Aktuelle Verfahren und Entscheidungen
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. (FH) Mathias Grootens
Die flächendeckende Neubewertung aller Grundstücke im Bundesgebiet ist ohne Zweifel eine der größten steuerlichen Reformen der letzten Jahrzehnte. Unmittelbar oder zumindest mittelbar über die umlagefähigen Nebenkosten ist jeder deutsche Haushalt von den Auswirkungen der Grundsteuerreform betroffen. Es bestand daher seit Beginn der Reform kein Zweifel daran, dass auch das neue Bewertungssystem einer gerichtlichen Prüfung zugeführt werden wird. Dies auch deswegen, weil mit einer Reform notwendigerweise auch Belastungsverschiebungen zwischen den Grundstücken einhergehen. Diese sind nicht nur Nebeneffekt einer Neubewertung, sondern Kern der Forderung des BVerfG zur Beseitigung des verfassungswidrigen Zustands einer nicht realitätsgerechten und nicht relationsgerechten Einheitsbewertung. Insbesondere an der Beseitigung dieses Zustands wird sich die Grundsteuerwertermittlung messen lassen müssen. Der Beitrag erörtert derzeit anhängige Verfahren.
I. Die Suche nach einem Musterverfahren
Mit der Reform der Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer wurde ein längst überfälliges steuerliches Mammutprojekt angegangen. Die flächendeckende Neubewertung aller Grundstücke im Bundesgebiet ist ohne Zweifel eine der größten steuerlichen Reformen der letzten Jahrzehnte. Unmittelbar oder zumindest mittelbar über die umlagefähigen Nebenkosten ist jeder deutsche Haushalt von den Auswirkungen der Grundsteuerreform betroffen. Es bestand daher seit Beginn der Reform kein Zweifel daran, dass auch das neue Bewertungssystem einer gerichtlichen Prüfung zugeführt werden wird. Dies auch deswegen, weil mit einer Reform notwendigerweise auch Belastungsverschiebungen zwischen den Grundstücken einhergehen. Diese sind nicht nur Nebeneffekt einer Neubewertung, sondern Kern der Forderung des BVerfG zur Beseitigung des verfassungswidrigen Zustands einer nicht realitätsgerechten und nicht relationsgerechten Einheitsbewertung. Insbesondere an der Beseitigung dieses Zustands wird sich die Grundsteuerwertermittlung messen lassen müssen.
II. Hauptsacheverfahren beim Sächsischen FG Az.: 2 K 574/23
1. Tenor der Entscheidung
Als erstes FG hat sich das Sächsische FG in der Hauptsache mit der Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuerwertermittlung befasst (Sächs. FG v. 24.10.2023 – 2 K 574/23, ErbStB 2024, 7 [Halaczinsky]). Die Bewertung eines im Freistaat Sachsen belegenen und mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks i.S.v. §§ 248, 249 Abs. 1 Nr. 1 BewG im Ertragswertverfahren gem. §§ 252 bis 257 BewG begegnet nach Auffassung des Sächsische FG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Eine über die im BewG vorgesehen Bewertungsvorgaben hinausgehende weitere Differenzierung nach konkreten Ausstattungsmerkmalen würde die vom Gesetzgeber beabsichtigte Typisierung und Vereinfachung des Verfahrens erheblich erschweren. Die Ermittlung der Nettokaltmieten beruhe auf einer breiten und aktuellen Datengrundlage, die nicht zu beanstanden sei.
2. Ermittlung des Bodenwerts
Der Gesetzgeber habe sich hinsichtlich des Bodenwerts von der Rspr. des BFH zu Gutachterausschüssen (zuletzt: Urteil des BFH v. 24.8.2022 – II R 14/20, ErbStB 2023, 29 [Marquardt] m.w.N.) leiten lassen. Der BFH sehe in der Heranziehung von Bodenrichtwerten eine unbedenkliche typisierende Bewertungsmethode, die der Vereinfachung der Grundsteuerwertermittlung dient (BT-Drucks. 19/11085, 109, ebenso BFH v. 12.1.2021 – II B 61/19, ErbStB 2021, 137 [Knittel] m.w.N.). Die Ermittlung von Bodenrichtwerten werde explizit einer außerhalb der Finanzverwaltung stehenden Stelle, den Gutachterausschüssen, aufgegeben, da diesen auf Grund ihrer besonderen Sach- und Fachkenntnis und ihrer größeren Ortsnähe sowie der von Beurteilungs- und Ermessenserwägungen abhängigen Wertfindung eine vorgreifliche Kompetenz bei der Feststellung von Bodenrichtwerten zukomme.
3. Umrechnungskoeffizient für die Grundstücksgröße
Die Regelung zu dem Umrechnungskoeffizienten für die Grundstücksgröße in § 257 Abs. 1 Satz 1 BewG i.V.m. Anlage 36 beruhe auf der Erwägung des Gesetzgebers, dass die Anpassungsmodalitäten dem Umstand Rechnung tragen, dass der Bodenwert bei kleiner werdenden Grundstücken ab einer Grundstücksgröße von ca. 500 qm regelmäßig überproportional ansteige. Mit der pauschalierenden Vorgabe der Umrechnungskoeffizienten in der Anlage 36 zum BewG werde der Verwaltungs- und Bürokratieaufwand geringgehalten. Hierbei sei der Gesetzgeber innerhalb seines Gestaltungsspielraums geblieben.
Beraterhinweis Die Umrechnungskoeffizienten nach Anlage 36 führen in der Praxis mitunter zu nicht folgerichtigen Ergebnissen. Die der Anlage 36 zugrunde liegende Vorgehensweise verkennt, dass sich die Gutachterausschüsse in der Wahl der Größe des Bodenrichtwertgrundstücks an den örtlichen Gegebenheiten orientieren. Die Bodenrichtwerte werden folglich für deutlich größere oder kleinere Grundstücke als die der Anlage 36 zugrunde gelegten 500 qm festgestellt, so dass es wegen der Grundstücksgröße in di...