Besonders umfassende Neuregelungen gibt es im neuen Stiftungsrecht zu Strukturmaßnahmen. Unter diesen Begriff fallen alle Maßnahmen, die die Grundlagen der Stiftung betreffen, also
- Satzungsänderungen
- Zusammenlegungen
- Zulegungen
- Auflösungen bzw. Aufhebungen
Trotz der erheblichen Bedeutung solcher Maßnahmen für eine Stiftung war bislang die gesetzliche Regelung lückenhaft und häufig widersprüchlich. Das BGB regelte nur die Möglichkeit zur Zweckänderung, die Landesstiftungsgesetze regelten zwar teilweise auch andere Strukturmaßnahmen, dies aber uneinheitlich. Die meisten Stiftungssatzungen enthielten zwar Regelungen zu Strukturmaßnahmen – auch diese waren aber nicht immer vollständig oder sie entsprachen gerade nicht den strengen Vorgaben der (wenigen) gesetzlichen Regelungen und waren dadurch unwirksam. In der Praxis hat das zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit über die Frage geführt, ob und unter welchen Voraussetzungen Strukturmaßnahmen bei einer Stiftung möglich sind.
Mit den Neuregelungen wurde nun ein gut nachvollziehbares Stufensystem geschaffen. Es schafft für die Zukunft mehr Handlungssicherheit.
- Satzungsänderungen, die prägende Merkmale der Stiftung betreffen (z.B. Name, Sitz, Art und Weise der Zweckerfüllung und Verwaltung des Grundstockvermögens) sind zulässig, wenn sich die Verhältnisse nach Errichtung der Stiftung wesentlich verändert haben und eine solche Änderung erforderlich ist, um die Stiftung an die veränderten Verhältnisse anzupassen. Sonstige, "einfache" Satzungsänderungen sind bereits möglich, wenn dies der Erfüllung des Stiftungszwecks dient.
- Wird der Stiftung ein neuer Zweck gegeben oder werden die Stiftungszwecke erheblich beschränkt, geht das nur unter der Voraussetzung, dass der Stiftungszweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann oder das Gemeinwohl gefährdet. Unter den gleichen Voraussetzungen kann eine Ewigkeitsstiftung auch in eine Verbrauchsstiftung umgewandelt werden.
- Genügt eine Satzungsänderung nicht, um die Stiftung auf geänderte Verhältnisse einzustellen, kommen die Zulegung zu einer anderen Stiftung oder die Zusammenlegung mit einer anderen Stiftung zu einer neuen Stiftung in Betracht. Diese Maßnahmen setzen unter anderem voraus, dass sich die Verhältnisse nach Errichtung der übertragenden Stiftung wesentlich verändert haben und die neue bzw. fortbestehende Stiftung ihren Zweck dauernd und nachhaltig erfüllen kann. Bei der Zulegung müssen die Zwecke der aufnehmenden Stiftung darüber hinaus im Wesentlichen mit mindestens einem Zweck der übernehmenden Stiftung übereinstimmen.
- Kann die Stiftung ihren Zweck endgültig nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllen, kommt zuletzt die Auflösung durch die Stiftungsorgane oder – subsidiär – die Aufhebung durch die Stiftungsbehörde in Betracht. Eine Sonderregelung gibt es für die Insolvenz der Stiftung.
Die gesetzlichen Vorgaben bieten einen guten Rahmen und damit Handlungssicherheit. Natürlich können Stifter nach wie vor "ihre" Stiftung gestalten, beispielsweise, indem sie durch Vorgaben in der Stiftungssatzung Satzungsänderungen ausschließen oder beschränken oder die Voraussetzungen festlegt, unter denen Satzungsänderungen durch die Organe der Stiftung beschlossen werden können. Der Gestaltungsspielraum endet allerdings, sobald es um die Zulegung, die Zusammenlegung und die Auflösung der Stiftung geht – von den dafür vorgesehenen Gesetzesvorgaben kann der Stifter nicht abweichen.
Bei der Gestaltung muss der Stifter die richtige Balance zwischen dem Ewigkeitscharakter der Stiftung und der Flexibilität für Entscheidungen in der Zukunft finden. Ihm ist weder gedient, wenn er seine Satzung "zementiert" und damit die Stiftungsorgane dauerhaft blockiert noch, wenn er (im Übrigen unzulässige) Blankoermächtigungen für Satzungsänderungen und andere Strukturmaßnahmen ausspricht. Auf die Formulierung der Vorgaben für Strukturmaßnahmen in der Stiftungssatzung sollte daher jeder Stifter besondere Sorgfalt verwenden und besonders die folgenden Punkte bedenken:
- Was ist die gesetzliche Ausgangssituation? Sind Abweichungen davon sinnvoll und erforderlich?
- Sollen bestimmte Satzungsbestandteile unverändert bleiben (z.B. der Name der Stiftung)?
- In welchem "Rangverhältnis" sollen die verschiedenen Strukturmaßnahmen stehen (z.B. Verbrauchsstiftung vor Änderung des Zwecks)?
- Soll es inhaltliche Grenzen geben (z.B. Beschränkung der Möglichkeit der Zweckerweiterung auf bestimmte Bereiche)?
- Unter welchen Voraussetzungen sollen Änderungen möglich sein? Können diese konkretisiert werden (z.B. durch Nennung von Beispielen)?