Eigentumsübergang als maßgebliches Kriterium: Vor dem Hintergrund der vom EuGH aufgestellten Grundsätze hat auch die Finanzverwaltung – wenn auch mit deutlicher zeitlicher Verzögerung – reagiert und ihre Sichtweise entsprechend der ergangenen Rechtsprechung angepasst.[14] Ihre bisherige Sichtweise, wonach die Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung anhand eines einkommensteuerrechtlichen Maßstabes erfolgen sollte, hat sie aufgegeben. Nunmehr nimmt auch die Finanzverwaltung bei Übergabe des Leasinggegenstandes das Vorliegen einer Lieferung nur noch dann an, wenn der zugrunde liegende Vertrag eine Klausel enthält, welche den Übergang des Eigentums an dem Gegenstand vom Leasinggeber auf den Leasingnehmer regelt. Das soll jedoch nur gelten, wenn aus den Vertragsbedingungen zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung deutlich hervorgeht, dass der Eigentumsübergang auf den Leasingnehmer automatisch erfolgt, wenn der Vertrag planmäßig bis zum Vertragsablauf ausgeführt wird.[15] Eine formal unverbindliche Kaufoption soll hierfür dann genügen, wenn die Optionsausübung dem Leasingnehmer im gegebenen Zeitpunkt als einzig wirtschaftlich rationale Möglichkeit erscheint.[16] Dabei geht die Finanzverwaltung davon aus, dass der Leasingnehmer dann eine echte wirtschaftliche Alternative hat, wenn dieser für die Optionsausübung zusätzlich zu den bereits entrichteten Raten noch eine erhebliche Summe entrichten müsste. Übersteigt dieser "Restkaufpreis" den Betrag i.H.v. 1 % des Verkehrswertes des Gegenstandes im Zeitpunkt der Optionsausübung, geht die Finanzverwaltung bereits von einer erheblichen Summe aus.[17] Die geschilderten Grundsätze sollen auf alle offenen Fälle angewendet werden. Außerdem wird es seitens der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn die Beteiligten übereinstimmend für vor dem 18.3.2020 abgeschlossene Leasing- und Mietverträge die noch am 17.3.2020 geltenden Grundsätze in Abschn. 3.5 Abs. 5 und 6 UStAE a.F. anwenden. Dies gilt auch für die Zwecke des Vorsteuerabzugs.[18]

Die nunmehr geltenden Grundsätze lassen sich grafisch wie folgt darstellen:

[14] BMF, Schr. v. 18.3.2020 – III C 2 - S 7100/19/10008:003, 2020/0256754, BStBl. I 2020, 286 = DB 2020, 648.
[15] Abschn. 3.5 Abs. 5 S. 1 UStAE = BMF, Schr. v. 18.3.2020 – III C 2 - S 7100/19/10008:003, 2020/0256754, BStBl. I 2020, 286 = DB 2020, 648.
[16] Abschn. 3.5 Abs. 5 S. 3 UStAE = BMF, Schr. v. 18.3.2020 – III C 2 - S 7100/19/10008:003, 2020/0256754, BStBl. I 2020, 286 = DB 2020, 648.
[17] Abschn. 3.5 Abs. 5 S. 6 UStAE = BMF, Schr. v. 18.3.2020 – III C 2 - S 7100/19/10008:003, 2020/0256754, BStBl. I 2020, 286 = DB 2020, 648.
[18] BMF, Schr. v. 18.3.2020 – III C 2 - S 7100/19/10008:003, 2020/0256754, BStBl. I 2020, 286 = DB 2020, 648.

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