Das Prüfungswesen im Bereich der Gesellenprüfungen des Handwerks wurde zuletzt mit dem Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung flexibilisiert. Dieser Modernisierung lag eine grundsätzliche Analyse betreffend den Stand und die Bedarfe im Prüfungswesen im Handwerk zugrunde, die im Bereich der Meisterprüfung gleichfalls gilt: Die praktischen, zeitlichen und rechtlichen Anforderungen an qualitativ hochwertige und rechtsbeständige Prüfungen und damit an die ehrenamtlich tätigen Prüfenden sind in den letzten Jahren gewachsen; zugleich fällt es den organisatorisch verantwortlichen Stellen immer schwerer, ehrenamtliche Prüfende zu gewinnen und zu halten.
Geteilt wird auch die Analyse des vorgenannten Gesetzes, dass frühere Lösungsansätze in Gesetz und Verordnung an ihre Grenzen stoßen. So sahen bisher das Gesellen- wie das Meisterprüfungsrecht zur Entlastung der Prüfungsgremien vor, dass diese Gremien eine beschränktere Zahl von Mitgliedern mit der Abnahme und Vorbewertung von Prüfungsleistungen befassen konnten; die abschließende Bewertung, die Beschlüsse über Ergebnisse und Noten sowie die Bescheidung der Prüflinge aber verblieben bei den Gremien.
Dieses "Berichterstatterprinzip" führte jedoch in der Rechtspraxis teils zu Unsicherheiten. Es stellte die Beständigkeit von Prüfungen insbesondere dann infrage, wenn die Berichterstatter die Gewinnung ihrer (Vor-)Ergebnisse unzureichend dokumentierten und das Gesamtgremium diese (Vor-)Ergebnisse ungeprüft übernahm. Zudem löste es nicht die Probleme, vor die das Gebot der Prüferkontinuität die Gesamtgremien stellte. Da die abschließende Bewertung der Prüfungsleistungen innerhalb eines Prüfungsverfahrens jeweils durch das Gesamtgremium erfolgte, bedrohte jeder Ausfall eines Mitglieds etwa aufgrund von Krankheit im Laufe eines Prüfungsverfahrens dessen Beständigkeit.
Vor diesem Hintergrund bestand auch im Meisterprüfungswesen Modernisierungsbedarf. Daher verfolgte die HwO-Novelle vom Juni 2021 das gleiche Ziel wie schon das Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung: die Flexibilität für die Prüfenden zu erhöhen und so das Ehrenamt zu stärken sowie zugleich rechtsbeständige und hochwertige Prüfungen zu ermöglichen. Dies kommt organisierenden Stellen, ehrenamtlichen Prüfenden und Prüflingen gleichermaßen zugute.
Zu diesem Zwecke wurde mit der HwO-Novelle vom Juni 2021 für Meisterprüfungen eine Regelung geschaffen, die in ihren Ansätzen den neuen Regelungen im Gesellenbereich entspricht. Auch dem Kollegialorgan Meisterprüfungsausschuss, dem formal einzigen Prüfungsgremium derzeitiger Rechtslage, wurde ein weiterer Gremientyp zur Seite gestellt. Seitdem sollen Gremien dieses neuen Typs selbständig bewertbare Prüfungsleistungen abnehmen und abschließend bewerten können. Und es soll möglich sein, diese Gremien mit anderen und weniger Personen zu besetzen als den Meisterprüfungsausschuss.
Zugleich hat die neue Regelung aber auch die historisch gewachsene Eigenständigkeit des Meisterprüfungswesens gegenüber dem der Gesellenprüfung zu achten. So wird nur der Meisterprüfungsausschuss im Bereich zulassungspflichtiger Handwerke als staatliche Prüfungsbehörde tätig. Und die Meisterprüfungsausschüsse werden anhand anderer Vorgaben besetzt als die Prüfungsausschüsse für Gesellenprüfungen.
Zudem gibt die Handwerksordnung selbst zwar grundsätzlich die Zahl der Mitglieder und deren Qualifizierungserfordernisse vor. Aber bereits heute werden entscheidende Detailregelungen hierzu erst in der auf Grundlage des bisherigen § 50 Absatz 2 der Handwerksordnung erlassenen Meisterprüfungsverfahrensverordnung (MPVerfVO) getroffen. Diese Verordnung regelt spezifisch bezogen auf unterschiedliche Typen von Prüfungsleistungen, welche fachlichen Qualifikationen an die Personen zu stellen sind, die diese Prüfungen abnehmen und (vor-)bewerten. Angesichts solcher gewachsenen Unterschiede folgt die neue Regelung im Meisterprüfungswesen teils eigenständigen Strukturen gegenüber dem Gesellenbereich.
Die wesentlichen Vorgaben an das neu gestaltete Prüfungswesen trifft auch hier die Handwerksordnung selbst. Hierfür steht exemplarisch § 48a, der die Abnahme und abschließende Bewertung einzelner Prüfungsleistungen vom Meisterprüfungsausschuss zu bildenden Prüfungskommissionen zuweist. Die detailliertere Ausgestaltung bleibt grundsätzlich wie bisher der MPVerfVO vorbehalten, die im Rahmen der Novelle vom Januar 2022 die HwO-Vorgaben für die Prüfungskommission in einem neuen § 10 MPVerfVO konkretisiert.