a) Arbeitsüberlastung
Arbeitsüberlastung erfüllt die Voraussetzungen einer unverschuldeten Verhinderung nicht, so dass Fristverlängerungsanträge, die darauf gestützt werden, zurückzuweisen sind (BFH v. 7.12.2007 – XI B 21/06; BFH v. 5.11.2003 – I B 99-101/03; BFH v. 27.7.2003 – IV B 27/02). Dies ist nur konsequent, denn steuerliche Berater unterliegen berufsständisch und haftungsrechtlich besonderer Sorgfalt, weshalb von ihnen verlangt werden kann, ihre Arbeit und den Kanzleibetrieb dergestalt zu organisieren, dass sie Steuererklärungen stets fristgerecht einreichen. Dies gilt auch bei unvorhergesehener Arbeitsüberlastung, weil es Berufsträgern zuzumuten ist, ihren Arbeits- und Mandatsumfang entsprechend zu steuern (a.A. und in "plötzlich und unvorhersehbar" eingetretener Arbeitsüberlastung ein mögliches Unverschulden sehend Rätke in Klein, AO, 17. Aufl. 2023, § 110 AO Rz. 15).
In der jüngeren Vergangenheit hat der BFH mit Beschluss vom 31.8.2021 (BFH v. 31.8.2021 – XI B 33/21) seine restriktive Linie bestätigt und entschieden, dass eine Arbeitsüberlastung auch im Zuge der Mitwirkung an Überbrückungshilfeanträgen während der Corona-Pandemie nicht als Unverschulden zu werten ist. Dies dürfte auch für weitere (vermeintliche) Überlastungsgründe wie die Abgabe von Grundsteuererklärungen oder die Mitwirkung an den Schlussabrechnungen für die Corona-Wirtschaftshilfen gelten.
Beraterhinweis Wird die Auffassung vertreten, dass Arbeitsüberlastung eine unverschuldete Verhinderung darstellt und Fristverlängerung beantragt wird, so bedarf es einer substantiierten Darlegung, woraus die Arbeitsüberlastung resultiert, inwieweit diese unvorhersehbar war, weshalb eine fristgerechte Erklärungsabgabe in dem bestimmten Mandat deshalb kausal unmöglich sein soll und welche Vorkehrungen getroffen worden sind, um der Arbeitsüberlastung entgegenzuwirken. Pauschale Behauptungen einer Arbeitsüberlastung und bloß allgemeine Ausführungen genügen als Sachvortrag nicht.
b) Personalmangel/Personalausfälle/Krankheit
Häufig wird in Fristverlängerungsanträgen eine unverschuldete Verhinderung mit Hinblick auf Personalmangel und Personalausfällen begründet. Die Begründungen sind im Detail vielfältig, wobei häufig langfristige Erkrankungen, Schwangerschaften, Elternzeiten und fehlendes Personal auf dem Arbeitsmarkt trotz bemühter Suche angeführt werden.
All diese Begründungen vermögen regelmäßig keine unverschuldete Verhinderung zu begründen, da Erklärungsfristen grds. auch dann einzuhalten sind, wenn Personalausfälle auftreten (vgl. zur Notwendigkeit des Treffens von Vorkehrungen bei Erkrankung eines Sozius, dass andere Sozien dann für die Fristeinhaltung sorgen, etwa BFH v. 13.9.2002 – III B 39/02; wenn ein Sozienausfall aufgefangen werden muss, gilt dies aus Sicht des Verfassers bei "einfachen" Mitarbeitern erst recht). Denn langfristige Erkrankungen, Schwangerschaften und andere Ausfallgründe entsprechen der allgemeinen Lebenserfahrung und müssen bei der Kanzleiorganisation und Personalplanung berücksichtigt werden. Dies gilt insb. dann, wenn zwischen der Erkrankung bzw. anderweitigen Ausfallgründen und dem Ablauf der Erklärungsfrist mehrere Monate liegen und durch Neueinstellungen Abhilfe geschafft werden kann. Auch ein pauschaler Verweis auf einen Fachkräftemangel im Steuerrecht genügt nicht, zumal Einstellungsbemühungen auf Anfrage häufig nicht substantiiert nachgewiesen werden können und mithin bloße (Schutz-)Behauptungen darstellen.
Beraterhinweis Wenn ein Personalmangel aufgrund schwerer, plötzlicher, unvorhergesehener Krankheit aufgetreten ist und Fristverlängerungsanträge gestellt werden, so sollte substantiiert zur Plötzlichkeit und Schwere der Erkrankung, zum Mandatsbezug des Erkrankten, zur Büroorganisation und Vertretungsregelungen sowie zu den Umständen, weshalb eine Fristeinhaltung gerade in dem jeweiligen Mandat dennoch unzumutbar ist, vorgetragen werden (vgl. zur unverschuldeten Verhinderung in schweren, plötzlichen, unvorhergesehenen Krankheitsfällen etwa BFH v. 29.10.2007 – VI R 41/06; s. zugleich jedoch zur grundsätzlichen Vorsorgepflicht für Fristsachen auch BFH v. 9.4.2018 – X R 9/18, AO-StB 2018, 231).
c) Sammelanträge/Floskelhafte Anträge
Häufig werden in der Praxis Sammelanträge für Fristverlängerungen bezüglich jeden Mandats bzw. floskelhafte Anträge, die sich in jedem Jahr wortlautgenau wiederholen, gestellt.
Weder Sammelanträge noch floskelhafte Anträge können eine Fristverlängerung begründen und sind daher abzulehnen. Sammelanträge sind bereits deshalb abzulehnen, da bei der Prüfung der unverschuldeten Verhinderung auf jeden einzelnen Steuerpflichtigen – und damit jedes Einzelmandat – abzustellen ist (vgl. zum gesetzgeberischen Willen des Ausschlusses von Sammelanträgen auch BT-Drucks. 18/7457, 74). Hinsichtlich floskelhafter Anträge, die in jedem Jahr wortlautgetreu wiederholt werden, ist eine Ablehnung geboten, weil insoweit der notwendige Einzelfallbezug für den jeweiligen Besteuerungszeitraum fehlt.
d) Höhere Gewalt
In seltenen Fällen kann es vorkommen, dass Umstände höherer Gewalt wie etwa durch Brände, Flutkatastrophen oder andere Nat...