Grundsätze und Fallgestaltungen
[Ohne Titel]
Dr. Daniela Rossa-Heise, RAin
Die zutreffende sozialversicherungsrechtliche Einordnung des GmbH-Geschäftsführers bereitet in der Praxis immer wieder Probleme. Dies liegt u.a. daran, dass sich die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) seit einigen Jahren im Wandel befindet, dieser Wandel aber nicht immer die hinreichende Publizität erfährt. Dies führt nicht selten zu unliebsamen Überraschungen bei Betriebsprüfungen. Der nachstehende Artikel befasst sich mit diesem Wandel und zeigt etwaige Stolpersteine und mögliche Vermeidungsstrategien auf.
1. Ausgangssituation
Die Frage, ob das Anstellungsverhältnis mit einem Geschäftsführer (GF) der Sozialversicherung unterliegt oder nicht, ist von großer praktischer Bedeutung. Bei einem aktuellen Beitragssatz von
- 14,6 % Krankenversicherung (allgemeiner Beitragssatz),
- 18,6 % Rentenversicherung,
- 2,6 % Arbeitslosenversicherung und
- 3,05 % Pflegeversicherung
entsteht bei GF – insbesondere bei einem Wechsel aus einer vorherigen selbständigen Tätigkeit – nicht selten der Wunsch, die Anstellung versicherungsfrei zu gestalten. Auch werden immer wieder langjährig beschäftigte GF vom Unternehmen sozialversicherungsfrei geführt, weil bei Beginn der Anstellung eine – damals genügende – Gestaltung gewählt wurde, die bislang in den Betriebsprüfungen nicht beanstandet wurde.
Erheblich veränderte sozialversicherungsrechtliche Sichtweise durch das BSG: Die Beurteilung des GF einer GmbH in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht hat in den letzten Jahren eine deutliche Veränderung erfahren:
- während für die frühere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Rolle des GF als Organ der Gesellschaft und bestimmendem Akteur im Vordergrund stand,
- werden heute die Frage nach der Abhängigkeit des GF von den Weisungen der Gesellschafterversammlung sowie seine rechtliche Gestaltungsmacht in den Vordergrund der Betrachtung gerückt.
Das BSG hat Grundsätze der Beurteilung für die Frage der Sozialversicherungspflicht aufgestellt, die erheblich von den bislang angewandten Grundsätzen abweichen. Diese Abweichungen haben
- zu einer deutlichen Verschärfung der Anforderungen an eine sozialversicherungsfreie Beschäftigung von GF und damit
- zu einer Erhöhung der Anzahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse in diesem Bereich geführt.
- Gleichzeitig wurden durch die aktuelle BSG-Rechtsprechung die Gestaltungskorridore für eine Versicherungsfreiheit weiter verengt.
Der nachstehende Beitrag zeigt
- die Grundlagen der zutreffenden sozialversicherungsrechtlichen Einordnung,
- die verschiedenen Fallkonstellationen sowie
- entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten
auf.
2. Gesetzlicher Ausgangspunkt
Um festzustellen, ob ein GF sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, kommt es darauf an, ob der GF eine Beschäftigung i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV ausübt.
a) Beschäftigung i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV
Nichtselbständige Arbeit: Beschäftigung ist gem. § 7 I SGB IV die nichtselbständige Arbeit – insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind
- eine Tätigkeit nach Weisungen und
- eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich gekennzeichnet durch
- das eigene Unternehmerrisiko,
- das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte,
- die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und
- die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit.
Beraterhinweis Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Entscheidend ist damit, ob der GF weisungsgebunden seine Tätigkeit erfüllt.
b) Abgrenzung zur arbeitsrechtlichen Beurteilung
Zu beachten ist, dass die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der weisungsgebundenen Beschäftigung i.S.d. § 7 SGB IV nicht identisch ist mit der arbeitsrechtlichen Beurteilung.
In arbeitsrechtlicher Hinsicht übt der GF – unabhängig von seiner gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und etwaigen Sonderrechten – aufgrund seiner Organstellung gegenüber den Beschäftigten der Gesellschaft das arbeitsrechtliche Weisungsrecht aus und ist damit arbeitgeberähnlich.
Norm beruht auf nationalem Recht = GF ist kein Arbeitnehmer: Dies gilt arbeitsrechtlich zumindest immer dann, wenn die jeweilige Norm auf nationalem Recht...