Nina Lenz-Brendel, Julia Roglmeier
4.2.1 Anhörung der Betroffenen
Der Ablauf des Genehmigungsverfahrens wurde in Anlehnung an das bisherige Verfahren des § 1904 BGB a. F. konzipiert. Weiterhin muss ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Hierneben soll auch die Anhörung von Beteiligten erfolgen und zwar unabhängig davon, ob es um die Zustimmung oder den Verzicht des Betreuers/Bevollmächtigten geht. Die Gleichbehandlung von Einwilligung und Ablehnung im Genehmigungsverfahren hat der Gesetzgeber jedoch nicht konsequent vorgenommen. Die gesetzliche Neuregelung enthält diverse weitere Voraussetzungen, die nur für den Verzicht des Betreuers/Bevollmächtigten gelten.
Anwendungsvoraussetzungen
§ 298 Abs. 1 FamFG regelt den Verfahrensablauf, wenn es um die Einwilligung des Betreuers/Bevollmächtigten in eine ärztliche Maßnahme im Sinne des § 1829 Abs. 1, 2 und 5 BGB geht.
Vorherige persönliche Anhörung des Betroffenen
Im Verfahrensablauf hat das Gericht zunächst den Betroffenen selbst anzuhören. Die Anhörung wird sich in erster Linie darauf erstrecken, sich ein Bild von der Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen im Hinblik auf die konkret beabsichtigte ärztliche Maßnahme zu verschaffen. Denn nur wenn der Betroffene einwilligungsunfähig st, ist Raum für die Einwilligung eines Betreuers oder Bevollmächtigten, die ihrerseits gerichtlich genehmigt werden kann. Anders als bei dem Verzicht auf Maßnahmen im Sinne des § 1829 Abs. 2 BGB wird hier nämlich kein Verfahrenspfleger bestellt (vgl. § 298 Abs. 2 FamFG). Die hier vorgenommene Differenzierung bleibt unklar. Hierauf wird im Einzelnen bei den Ausführungen zu § 298 Abs. 3 FamFG eingegangen.
Anhörung sonstiger Beteiligter
Der Beteiligtenbegriff ergibt sich aus § 274 FamFG, die insofern speziellere Norm zu § 7 FamFG ist. Beteiligt werden sollen demnach:
- der Betreuer, sofern sein Aufgabenkreis betroffen ist
- der Bevollmächtigte im Sinne des § 1814 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BGB, sofern sein Aufgabenkreis betroffen ist
Beteiligter im Sinne der Vorschrift ist an sich auch der Vertreter der Staatskasse (§ 274 Abs. 4 Nr. 2 FamFG), soweit "das Interesse der Staatskasse durch den Ausgang des Verfahrens betroffen sein kann".
Weitere Personen, wie beispielsweise der Ehepartner oder der eingetragene Lebenspartner (sofern sie nicht bereits Betreuer oder Bevollmächtigter des Betroffenen sind), sind lediglich bei Verlangen des Betroffenen zu hören (s. u.). Nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG läge die Hinzuziehung von Verwandten im Übrigen nur dann im Ermessen des Gerichtes, wenn eine der in § 274 Abs. 3 FamFG genannten Alternativen einschlägig wäre. Mangels Nennung von Maßnahmen nach § 1904 BGB durch den Gesetzgeber in § 274 Abs. 3 FamFG ist eine Ermessensentscheidung des Gerichts nicht möglich.
Anhörung nahestehender Personen
Nahestehende Personen sollen nur auf Verlangen des Betroffenen gehört werden. Regelmäßig wird der Patient infolge seines Gesundheitszustandes hierzu nicht mehr befragt werden können.
Hat er jedoch antizipiert im Rahmen einer Patientenverfügung Festlegungen getroffen, wer im Verfahren über die Genehmigung von Maßnahmen nach § 1829 Abs. 1 BGB gehört werden soll, ist auf diese Festlegungen zurückzugreifen.
Keine erheblichen Verzögerungen
Die Anhörung weiterer nahestehender Personen darf nicht zu erheblichen Verzögerungen führen, wenn diese Verzögerungen dem Wohl des Betroffenen zuwiderlaufen. In diesem Rahmen muss das Betreuungsgericht eine Interessenabwägung vornehmen zwischen der Dringlichkeit der medizinischen Maßnahme und dem Wunsch des Patienten an einer Beteiligung weiterer Personen.
4.2.2 Bestellung eines Verfahrenspflegers, 298 Abs. 2 FamFG
Bestellung eines Verfahrenspflegers im Falle des § 1829 Abs. 2 BGB
Die Vorschrift stellt klar, dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens bei Maßnahmen nach § 1829 Abs. 2 BGB für den Betroffenen immer ein Verfahrenspfleger zu bestellen ist ("stets").
4.2.3 Sachverständigengutachten, § 298 Abs. 3 FamFG
Einholung eines Sachverständigengutachtens
Medizinische Fragen werden mittels eines Sachverständigengutachtens, das vom Betreuungsgericht einzuholen ist, geklärt. Inhaltlich hat sich das Gutachten auf die im Rahmen der Genehmigung vorzunehmende Abwägung zwischen den Risiken der Diagnose- oder Behandlungsmaßnahme, deren Vorteile für den Betroffenen und etwaige Alternativen zu erstrecken hat. Ein ärztliches Zeugnis genügt nicht. Das Gericht muss dem Betroffenen das Gutachten rechtzeitig und vollständig übermitteln. Es kommt nicht darauf an, ob der Betroffene das Gutachten verstehen kann. Es muss ihm daher auch dann zugeleitet werden, wenn er bewusstlos ist.
Keine Personenidentität zwischen Sachverständigem und ausführendem Arzt
Sachverständiger und ausführender Arzt sollen personenverschieden sein. Es ist nicht weiter erforderlich, dass zwischen Arzt und Sachverständigem keine Personenidentität besteht. Damit soll gewährleistet werden, dass auch eine rechtzeitige gerichtliche Entscheidung ergehen kann und der Betreuer oder der Bevollmächtigte nicht gezwungen sind, im Rahmen ihrer Ent...