Die vorstehenden Ausführungen lassen erahnen, dass der rechtsfehlerfreie Umgang mit der neuen gesetzlichen Möglichkeit der organschaftlichen Auszeit für GF und Gesellschafter nicht immer einfach zu erreichen sein wird. Durch den Verzicht auf eindeutige Voraussetzungen und die Anbindung lediglich an "Leitbilder" bleibt es den Gerichten überlassen, belastbare Grenzen zu definieren.
Es empfiehlt sich daher für GF und Gesellschafter gleichermaßen,
- die gesetzliche Neuregelung bereits bei der Vertragsanbahnung zwischen Gesellschaft und GF zu thematisieren und
- entsprechende Regelungen aufzunehmen.
1. Regelungen zum Verfahren der organschaftlichen Auszeit
Dies betrifft zum einen Regelungen zum Verfahren der organschaftlichen Auszeit. Soweit das Recht des GF gem. § 38 Abs. 3 GmbHG durch die Normierung etwa von Antragsfristen nicht unzulässig eingeschränkt wird, spricht nichts dagegen, den Ablauf des Antragsverfahrens im GF-Anstellungsvertrag zu vereinbaren. Im Gegenteil: Durch eine austarierte Gestaltung des Antragsverfahrens
- mit (Mindest-)Fristen vor Beginn der Auszeit sowie
- Überlegensfristen für die Gesellschafterversammlung
wird der Antrag nach § 38 Abs. 3 GmbHG von Beginn an zu einem für beide Vertragsparteien zwar (noch) ungewohnten, aber planbaren Ereignis mit definierten Handlungspflichten.
Regelungen für die Vorlage der den Antrag begründenden Unterlagen: Auch können eindeutige Regelungen für die Vorlage der den Antrag begründenden Unterlagen gefunden werden: so die Verpflichtung zur Einreichung einer aussagekräftigen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, wobei auch die Verpflichtung zur Angabe des Grundes der Arbeitsunfähigkeit – anders als beim Arbeitnehmer – zulässig sein dürfte.
Anwendungsbereich der Auszeitmöglichkeit definieren: Die Parteien sollten auch aufgrund der lediglichen "Leitbild"-Übernahme der Begriffe der
- "Pflege" und
- "Elternzeit"
den Anwendungsbereich der Auszeitmöglichkeit definieren, indem sie z.B. die Familienangehörigen i.S.d. § 7 PflegeZG auf die nahen Familienangehörigen beschränken und bei der Elternzeitmöglichkeit die Erziehung von Enkeln sowie die Aufteilung auf Zeiten bis zum achten Lebensjahr ausschließen.
Beraterhinweis Hierzu gehört auch zu vereinbaren, dass die Entscheidung der Gesellschaft schriftlich gefasst sein sollte, um eine Überprüfbarkeit der Beweggründe sicherzustellen.
2. Regelungen für die Folgen der Befreiung von den Organpflichten in anstellungsrechtlicher Hinsicht
Auch ist zum anderen daran zu denken, eindeutige Regelungen für die Folgen der Befreiung von den Organpflichten in anstellungsrechtlicher Hinsicht zu normieren:
- Neben der selbstverständlichen Regelung zum Wegfall der Hauptleistungspflichten sollte normiert werden,
- ob und inwieweit Urlaubsansprüche entstehen,
- wie es sich mit Zusatzvergütungen (Tantieme, Zielvereinbarung),
- der Weiternutzung von Dienstwagen etc. verhält.
Da das Gesetz keine Vorgaben macht, wie sich die anstellungsvertragliche Folge des temporären Wegfalls der Organstellung auswirkt, sind die Parteien hier in der Gestaltung der vertraglichen Regelungen weitgehend frei.
Es wird auch zu überlegen sein, ob und wann die Informationsvermittlung an den GF erfolgt bzw. wieder aufgenommen wird. Auch die Klarstellung, dass die Nebenpflichten – wie Verschwiegenheit, Verbot von Wettbewerb und Nebentätigkeit – auch während des Ruhens der Organpflichten weiterbestehen, ist sinnvoll.
Prüfung von Kopplungsklauseln bei bestehenden GF-Anstellungsverträgen: Bei bereits bestehenden GF-Anstellungsverträgen, die keine Regelungen für den temporären Widerruf enthalten, sollten die Parteien vor Beschlussfassung in jedem Fall die Vertragssituation genau prüfen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der sog. Kopplungsklauseln. Kopplungsklauseln sehen vor, dass der Widerruf der Bestellung auch automatisch eine Kündigungserklärung in Bezug auf den Anstellungsvertrag beinhaltet.
Beraterhinweis Hier wäre es fatal, wenn der Widerruf erklärt würde, ohne dass die vertraglichen Folgen entsprechend klargestellt werden: Die Weitergeltung des Anstellungsvertrages in einem ruhenden Zustand mit genauer Benennung der während des Ruhens weitergeltenden Pflichten (Informationspflicht, Wettbewerbsverbot etc.).
Bleibt es bei der nicht angepassten Kopplungsklausel, wird man zwar aufgrund der Wiederbestellungspflicht gem. § 38 Abs. 3 GmbH auch eine Abschlusspflicht für den mit Widerruf beendeten Anstellungsvertrag annehmen dürfen; diese Konsequenz wäre jedoch für beide Parteien nicht optimal.
Beraterhinweis Sofern daher in den bestehenden Anstellungsverträgen noch keine vertraglichen Regelungen für diesen Fall vorgesehen sind, empfiehlt es sich, diese nunmehr nachzuholen.
Regelung bei länger anhaltender (krankheitsbedingter) Abwesenheit: Auch sollte der Anstellungsvertrag daraufhin überprüft werden, ob und inwieweit eine automatische Beendigung bei länger anhaltender (krankheitsbedingter) Abwesenheit vorgesehen ist.
Beraterhinweis Derartige Regelungen sollten im Hinblick auf § 38 Abs. 3 GmbHG ebenfalls abgeändert werden, um nicht zu unbeabsichtigten Ergebnissen im Hinblick auf den Anstellungsvertrag zu führen.
Regelungen aus Sicht der verbleibenden Or...