Wir wollen es an dieser Stelle weitgehend dabei belassen und uns darauf aufbauend mit der Frage befassen, ob es eine Reduzierung auf null gibt. Dies wird mit durchaus beachtlichen Argumenten vertreten (Blumers, DB 1983, 1571; Felix, FR 1985, 31; Isensee, NJW 1985, 1007; Podewils, wistra 2015, 257) So kann etwa das Finanzgericht oder die Finanzbehörde selbst wegen ernstlicher Zweifel im Besteuerungsverfahren die Aussetzung der Vollziehung (§§ 361 AO, 69 FGO) verfügen. Es mutet in der Tat äußerst mutig an, wenn hier der Strafrichter oder die Staatsanwaltschaft über einen Wissensvorsprung verfügen wollen, der gegen eine Aussetzung spricht. Wo sollte der herkommen? Natürlich sind strafrechtliche Methoden vielfach äußerst wirksam. Man denke nur an die Wirkkraft einer Untersuchungshaft. Befindet sich der Beschuldigte einmal in dieser Lage, ist er vielfach zu einem Geständnis (§ 254 StPO) bereit. Auch Strafverteidiger plädieren vor dem Hintergrund der zermürbenden Wirkungen der Untersuchungshaft bisweilen voreilig für ein solches, kommt ihm doch im Rahmen der Strafzumessung – bei aller Kritik gerade an einem Geständnis aus prozesstaktischen Gründen (vgl. Fischer, StGB, 69. Aufl. 2022, § 46 Rz. 50a; vgl. auch AG Oschatz v. 4.12.2007 – 1 Ds 608 Js 50888/07, juris.) – immer noch eine Bedeutung zu. Aber: In dem diesem strafprozessualen Vorgehen folgenden finanzgerichtlichen Verfahren kommt das dicke Ende nach. Denn dann wird sich das Finanzgericht eine gewisse Zurückhaltung auferlegen können. Die Bezugnahme auf Feststellungen eines Strafgerichts ist nämlich grundsätzlich zulässig (BFH v. 12.1.2016 – VII B 148/15, BFH/NV 2016, 762). Nach der Rspr. des BFH können die in strafrechtlichen Ermittlungen oder in einem Strafurteil getroffenen Feststellungen im finanzgerichtlichen Verfahren verwertet werden, es sei denn, die Beteiligten erheben gegen die Feststellungen substantiierte Einwendungen und stellen entsprechende Beweisanträge, die das Finanzgericht nach den allgemeinen für die Beweiserhebung geltenden Grundsätzen nicht unbeachtet lassen kann (BFH v. 19.1.2012 – VII B 88/11, BFH/NV 2012, 761; v. 10.1.1978 – VII R 106/74, BStBl. II 1978, 311). Dies gilt auch für den Fall, dass Vernehmungsprotokolle oder Strafurteile andere Tatbeteiligte betreffen (BFH v. 24.5.2013 – VII B 155/12, BFH/NV 2013, 1613). Wenn in einer solchen Konstellation ein Kläger in einem Steuerprozess nicht alle Register zieht und/oder das Finanzgericht sich geschickt die Feststellungen des Strafurteils zu Nutze macht, wird eine Nichtzulassungsbeschwerde zum BFH keine allzu große Chance besitzen. Der frühere Beschuldigte sitzt auf diese Weise vielfach in einer Falle, in die er sich selbst etwa durch ein voreiliges Geständnis gebracht hat.
Beraterhinweis Hier täte es mit Blick auf die Wahrheitsfindung, die sowohl im Straf- wie auch im finanzgerichtlichen Verfahren ganz oben auf der Agenda steht, gut, wenn alle Beteiligte dies im Blick hätten. Ein kurzfristiger Erfolg (durch Aufhebung des Haftbefehls nach § 120 StPO oder dessen Außer-Vollzug-Setzung nach § 116 StPO) wiegt später in der Gesamtschau oftmals viel belastender als ein Ausharren in der Haft.