[Ohne Titel]
Dr. Rüdiger Werner
Sog. junge Verwaltungsvermögen bzw. sog. junge Finanzmittel werden von den erbschaftsteuerlichen Begünstigungen nach den §§ 13a, 13b ErbStG nicht erfasst. Junges Verwaltungsvermögen liegt nach § 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG vor, wenn dieses Vermögen dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer weniger als zwei Jahre zugerechnet werden kann. Nach den gleichlautenden Erlassen der Obersten Finanzbehörden der Länder v. 13.10.2022 (BStBl. I 2022, 1494) zur Behandlung von (jungem) Verwaltungsvermögen und (jungen) Finanzmitteln bei Umwandlungsvorgängen sowie Folgen von Umwandlungsvorgängen für die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens sollen solche Vermögen auch durch Umwandlungsvorgänge im Vorfeld eine Unternehmensnachfolge entstehen können. Dabei soll es weder auf eine rein ertragsteuerliche noch eine rein zivilrechtliche Perspektive, sondern auf die betriebliche Zuordnung des Wirtschaftsguts ankommen. Diese Position konfligiert u.a. mit § 13a Abs. 9 ErbStG, der nicht auf den Betrieb, sondern auf den Unternehmensverbund abstellt.
1. Einleitung
Der § 13a ErbStG gewährt unter bestimmten Voraussetzungen eine Steuerbefreiung für das in § 13a ErbStG genannte begünstigte Vermögen. So bleibt das Vermögen unter weiteren Voraussetzungen gem. § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG i.V.m. § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG mithilfe eines sog. Verschonungsabschlag zu 85 % oder unter Einhaltung strengerer Anforderungen gem. § 13a Abs. 10 ErbStG sogar zu 100 % außer Ansatz. Voraussetzung ist jedoch insb., dass das Betriebsvermögen des Betriebes oder der Gesellschaft nicht zu einem wesentlichen Anteil aus Verwaltungsvermögen besteht. Kommt ein Verschonungsabschlag zur Anwendung, dann bleibt in jedem Fall sog. junges Verwaltungsvermögen nicht begünstigt.
Als junges Verwaltungsvermögen wird im Wesentlichen gem. § 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 4 ErbStG bezeichnet, das dem Betrieb im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer weniger als zwei Jahre zuzurechnen war.
Die Finanzverwaltung verfolgt bei der Auslegung des Begriffs "Betrieb" auch in der Verbundvermögensaufstellung eine betriebsbezogene Betrachtungsweise, nach der zum jungen Verwaltungsvermögen gleichermaßen auch Wirtschaftsgüter gehören, die innerhalb des Zwei-Jahres-Zeitraums des § 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG von einer Gesellschaft in eine andere Gesellschaft im Verbund eingelegt oder die von einer anderen Gesellschaft im Verbund erworben werden (R E 13b.29 Abs. 4 ErbStG). Die von der Finanzverwaltung verfolgte betriebsbezogene Betrachtungsweise wird insb. aus stufenweiser Ermittlung i.R.d. Verbundvermögensaufstellung nach § 13b Abs. 9 ErbStG abgeleitet.
Offen war bislang die Frage, inwieweit diese betriebsbezogene Betrachtungsweise auch bei der Zuführung von Vermögen durch Umwandlungsvorgänge zur Anwendung kam.
Der BFH hatte 2020 über einen Fall zu entscheiden, bei der die Klägerin ein Fünftel der Geschäftsanteile des im Juni 2009 verstorbenen Erblassers an der A-GmbH sowie Kommanditbeteiligungen an einer KG erhalten hatte. Die Klägerin beantragte 2009 gem. der durch das ErbStRG geänderten Vorschriften zur Steuerbefreiung des Betriebsvermögens gem. § 13a ErbStG a.F. i.V.m. § 13b ErbStG a.F. anzuwenden. Das FA gewährte die Steuerbefreiung jedoch lediglich für einen Teilbetrag des übertragenen Vermögens. Der übrige Betrag wurde als junges Verwaltungsvermögen betrachtet. Dabei wurde insb. Grundbesitz aus der zuvor erfolgten Verschmelzung der Z1-GmbH auf die KG als junges Verwaltungsvermögen angesehen. Zu dieser Rechtsfolge gelangte das FA unabhängig von der Tatsache, dass sich das Verwaltungsvermögen zum Zeitpunkt der Verschmelzung bereits mehr als zwei Jahre im Betriebsvermögen der verschmolzenen GmbH befunden hatte (BFH v. 22.1.2020 – II R 41/18, BStBl. II 2020, 577 = GmbHR 2020, 1200).
Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück und bestätigte in seinem Revisionsurteil die Position des FA. Die Wirtschaftsgüter seien vor der Verschmelzung gem. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. der übertragenden Gesellschaft zuzurechnen gewesen und nicht der übernehmenden Gesellschaft. Ein Durchgriff habe nicht stattgefunden. Dabei sei auch nicht entscheidend, dass die Personengesellschaft als übernehmende Rechtsträgerin die Anteile an der aufwärtsverschmolzenen Kapitalgesellschaft zu 100 % im Betriebsvermögen gehalten habe. Die streitigen Wirtschaftsgüter wären daher nicht schon vor der Verschmelzung der Mutterpersonengesellschaft als Betrieb i.S.v. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG zuzurechnen gewesen, weil sie sich im Gesamthandsvermögen der KG befunden und als Mitunternehmeranteil der übernehmenden Gesellschaft dargestellt hätten (BFH v. 22.1.2020 – II R 41/18, BStBl. II 2020, 577 = GmbHR 2020, 1200).
Ebenso entschied das FG Niedersachsen für den Fall der Einbringung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine GmbH & Co. KG (FG Niedersachsen v. 1.11.2018 – 1 K 7/18, EFG 2019, 125 ...