Nina Lenz-Brendel, Julia Roglmeier
Der Betreuer/Bevollmächtigte hat zu prüfen, ob die in der Patientenverfügung enthaltenen Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen, § 1827 Abs. 1 Satz 1, 2. HS BGB. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen, § 1827 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Besondere Wichtigkeit kommt in diesem Zusammenhang dem Inhalt der Patientenverfügung zu. Der Betreuer/Bevollmächtigte kann nur prüfen, ob die in der Patientenverfügung enthaltenen Anordnungen für die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation einschlägig sind, wenn die Verfügung eindeutig formuliert ist. Die Patientenverfügung verlangt konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen. Es ist unabdingbar, die medizinischen Behandlungen oder Maßnahmen, die durchgeführt bzw. unterlassen werden sollen, in der Verfügung so genau wie möglich zu beschreiben. Dies gilt selbstverständlich auch für die Lebenssituationen, in der die Patientenverfügung Wirkung entfalten soll. Je ungenauer oder pauschaler die Patientenverfügung formuliert ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihr bedingungslos Ausdruck verliehen wird und der Betreuer/Bevollmächtigte den individuellen Patientenwillen auch durchsetzen kann. Die Patientenverfügung muss "medizinisch brauchbar" sein und darf nicht widersprüchlich formuliert sein. Der Auslegung zugängliche oder inhaltsleere Formulierungen wie "Apparatemedizin", "qualvolles Leiden" oder "menschenwürdiges Leben" sollten nicht verwendet werden. Die schriftliche Äußerung, "keine lebenserhaltenden Maßnahmen" zu wünschen, enthält für sich genommen beispielsweise nicht die für eine bindende Patientenverfügung notwendige konkrete Behandlungsentscheidung des Betroffenen. Die insoweit erforderliche Konkretisierung kann aber ggf. durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen.
Beschränkt der Verfasser den Inhalt seiner Verfügung auf derartige Pauschalierungen , liegt keine für eine bindende Patientenverfügung notwendige konkrete Behandlungsentscheidung des Betroffenen vor. Die erforderliche Konkretisierung kann sich im Einzelfall auch bei nicht hinreichend konkret bestimmten ärztlichen Maßnahmen durch die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen ergeben. Der Wille des Errichters der Patientenverfügung ist dann durch Auslegung der in der Verfügung enthaltenen Erklärungen zu ermitteln.
Allerdings dürfen die Anforderungen an den Inhalt einer Patientenverfügung und zwar speziell in Bezug auf die Verwendung medizinischer Fachterminologie und Detailgenauigkeit nicht zu hoch angesetzt werden, zumal es sich bei einer Patientenverfügung um die Erklärung eines medizinischen Laien handelt und nach der gesetzlichen Konzeption weder die Abfassung durch einen Arzt noch eine ärztliche Beratung Wirksamkeitsvoraussetzung für Patientenverfügung ist.. Die erforderliche Konkretisierung einer Patientenverfügung kann sich im Einzelfall bei einer weniger detaillierten Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen durch die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen ergeben. Ob in solchen Fällen eine hinreichend konkrete Patientenverfügung vorliegt, ist dann durch Auslegung der in der Verfügung enthaltenen Erklärungen zu ermitteln. Zu Recht weist Müller darauf hin, dass eine derartige Erklärung notwendigerweise in einem gewissen Grad allgemein und abstrakt gehalten und von daher stets auslegungsbedürftig sein wird. Ein Konkretisierungsgrad, der erfordert, dass die konkrete Behandlungssituation und/oder konkrete ärztliche Maßnahme, die dann später in Frage steht, bereits in der Patientenverfügung genannt sein müssen, sei bei einer prospektiven Erklärung nicht zu erreichen, weil niemand alle denkbaren Entwicklungen seines Gesundheitszustandes einerseits sowie der Behandlungsmöglichkeiten andererseits auch nur annähernd vorhersehen kann.
Bedenklich kann auch die Verwendung von Formularen sein, in denen die einzelnen Behandlungsalternativen angekreuzt werden können. Wie oben ausgeführt, ist eine solche Verfügung, wenn sie eigenhändig unterschrieben ist, zwar wirksam. Die Verwendung von Mustern birgt jedoch regelmäßig die Gefahr in sich, dass eine Patientenverfügung mal eben zwischen "Tür und Angel" errichtet wird, sich der Verfasser jedoch nicht ausreichend Gedanken über den Inhalt seiner Verfügung gemacht hat und bei reiflicher Überlegung in diversen Punkten anders entscheiden hätte.
Der Verfasser einer Patientenverfügung kann in dieser auch regeln, dass die Verfügung nicht unmittelbar gelten soll, sondern der Betreuer oder der Bevollmächtigte über die vorzunehmende Behandlung (nach dem mutmaßlichen Willen des Patienten) zu entscheiden haben. Voraussetzung für die Prüfungspflicht des Betreuers ist, dass e...