einzelne Datenträger bzw. Vertragsbeziehungen an einzelne Miterben zu übertragen.
Teilungsanordnungen wirken jedoch nicht dinglich, sondern begründen lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung aller Miterben, die entspr. Übertragungsakte vorzunehmen (BeckOK/BGB-Lohmann, 63. Ed. 1.5.2022, § 2048 Rz. 1 m.w.N.). Darüber hinaus können sich Miterben einvernehmlich über die Anordnungen des Erblassers hinwegsetzen.
Im Unterschied zu der Aussetzung eines Vorausvermächtnisses i.S.v. § 2150 BGB wären die auf diese Weise verteilten Werte zudem auf den Erbteil anzurechnen, so dass es einer Wertbestimmung bedürfte.
Beraterhinweis Eine solche Gestaltung ist in aller Regel nicht praktikabel. Der wirtschaftliche Wert digitaler Nachlässe ist in keiner Weise geklärt, so dass insoweit die Gefahr eines langwierigen Streits völlig ungewissen Ausgangs droht. Darüber hinaus ist auch die Erfüllung dieser rein schuldrechtlichen Anordnungen des Erblassers nicht sichergestellt. Von einer solchen Gestaltung sollte daher abgesehen werden, so dass auf einen entspr. Formulierungsvorschlag verzichtet wurde.
cc) Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB)
Alternativ kommt die Aussetzung eines Vorausvermächtnisses zugunsten eines Miterben in Betracht. Da ein Vorausvermächtnis keine Anrechnung auf den Erbteil vorsieht, wird das Erfordernis einer Bewertung und die daraus resultierende Unsicherheit und Konfliktgefahr ausgeschlossen.
Die Aussetzung von Vorausvermächtnissen bietet sich gerade dann an, wenn bestimmte digitale Nachlassgegenstände (z.B. Datenträger oder Vertragsbeziehungen) lediglich bestimmten Erben vermacht werden sollen. Auf diese Weise kann eine individuelle Verteilung entspr. der Wünsche des Erblassers erreicht werden.
Allerdings begründet auch ein Vorausvermächtnis lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch des Vermächtnisnehmers. Es wird zudem nicht in einem Erbschein ausgewiesen, so dass die Erben grundsätzlich nicht daran gehindert sind, entgegen dem Erblasserwillen Zugriff zu dem digitalen Nachlass zu erlangen.
Beraterhinweis Die Aussetzung eines Vorausvermächtnisses ist nach hiesiger Auffassung ggü. der Regelung einer Teilungsanordnung vorzugswürdig.
Musterformulierung: Vorausvermächtnis
„Ich ordne folgende Vorausvermächtnisse an:
A, geb. am [...], derzeit wohnhaft [...] erhält meinen gesamten digitalen Nachlass, d.h. sämtliche meiner bestehenden Vertragsverhältnisse zu Internetdienstanbietern sowie meine lokal und auf fremden Servern gespeicherten privaten und geschäftlichen Daten im Wege des Vorausvermächtnisses, also ohne Anrechnung auf den Erbteil.”
dd) Testamentsvollstreckung flankiert mit Verwaltungsanordnungen
All die vorgenannten Gestaltungen führen zwar bei redlichen Erben zur Erfüllung des Erblasserwillens. Da all diese Ansprüche jedoch lediglich schuldrechtlicher Natur sind und der Erblasser auf die tatsächliche Befolgung seiner Anordnungen durch die Erben angewiesen ist, empfiehlt sich eine zusätzliche Absicherung.
Dies gelingt bestmöglich durch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers:
- Die Erben verlieren gem. § 2211 BGB die Verfügungsmacht über den Nachlass, d.h. sie dürfen weder auf die technischen Geräte zugreifen noch können sie Ansprüche ggü. den Vertragspartnern geltend machen.
- Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung wird gem. §...