1. Allgemeines
Drei Aufklärungsgegenstände: § 364b AO normiert im Wesentlichen drei Aufklärungsgegenstände, die in der Präklusionsfristsetzung aufgenommen werden können, wobei diese kumulativ aufgenommen werden können, soweit dies erforderlich ist.
2. Angabe von Tatsachen (§ 364b Abs. 1 Nr. 1 AO)
Tatsachen: Der erste Aufklärungsgegenstand betrifft die Angabe von Tatsachen, durch deren (Nicht-)Berücksichtigung der Einspruchsführer sich beschwert fühlt.
Der Aufklärungsgegenstand dient zum einen der Konkretisierung der Beschwer i.S.d. § 350 AO, wodurch bei Zulässigkeitszweifeln diese geklärt und ausgeräumt werden können. Zum anderen ist der Aufklärungsgegenstand im Zusammenspiel mit § 357 Abs. 3 AO, wonach ein Einspruch begründet werden soll, und § 367 Abs. 2 S. 1 AO, wonach das FA die Sach- und Rechtslage in vollem Umfang erneut zu prüfen hat, zu betrachten. Wird der Einspruch auch nach einer Präklusionsfristsetzung nicht näher begründet, so hat das FA der Amtsermittlungspflicht genüge getan und kann nach Aktenlage entscheiden, ohne dass Gründe urplötzlich "nachgeschoben" werden können.
Beraterhinweis Sind die Tatsachen, über die vom FA die Aufklärung verlangt wird, amtsbekannt (z.B., indem sie offenkundig aus den Steuerakten hervorgehen) oder evident nicht klärungsbedürftig, so ist die Präklusionsfristsetzung rechtswidrig und bietet Angriffspunkte.
3. Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte (§ 364b Abs. 1 Nr. 2 AO)
Klärungsbedürftige Punkte: Während die Angabe von Tatsachen (§ 364b Abs. 1 Nr. 1 AO) regelmäßig weit sein kann und ggf. eine Eingrenzung durch das FA schon gar nicht möglich ist, weil es den Sachverhalt noch nicht genügend kennt, betrifft der zweite Aufklärungsgegenstand Erklärungen über bestimmte klärungsbedürftige Punkte. Aus dem Wortlaut ("bestimmte") geht mithin schon hervor, dass der Streitstoff bereits hinreichend eingegrenzt sein muss, d.h. ein bestimmter, klar abgrenzbarer Einzelsachverhalt einer weiteren Klärung zugeführt werden soll.
Anwendungsfälle: Regelmäßig von § 364b Abs. 1 Nr. 2 AO umfasst sind Sachverhalte, deren Streitigkeit feststeht und hinsichtlich derer auch schon eine Begründung vorgetragen worden ist, jedoch in dem Zusammenhang noch unklare, offene – und damit letztlich klärungsbedürftige – Punkte bestehen (so auch Rätke in Klein, AO, 17. Aufl. 2023, § 364b AO Rz. 7).
Beispiel:
Exemplarisch lässt sich folgendes Beispiel anführen:
Ein Stpfl. setzt steuerbilanziell eine Rückstellung für Schutzrechtsverletzungen i.S.d. § 5 Abs. 3 EStG i.H.v. 100.000 EUR an, welche vom FA nicht anerkannt wird. Im Einspruchsverfahren ist dieser Einzelsachverhalt ersichtlich streitig und die Nichtanerkennung vom Stpfl. als Einspruchsführer bereits gerügt worden. Jedoch ist bisher nicht vorgetragen worden, inwieweit bereits Ansprüche aufgrund der Schutzrechtsverletzung geltend gemacht worden sind bzw. ernsthaft mit einer Inanspruchnahme des Rechteinhabers zu rechnen ist. Will das FA diesen Punkt aufklären, so kann es die Präklusionsfristsetzung unter Erfüllung der weiteren Normvoraussetzungen auf den Aufklärungsgegenstand des § 364b Abs. 1 Nr. 2 AO stützen.
Beraterhinweis Benennt das FA den Einzelsachverhalt als Aufklärungsgegenstand nicht hinreichend, werden dabei keine Ausführungen zu den klärungsbedürftigen Punkten gemacht und fordert das FA den Einspruchsführer z.B. bloß pauschal auf "weitere Angaben" zu tätigen, so bietet die mangelnde Bestimmtheit und Klarheit Angriffspunkte, um die Rechtswidrigkeit zu rügen. Denn das geforderte Verhalten des Einspruchsführers muss einfach erfüllbar sein; ferner muss diesem unmissverständlich bewusst werden können, hinsichtlich welcher Punkte ggf. die Präklusion eintritt.
4. Bezeichnung von Beweismitteln oder Vorlage von Urkunden (§ 364b Abs. 1 Nr. 3 AO)
Beweismittel und Urkunden: Der dritte und letzte Aufklärungsgegenstand ist die Bezeichnung von Beweismitteln bzw. die Vorlage von Urkunden.
Ist der (streitige) Sachverhalt im Wesentlichen bereits festgestellt und geht es beispielsweise nur noch darum, ob dieser sich erweisen lässt, so kommt § 364b Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 AO zur Anwendung. Denn hierdurch kann das FA den Einspruchsführer auffordern, dass dieser Beweismittel, die sein Vorbringen beweisen sollen, bezeichnet (z.B. Benennung von Zeugen, die angehört werden können, damit sich das FA vom behaupteten Geschehensablauf des Einspruchsführers überzeugen kann).
Zum anderen kann das FA jedoch auch nach § 364b Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 AO die Vorlage von Urkunden, die das Vorbringen des Stpfl. beweisen können, verlangen. Hierzu gehören z.B. Rechnungen, Ausfuhrnachweise, Spendenbescheinigungen (so auch Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 364b AO Rz. 15 [Feb. 2021]). Das FA sollte die Urkunde, deren Vorlage begehrt wird, wegen der potentiellen Präklusionswirkung bei Nichtvorlage so genau wie nur möglich bezeichnen, wobei Umschreibungen des FA aus Verfassersicht unschädlich sein können, wenn der Einspruchsführer ohne weiteres erkennen kann, welche Urkunde zu Beweiszwecken in das Verfahren eingeführt werden muss.
Beraterhinweis Bei einer Steuererklärung handelt es sich nach h.M. um eine Urkunde, so dass das FA in Schätzungsfällen die Anforderung einer Steuererklärung zulässigerweise auf § 364b Abs. 1 ...