Die lebzeitige Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge bietet gegenüber einer Übertragung im Wege einer Verfügung von Todes wegen eine ganze Reihe expliziter Vorteile (Lorz/Kirchdörfer, Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2011, S. 61). Die vorweggenommene Erbfolge bietet die Möglichkeit und auch die Notwendigkeit die Nachfolgeplanung langfristig anzulegen. Eine solche langfristige Planung kann insb. auch mit Steuerersparnissen belohnt werden (Stenger in Scherer, Unternehmensnachfolge, 6. Aufl. 2020, § 2 Rz. 5). Unterfällt die Übertragung von Vermögen im Wege der Vermögensnachfolge von Todes wegen der Erbschaftsteuer nach den §§ 1 ff. ErbStG, so löst die unentgeltliche lebzeitige Übertragung von Vermögen Schenkungsteuer nach den §§ 7 ff. ErbStG aus. Das jüngst ergangene Urteil des FG Hamburg wirft die Frage auf, ob nicht durch die Einbringung von Vermögen in eine KGaA unternehmerisches Vermögen schenkungsteuerfrei auf die nächste Generation übertragen werden kann (FG Hamburg v. 11.7.2023 – 3 K 188/21, ErbStB 2023, 316 [Knittel] = DStR 2023, 1996; dazu Kranz/Herbst, DStR 2023, 2004; Udwari, ZEV 2023, 711; Vorbeck, DStRK 2023, 249).
Disquotale Gesellschafterleistungen an die Gesellschaft führen zu Vermögensverschiebungen auf der Gesellschafterebene. Der Vermögensminderung eines Gesellschafters entspricht eine Vermögensmehrung anderer Gesellschafter (Loose, Erbschaftsteuer, 5. Aufl. 2022, Rz. C 49). Bei Personengesellschaften unterliegen derartige Vermögensverschiebungen nach ganz h.M. der Schenkungsteuer nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, weil die herkömmliche Rspr. die Gesellschafter als Träger des Gesellschaftsvermögens ansieht (BFH v. 14.9.1994 – II R 95/92, BStBl. II 1995, 81). Bei Kapitalgesellschaften war die Behandlung derartiger Vorgänge dagegen strittig. Die Finanzverwaltung wollte entsprechende Vermögensverschiebungen der Schenkungsteuer unterwerfen, da die Gesellschafter auf diese Weise die Rechtsform der Kapitalgesellschaft für einen Vermögenstransfer instrumentalisierten (R 18 ErbStR 1997 und 2000). Im Verhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft lägen keine steuerbaren Zuwendungen vor, weil diese nicht freigebig erfolgten, sondern causa societatis. Im Verhältnis zwischen den Gesellschaftern sollten dagegen die allgemeinen Regeln gelten.
Diese von der Finanzverwaltung eingenommene Konzeption hat sich der BFH entgegengestellt. Dieser ging vielmehr davon aus, dass Kapitalgesellschaften als juristische Personen alleinige Träger des Gesellschaftsvermögens seien und daher die Bereicherung bei den Begünstigten einer disquotalen Einlage oder einer disquotalen Ausschüttung nicht auf Kosten eines anderen Gesellschafters, sondern auf Kosten der Gesellschafter erfolgte. Das Tatbestandsmerkmal "auf Kosten des Zuwendenden" sei i.S. eines strengen Unmittelbarkeitserfordernisses auszulegen (BFH v. 9.12.2009 – II R 28/08, BStBl. II 2010, 566 = ErbStB 2010, 195 [Hartmann]). Damit konnte die Vermögensverschiebung auf der Gesellschafterebene nicht der Schenkungsteuer unterworfen werden. Der Gesetzgeber reagierte darauf mit der Einfügung von § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG durch das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (Art. 11 Nr. 2, 3 BeitrRLUmSG v. 7.12.2011, BGBl. I 2011, 2592). Als Schenkung gilt damit auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte Person oder Stiftung als Bedachte durch die Leistung einer anderen Person als Zuwendendem an die Gesellschaft erlangt.
Fraglich ist, ob § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG auf den Komplementär einer KGaA anwendbar ist. Nach dem jüngst ergangenen Urteil des FG Hamburg soll dies nicht der Fall sein (FG Hamburg v. 11.7.2023 – 3 K 188/21, ErbStB 2023, 316 [Knittel] = DStR 2023, 1996). Würde dies zutreffen, dann könnte Vermögen in unbegrenzter Höhe durch einen Kommanditaktionär Vermögen auf eine KGaA transferiert werden, ohne dass dies Schenkungsteuer auslösen würde.
Beispiel
Erwerber und Schenker gründen eine KGaA wobei 10 % des Kapitals der KGaA vom Erwerber und 90 % vom Schenker gehalten werden und der Erwerber als Komplementär und der Schenker als alleiniger Kommanditaktionär fungieren. Der Schenker erbringt sodann auf der Grundlage eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses eine disquotale Einlage in das Vermögen der KGaA, welche bei dieser der freien Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB gutgeschrieben wird.
Die disquotale Einlage des Schenkers führt dazu, dass sich der Wert der KGaA und damit auch der Wert der Anteile ihrer Gesellschafter erhöht. Bei wirtschaftlicher Betrachtung liegt i.H.v. 90 % eine mittelbare Zuwendung des Schenkers an den Erwerber vor.