1. Ablehnung eines Fristverlängerungsantrags als Verwaltungsakt
Verwaltungsakt: Die Ablehnung eines Fristverlängerungsantrags stellt einen (belastenden) sonstigen Verwaltungsakt dar (vgl. BFH v. 19.6.2001 – X R 83/98, AO-StB 2001, 212; vgl. Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 109 AO Rz. 9 [03/2024]; Dißars in Nöcker/Zugmaier, AO, 1. Aufl., § 109 AO Rz. 27 [02/2024]).
2. Einspruch
Statthaftigkeit: Gegen die Ablehnung eines Fristverlängerungsantrags ist die Einlegung eines Einspruchs statthaft. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass angesichts der unter IV. skizzierten Kasuistik zur unverschuldeten Verhinderung sorgfältig zu prüfen ist, ob das Betreiben eines Einspruchsverfahrens hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Beraterhinweis Lehnt das FA die Gewährung einer Fristverlängerung mit Hinblick auf ein verneintes Unverschulden (z.B. bei vorgebrachter Arbeitsüberlastung) an der nicht fristgerechten Abgabe ab, so nützt es nichts, vermeintliche Ermessensfehler – etwa durch schematische, floskelhafte Ablehnungsbegründungen des FA – zu rügen. Denn insoweit besteht tatbestandlich bereits kein zu begründendes Ermessen des FA.
3. Verpflichtungsklage
Richtige Klageart: Wird ein Fristverlängerungsantrag auch im Einspruchsverfahren durch das FA abgelehnt, so kann gegen den ablehnenden Verwaltungsakt in Gestalt der Einspruchsentscheidung Verpflichtungsklage – gerichtet auf die Gewährung der Fristverlängerung (hier als sog. Vornahmeklage) – erhoben werden (§ 40 Abs. 1 Alt. 2 Var. 1 FGO).
4. Vorläufiger Rechtsschutz
Keine AdV: Bei der Ablehnung eines Fristverlängerungsantrags handelt es sich um einen nicht aussetzungsfähigen Verwaltungsakt, da dieser sich in der bloßen Negation (in Gestaltung der Ablehnung des Erlasses eines begünstigenden Verwaltungsakt) erschöpft (vgl. zur Nichtaussetzbarkeit bloßer Negationsverwaltungsakte auch BFH v. 15.3.1995 – I B 121/94; BFH v. 31.7.2002 – VII B 142/00; so auch Urban, DStR 1999, 1550 (1553)). Vorläufiger Rechtsschutz ist nur in den engen Grenzen des § 114 FGO (Einstweilige Anordnung) möglich.
Beraterhinweis Da ein AdV-Antrag bezüglich des Ablehnungsverwaltungsaktes gegenüber dem FA aufgrund der Nichtaussetzbarkeit bereits unzulässig ist, sollte ein solcher Antrag mangels Erfolgsaussichten unterbleiben.
5. Entfall des Rechtsschutzbedürfnisses
Abgabe während Streit über Fristverlängerung: In der Praxis ist es vom Ablauf her häufig so, dass kurz vor Ablauf der Erklärungsfrist ein Fristverlängerungsantrag eingeht, dieser vom FA abgelehnt wird und die Erklärung danach entweder vor oder während der Erhebung eines Einspruchs abgegeben wird (wobei bei straffem Verfahrensablauf und zögerlicher Abgabe ebenfalls denkbar ist, dass eine Abgabe ggf. erst nach Erhebung einer Klage erfolgt).
Prüfung des Rechtsschutzbedürfnisses: Wird die Erklärung vor Einlegung eines Einspruchs eingereicht, so ist der Einspruch bereits unzulässig, weil es an dem zur Betreibung des Einspruchsverfahrens notwendigen Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Denn der Regelungsgehalt des anzufechtenden Ablehnungsverwaltungsakt hat sich dann bereits auf andere Weise i.S.d. § 124 Abs. 2 AO erledigt (vgl. zur Erledigung während eines Klageverfahrens BFH v. 28.6.2000 – X R 24/95 v. 21.2.2006 – IX R 78/99). Insb. gibt es im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren keinen "Fortsetzungsfeststellungseinspruch".
Späterer Entfall des Rechtsschutzbedürfnisses: Dasselbe gilt aus Verfassersicht auch dann, wenn während eines anhängigen Einspruchsverfahrens die streitbefangenen Erklärungen abgegeben werden, so dass ein zunächst zulässiger Einspruch durch Entfall des Rechtsschutzbedürfnisses in die Unzulässigkeit wachsen kann und vom FA dann zu verwerfen ist. Ebenfalls gilt dies für die Abgabe während einer anhängigen Klage, da eine Verpflichtungsklage dann in die Unzulässigkeit hineinwächst (vgl. hierzu BFH v. 28.6.2000 – X R 24/95; v. 21.2.2006 – IX R 78/99; zu beachten ist jedoch der mögliche Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage).
6. Fortsetzungsfeststellungsklage
Vor Klageerhebung: Wird ein Fristverlängerungsantrag rechtswidrig vom FA abgelehnt, indem es etwa die unverschuldete Verhinderung unzutreffend verneint und wäre ein Einspruch (bzw. im weiteren Verlauf ggf. eine Verpflichtungsklage) wegen zwischenzeitlicher Einreichung der Erklärung unzulässig, so besteht die Möglichkeit eine sog. Fortsetzungsfeststellungsklage zu erheben (§ 100 Abs. 1 S. 4 FGO). Dies gilt zum einen für Zeiträume nach Erlass des Ablehnungsverwaltungsaktes, aber vor Betreibung eines Einspruchsverfahrens und zum anderen für Zeiträume nach Erlass des Ablehnungsverwaltungsaktes und der Einspruchsentscheidung, jedoch vor Erhebung der (dann unzulässigen) Verpflichtungsklage.
Nach Klageerhebung: Ist bereits Verpflichtungsklage gegen den Ablehnungsverwaltungsakt in Gestalt der Einspruchsentscheidung erhoben worden und entfällt das Rechtsschutzbedürfnis nachträglich während des FG-Verfahrens, so kann die Verpflichtungsklage prozessual zur Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem Klageantrag zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der abgelehnten Fristverlängerung umgestellt werden (vgl. zur Zulässigkeit der Umstellung in Fristverlängerungsfällen explizit BFH v. 28.6.2000 – X R 24/95; v. 2...