Was die Regelung mit sich bringt und worauf zu achten ist
[Ohne Titel]
Dr. Daniela Rossa-Heise, RAin
Während Arbeitnehmer in bestimmten, herausfordernden privaten Lebenssituationen wie der Krankheit oder der Pflege naher Angehöriger aufgrund von umfassenden Arbeitsschutzvorschriften von der Pflicht zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung befreit sind, konnten sich Geschäftsführer bislang nicht auf eine gesetzliche Befreiungsmöglichkeit von ihren Organpflichten berufen. Mit der Einführung des § 38 Abs. 3 GmbHG ist nun auch für Geschäftsführer die rechtliche Grundlage einer "Auszeit" von ihren organschaftlichen Pflichten geschaffen worden. Welche Voraussetzungen für eine Auszeit vorliegen müssen und welche Stolpersteine § 38 Abs. 3 GmbHG mit sich bringt, zeigt dieser Beitrag auf.
I. Hintergrund und Ziel der gesetzlichen Regelung
Bereits seit dem 12.8.2021 besteht für Geschäftsführer (GF) und Vorstände von GmbH, Aktiengesellschaften und SE die gesetzliche Möglichkeit, eine Auszeit von der Organstellung bei Vorliegen bestimmter persönlicher Lebensumstände zu nehmen.
§ 38 Abs. 3 GmbHG = Begründung eines grundsätzlichen Anspruchs auf temporäre Befreiung der Organe von ihren Organpflichten: Mit Einführung des § 38 Abs. 3 GmbHG (und gleichlaufend des § 84 Abs. 3 Akt und des § 40 Abs. 6 SE AG) i.R.d. "Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG II)" soll ein grundsätzlicher Anspruch auf temporäre Befreiung der Organe von ihren Organpflichten begründet werden, um eine Auszeit aufgrund von
- Mutterschutz,
- Elternzeit,
- Pflege eines Angehörigen oder
- Krankheit
zu ermöglichen.
Hintergrund: Die Forderung nach einer haftungsfreien Auszeit geht zurück auf die Initiative #stayonboard, die sich dafür einsetzt, dass Vorstandsmitglieder nicht ihr Amt niederlegen müssen, wenn sie wegen der o.g. Umstände
- vorübergehend ihr Amt nicht wahrnehmen können und
- die damit verbundenen Haftungsrisiken vermeiden wollen.
Der Gesetzgeber hat diese Überlegungen i.R.d. FüPoG II aufgegriffen, der des Weiteren die Begründungspflichten für die Festlegung von Zielgrößen bzgl. der Beteiligung von Frauen in Führungspositionen sowie eine verbindliche Geschlechterquote bei Mehrheitsbeteiligungen des Bundes vorsieht.
Dieser Aufsatz befasst sich aus Sicht der Praxis mit
- den Voraussetzungen der temporären Abberufung sowie
- insbesondere den anstellungsvertraglichen Folgen und
- Regelungserfordernissen bei GmbH-GF – auch im Hinblick auf die verbleibenden Organmitglieder.
II. Voraussetzungen der Auszeit
Schon vor Einführung des § 38 Abs. 3 GmbHG bestand die Möglichkeit, den GF einer Gesellschaft für eine vorübergehende Zeit von seinen organschaftlichen Pflichten zu entbinden. Hierzu war ein entsprechender Beschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich, auf dessen Zustandekommen der GF jedoch keinen Anspruch hatte.
Dies ändert sich unter der Geltung des § 38 Abs. 3 GmbHG: Der GF hat einen Anspruch auf Auszeit in den Fällen
- des Mutterschutzes,
- der Elternzeit,
- der Pflege von Angehörigen und
- der Krankheit.
Der Gesetzgeber hat jedoch keinen generellen Anspruch auf Auszeit normiert, sondern differenziert die Voraussetzungen des Anspruchs je nach Lebensumstand.
1. Kollegialorgan
Der Anspruch auf Auszeit steht GF ausschließlich dann zu, wenn die Gesellschaft über mindestens zwei GF verfügt. Allein-GF sind von der Möglichkeit einer Auszeit ausgeschlossen, da ansonsten die Führungslosigkeit der Gesellschaft eintreten würde.
Zeitpunkt der Mehrgliedrigkeit der Organe: Hier stellt sich die Frage, in welchem Zeitpunkt die Mehrgliedrigkeit der Organe vorliegen muss.
a) Unproblematische Fälle
Unproblematisch sind die Fälle, in denen
- sowohl bei Antragstellung
- als auch bei und während der Auszeit
mindestens ein weiterer GF bestellt ist. Gleiches muss auch gelten, wenn bei Antragstellung ein Bestellungsbeschluss für einen weiteren GF spätestens zu dem Zeitpunkt des Beginns der Auszeit vorliegt.
b) Problematische Fälle
Keine Lösung lässt das Gesetz für die Fälle erkennen, dass
- zwar bei Antragstellung,
- nicht aber bei Auszeitbeginn
ein mehrgliedriges Organ besteht, oder
- die Mehrgliedrigkeit während der Auszeit endet.
Insbesondere sind keine Widerrufsmöglichkeiten zur vorzeitigen Beendigung der Auszeit im Gesetzestext enthalten.
Beachten Sie: Aufgrund der wechselseitigen Treuepflichten ist eine generelle Lösung dieses Problems kaum denkbar:
- auf der einen Seite die Pflicht, die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft zu erhalten,
- auf der anderen Seite, die berechtigten persönlichen Interessen des GF zu sichern.
Beraterhinweis Die Lösung dieses Interessenkonflikts verschließt sich einer generellen Entscheidung, sondern wird in jedem Einzelfall danach zu treffen sein, welche Interessen sich im Einzelfall gegenüberstehen und überwiegen.
2. Ersuchen um Auszeit
Um die temporäre Befreiung von den Organpflichten zu erreichen, muss der GF um eine Auszeit ersuchen. Das Ersuchen ist gem. § 46 Nr. 5 als Annexkompete...