1. Grundlegendes zum Fristverlängerungsantrag
Besteht eine unter I. skizzierte Abgabeverpflichtung und kann die unter II. normierte Abgabefrist nicht eingehalten werden, so wird sich sowohl in Nichtberatenen- als auch in Beratenenfällen regelmäßig ein Antrag auf Fristverlängerung aufdrängen.
Formlose Antragstellung möglich: Ein Fristverlängerungsantrag kann mangels entsprechender Formvorschriften grds. formlos gestellt werden, d.h. eine telefonische Antragstellung wie auch eine schriftliche Antragstellung (i.d.R. also per Brief, Fax, E-Mail oder auch ELSTER) sind möglich.
Aus Sicht des Verfassers erscheint ein schriftlicher Antrag mit Bitte um Erteilung einer ebenfalls schriftlichen Entscheidung zu Nachweiszwecken vorzugswürdig und hat zudem den Vorteil, dass sich besondere Sachverhaltsumstände, die eine Fristverlängerung rechtfertigen sollen, schriftlich regelmäßig strukturierter und ausführlicher vortragen lassen dürften.
Aus der vergangenen Praxis des Verfassers in der Rechtsbehelfsstelle eines FA lässt sich festhalten, dass Telefonvermerke nämlich regelmäßig eine nur sehr grobe Zusammenfassung der Antragsgründe beinhalten und insoweit spätestens in einem ggf. nachgelagerten Rechtsbehelfsverfahren ohnehin ein schriftlicher Sachvortrag unerlässlich erscheint, um Erfolg zu haben (ausführlich zu Rechtsschutzaspekten unter V.).
2. Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag
Ermessensentscheidung: Die Entscheidung, ob dem Fristverlängerungsantrag stattgegeben wird, ist – vorbehaltlich § 109 Abs. 2 AO – eine Ermessensentscheidung des FA. Gemäß § 109 Abs. 1 S. 2 AO ist dabei auch eine rückwirkende Fristverlängerung grundsätzlich möglich.
Das FA hat insoweit im pflichtgemäßen Ermessen (§ 5 AO) darüber zu befinden, ob dem Fristverlängerungsantrag dem Grunde nach stattgegeben wird und falls ja, wie lange die Frist verlängert wird (wird die Frist z.B. nur um einen Monat statt beantragten zwei Monaten verlängert, so stellt dies eine Teilablehnung dar).
Die Ablehnung eines Fristverlängerungsantrags stellt einen (belastenden) sonstigen Verwaltungsakt dar (vgl. BFH v. 19.6.2001 – X R 83/98, AO-StB 2001, 212; vgl. Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 109 AO Rz. 9 [03/2024]; Dißars in Nöcker/Zugmaier, AO, 1. Aufl., § 109 AO Rz. 27 [02/2024]). Die Ablehnung eines Fristverlängerungsantrags ist – anders als z.B. der Erlass eines Steuerbescheids – grds. nicht formbedürftig, jedoch wird sich in der Praxis angesichts von Nachweisvorteilen und zwecks ausführlicher Begründung regelmäßig eine schriftliche Ablehnung aufdrängen. Es ist auf eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung zu achten (§ 356 AO).
Seitens des FA ist zu beachten, dass – insb. bei zwischenzeitlichem Ablauf der Erklärungsfristen – zwecks Rechtssicherheit hinsichtlich der beantragten Gewährung möglichst zügig über einen Fristverlängerungsantrag entschieden werden sollte; selbiges gilt im Falle von anhängigen Rechtsbehelfsverfahren gegen Ablehnungen.
3. Besonderheiten in Beratenenfällen (§§ 109 Abs. 2, 149 Abs. 3 AO)
a) Grundsätze
Unverschuldete Verhinderung maßgeblich: Eine Fristverlängerung zur Abgabe von Steuererklärungen durch das FA ist nach § 109 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO i.V.m. § 149 Abs. 3 AO nur dann möglich, wenn der Steuerpflichtige ohne Verschulden daran gehindert ist oder war, die Erklärungsfrist einzuhalten (sog. unverschuldete Verhinderung). Zu beachten ist, dass das Verschulden eines Vertreters oder Erfüllungsgehilfen dem Steuerpflichtigen zuzurechnen ist, so dass ein Verschulden des steuerlichen Beraters an der Fristeinhaltung insoweit dem Steuerpflichtigen als Abgabeverpflichteten selbst zuzurechnen ist (§ 109 Abs. 2 S. 3 AO).
Beraterhinweis Wenn keine unverschuldete Verhinderung besteht, weil entweder dem Mandanten oder dem Berater selbst ein Verschulden anzulasten ist, dann ist bereits dem Grunde nach keine Ermessensentscheidung eröffnet. Das FA kann und braucht mangels Tatbestandlichkeit der unverschuldeten Verhinderung dann auch keine Ermessenserwägungen zur Ablehnung anstellen, wenn es bereits die unverschuldete Verhinderung verneint.
Auslegungshinweise: Bei der Auslegung der Fristverlängerungen in Beratenenfällen einschränkenden Vorschrift des § 109 Abs. 2 AO ist aus Sicht des Verfassers zu beachten, dass der Gesetzgeber den steuerlichen Beratern bei der Neufassung des § 109 Abs. 2 AO (vgl. Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens (StVfModG) v. 18.7.2016, BGBl. I 2016, 1679) bereits entgegengekommen ist. Denn vor der Änderung war es üblich, dass durch gleichlautende Länderlasse die generelle Abgabefrist in Beratenenfällen – allgemein für alle Beratenenfälle – nur bis zum 31.12. des auf den Besteuerungszeitraum folgende Kalenderjahr verlängert worden ist und es für eine Verlängerung bis zum 28.2. bzw. 29.2. des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres insoweit eines begründeten Einzelfallantrags bedurfte (vgl. exemplarisch hierzu gleichlautender Ländererlass der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.1.2018, BStBl. I 2018, 70).
Insoweit ist aus Sicht des Verfassers der gesetzgeberische Wille zu beachten, den steuerlichen Beratern im Vergleich zur alten Rechtslage, eine – n...