a) Die Grundsätze des § 97 Abs. 1a BewG
Soweit ein Wirtschaftsgut mehreren Personen zusteht, ist sein Wert dennoch im Ganzen zu ermitteln und sodann auf die Beteiligten nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen (§ 3 BewG). Anteile an Personengesellschaften werden bewertungsrechtlich allerdings nicht als eigenständige Wirtschaftsgüter behandelt, die einer gesonderten Bewertung zugänglich sind. Stattdessen geht das BewG davon aus, dass die Personengesellschafter an den Wirtschaftsgütern der wirtschaftlichen Einheit des Betriebsvermögens der Mitunternehmerschaft beteiligt sind, § 109 Abs. 2 BewG (Eisele in Rössler/Troll, BewG, 33. EL 1/2021, § 97 BewG Rz. 26). Der in der Praxis bedeutsamste Fall von § 3 BewG ist daher die Aufteilung des Wertes von Betriebsvermögen bei Personengesellschaften gem. § 97 Abs. 1a BewG (Jochum in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, 114. EL 7/2021, § 3 BewG Rz. 9).
§ 97 Abs. 1a BewG unterscheidet zwischen der Aufteilung des gemeinen Werts des der Personengesellschaft gehörenden Betriebsvermögens (sog. Gesamthandsvermögen, vgl. § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG) und den Wirtschaftsgütern und Schulden des Sonderbetriebsvermögens, vgl. § 97 Abs. 1a Nr. 2 BewG (das Sonderbetriebsvermögen soll jedoch nicht Gegenstand dieses Beitrags sein). Die Addition beider Positionen ergibt den Wert des Anteils eines Gesellschafters an der Personengesellschaft (§ 97 Abs. 1a Nr. 3 BewG).
Lediglich in Fällen, in denen der Wert des Anteils eines Gesellschafters am Gesamthandsvermögen aus Verkäufen abgeleitet oder unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode ermittelt wird (Gutachtenwert), ist eine Aufteilung nach § 97 Abs. 1a BewG nicht vorzunehmen (R B 97.4 Abs. 2 Satz 2 ErbStR 2019). Ist der Steuerpflichtige der Auffassung, dass der gemeine Wert des Anteils an der Personengesellschaft zu seinen Gunsten niedriger ausfällt, als sich aus der schematischen Aufteilung des § 97 Abs. 1a BewG ergibt, kann er einen niedrigeren gemeinen Wert somit entweder aus einem zeitnahen Verkauf ableiten oder – sollte ein zeitnaher Verkauf nicht vorliegen – durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nachweisen, der den Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode ermittelt (BFH v. 17.6.2020 – II R 43/17, DStR 2020, 2596 [2598] = ErbStB 2021, 1 [Halaczinsky]).
b) Die Aufteilung des Gesamthandsvermögens
Nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 lit. a BewG sind die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz dem jeweiligen Gesellschafter vorweg zuzurechnen. Zum Kapitalkonto zählen neben dem Festkapital (regelmäßig das sog. Kapitalkonto I) auch der Anteil an einer gesamthänderischen Rücklage und die variablen Kapitalkonten, soweit es sich dabei ertragsteuerrechtlich um Eigenkapital der Gesellschaft handelt (regelmäßig das sog. Kapitalkonto II), R B 97.4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStR 2019.
Aus Sicht der Finanzverwaltung kommt es für das Vorliegen eines (Eigen-)Kapitalkontos schwerpunktmäßig darauf an, ob auf dem jeweiligen Konto auch Verluste gebucht werden (BMF v. 11.7.2011 – IV C 6 - S 2178/09/10001, BStBl. I 2011, 713 unter Rz. 2). Auch nach Auffassung des BFH kommt der Buchung von Verlusten eine entscheidende Indizfunktion für die Qualifikation als (Eigen-)Kapitalkonto zu. Dies ergibt sich z.B. aus einer Entscheidung aus dem Jahr 1993, wonach die Buchung von Verlusten "entscheidend für den Eigenkapital-Charakter" ist (BFH v. 3.11.1993 – II R 96/91, BStBl. II 1994, 88). Grundsätzlich ist es auch irrelevant, ob das Kapitalkonto des Gesellschafters in der Gesamthandsbilanz positiv (passivisch) oder negativ (aktivisch) ist (Fehrenbacher in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, 114. EL 7/2021, § 97 BewG Rz. 56.1; Dötsch in Stenger/Loose, BewG, 156. EL 9/2021, § 97 BewG Rz. 1518).
Beraterhinweis Nur bei Kommanditisten, die ihre Kommanditeinlage vollständig erbracht haben und nicht nachschusspflichtig sind, ist nach Ansicht der Finanzverwaltung für den Fall, dass sich auch aufgrund einer Hinzurechnung des verbleibenden Wertes nach dem für die Gesellschaft maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel (§ 97 Abs. 1a Nr. 1 lit. b BewG) kein positiver Wert des Anteils am Gesamthandsvermögen ergibt, kein negativer Anteil am Gesamthandsvermögen anzusetzen; der Anteil am Gesamthandsvermögen soll dann 0 EUR betragen (R B 97.5 Abs. 2 Satz 2 ErbStR 2019).
Der verbleibende Wert ist nach dem für die Gesellschaft maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter aufzuteilen (§ 97 Abs. 1a Nr. 1 lit. b BewG). Auch dieser Restbetrag (sog. "Unterschiedsbetrag") muss nicht stets positiv, sondern kann im Einzelfall auch negativ sein (Fehrenbacher in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, 114. EL 7/2021, § 97 BewG Rz. 56.3; Dötsch in Stenger/Loose, BewG, 156. EL 9/2021, § 97 BewG Rz. 1690 Bsp. 1).
c) Beispiele
Im Folgenden wird anhand von Beispielen die Wirkungsweise des § 97 Abs....