Mögliche Konstellationen und gesetzliche Einordnung
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. (FH) Sergej Müller, M.A. Taxation, StB/FBIStR / Dipl.-Finw. (FH) Tim Bauerfeld, StB/Zertifizierter Family Officer (FvF)
In der Beratungspraxis ist ein deutlicher Anstieg von Umwandlungsvorgängen, Übertragungen sowie geregelten Vermögensnachfolgen zu beobachten. Regelmäßig sind die Hintergründe für die vorstehend aufgeführten Maßnahmen wirtschaftlicher Natur – insbesondere, um den Herausforderungen der heutigen Zeit gerecht zu werden und das Vermögen sowie das Unternehmen zu schützen und (steuerlich) zu optimieren. Dabei ist aus steuerlicher Sicht ein besonderes Augenmerk auf Reorganisationsmaßnahmen im Zusammenhang mit Mitunternehmeranteilen zu legen. Das deutsche Steuerrecht birgt hier diverse Stolperfallen, aus denen erhebliche steuerliche Risiken resultieren können. Der Fokus liegt hier nicht selten auf Komplementärbeteiligungen im Sonderbetriebsvermögen. Der nachfolgende Beitrag unternimmt den Versuch, einen ganzheitlichen Überblick über die funktionale Wesentlichkeit der Komplementärbeteiligung zu verschaffen.
I. Sonder-Betriebsvermögen bei Übertragungsvorgängen
Bedeutung des Sonder-Betriebsvermögens...: Betrachtet man den Mitunternehmeranteil im Steuerrecht, so wird deutlich, dass sich der Anteil eines Mitunternehmers
- nicht nur aus der Beteiligung an der Mitunternehmerschaft an sich,
- sondern auch aus etwaigem Ergänzungsbilanz- und Sonderbetriebsvermögen (Sonder-BV)
zusammensetzt. Insbesondere im Kontext von Umwandlungsvorgängen oder Übertragungsakten im Zusammenhang mit Mitunternehmeranteilen wird ersichtlich, dass üblicherweise der gesamte Mitunternehmeranteil zu übertragen ist. Der gesamte Mitunternehmeranteil umfasst dabei insbesondere auch das Sonder-BV.
... und Gefährdung der Buchwertfortführung bei fehlender Mitübertragung: Wird im Zuge einer Umwandlung oder einer Übertragung etwa vorhandenes (funktional wesentliches) Sonder-BV
- wissentlich oder
- – da es sich um unentdecktes Betriebsvermögen (BV) handelt – unwissentlich
nicht mit übertragen, so ist die Buchwertfortführung – insbesondere im Bereich der Unternehmensnachfolge sowie im Kontext des Umwandlungssteuergesetzes – gefährdet.
In der Konsequenz sind u.a. Anträge auf Buchwertfortführung nicht denkbar, so dass alle stillen Reserven im Mitunternehmeranteil zu besteuern sind. Für die Begleichung der korrespondierenden Steuerbelastung fehlt es zugleich an Liquidität, da es sich um sog. Dry Income handelt.
Vor diesem Hintergrund
- soll der nachfolgende Beitrag Aufschluss geben, in welchen Konstellationen die Beteiligung eines Mitunternehmers einer Kommanditgesellschaft an der Komplementärgesellschaft zum (funktional wesentlichen) Sonder-BV gehört.
- Außerdem sollen im Folgenden Unterschiede zum fiktiven Formwechsel als Reflex einer Optionsausübung i.S.d. § 1a KStG aufgezeigt werden, die sich mit dem Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness ergeben haben.
II. Einordnung
Das BV umfasst bei einer Personengesellschaft
- sowohl die Wirtschaftsgüter, die zum Gesellschaftsvermögen der Mitunternehmer gehören,
- als auch diejenigen Wirtschaftsgüter, die einem, mehreren oder allen Mitunternehmern gehören (sog. Sonder-BV).
Fraglich ist, wie in Übertragungs- oder Umwandlungsfällen mit dem Sonder-BV umzugehen ist.
Übertragung im Bereich des § 6 Abs. 3 EStG: Betrachtet man sich für Unternehmensnachfolgen z.B. die Vorschrift des § 6 Abs. 3 EStG, so sind dort unentgeltliche Übertragungen von u.a. Mitunternehmeranteilen geregelt. Die Übertragung im Bereich des § 6 Abs. 3 EStG erfordert mithin die Übertragung des gesamten funktional wesentlichen Sonder-BV; ggf. im Verhältnis der Quote des übertragenen BV. Erfolgt indes nicht die Mitübertragung des gesamten funktional wesentlichen Sonder-BV, so kann dies im Kontext von Übertragungen auf natürliche Personen infolge einer unterquotalen Übertragung des Sonder-BV zu einer entsprechenden Sperrfristverhaftung nach Maßgabe des § 6 Abs. 3 S. 2 EStG führen.
Übertragung im Kontext des UmwStG: Ähnlich verhält es sich im Kontext des Umwandlungssteuergesetzes. Soll etwa
- ein Mitunternehmeranteil in eine Kapitalgesellschaft (§ 20 UmwStG) bzw.
- ein Mitunternehmeranteil in eine Personengesellschaft eingebracht werden (§ 24 UmwStG) oder
- eine Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft formwechselnd umgewandelt werden (§ 25 UmwStG),
so ist stets auch das Sonder-BV zu berücksichtigen. Erfolgt lediglich eine anteilige Übertragung des Mitunternehmeranteils, so ist das Sonder-BV im gleichen Verhältnis zu übertragen.
Beachten Sie: Unschädlich für die vorgenannten Übertragungstatbestände soll es indes sein, wenn Wirtschaftsgüter des Sonder-BV zurückgehalten werden, die nicht zu den (funktional) wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören.
Differen...