Das FG geht davon aus, dass die mit nicht steuerbaren Umsätzen (Ausgabe und Nichteinlösung von Wertgutscheinen bzw. Mehrzweck-Gutscheinen) in Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge nicht abziehbar sind, da keine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt würde. Folgt man dem Urteil, würde dies dazu führen, dass jedem Steuerpflichtigen der Vorsteuerabzug anteilig versagt werden müsste, soweit er Mehrzweck-Gutscheine i.S.d. aktuell geltenden Rechts ausgibt, die nicht eingelöst werden. Die Entscheidung betrifft daher also nicht nur den Vertrieb von Gutscheinen für Freizeiterlebnisse, sondern sämtliche Unternehmen die Mehrzweck-Gutscheine ausgeben.
Die Auffassung des FG verkennt jedoch nach unserer Ansicht, dass die Ausgabe der (Wert- bzw. Mehrzweck-) Gutscheine auf die Erzielung von Umsätzen aus der Einlösung ebensolcher gerichtet ist, d.h. eine wirtschaftliche Tätigkeit, die steuerbar und steuerpflichtig ist. Die Ausgabe der Gutscheine ist im Modell des Betreibers eines Gutscheinportals zwar nicht hinreichend, aber notwendig zum Bewirken von steuerbaren und steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen. Außerdem muss beachtet werden, dass der Gutscheinanbieter keine Kontrolle über die Verwendung oder das Verfallen der Gutscheine hat – dies hängt allein vom Handeln der Inhaber ab. Ob er eine wirtschaftliche oder nicht wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, läge dann in fremder Hand.
Der Gutscheinanbieter hat ein Recht auf den vollen Vorsteuerabzug, weil sich die Eingangsleistungen ausschließlich auf die Ausführung seiner Umsätze (Ausgabe und Einlösung von Gutscheinen) beziehen und seine wirtschaftliche Tätigkeit nicht teilbar ist. Ihre Aufspaltung wäre künstlich.
Nach ständiger Rechtsprechung setzt ein Vorsteuerabzug u.a. voraus, dass die Eingangsleistungen vom Steuerpflichtigen auf einer nachfolgenden Umsatzstufe für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden und auf einer vorausgehenden Umsatzstufe von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht werden. Diese Zweckbestimmung erfordert grundsätzlich einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen. Zugunsten des Steuerpflichtigen wird aber nach ständiger Rechtsprechung auch bei Fehlen eines solchen direkten und unmittelbaren Zusammenhangs das Recht auf Vorsteuerabzug angenommen, wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehören und – als solche – Kostenelemente der von ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen sind. Derartige Kosten hängen nämlich direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen zusammen.
Die bezogenen Eingangsleistungen verwendet der Gutscheinanbieter, um steuerpflichtige Umsätze (Absatzförderungsleistung bzw. untypische Vermittlungsleistung durch Ausgabe und Einlösung von Mehrzweck-Gutscheinen) erbringen zu können. Es liegt nicht in seiner Macht, den Verfall von Gutscheinen zu vermeiden. Es liegt in der alleinigen Macht der Inhaber, die Gutscheine verfallen zu lassen. Die Eingangsumsätze finden Eingang in die Preise seiner steuerbaren Ausgangsleistungen, hierfür erhält er die Provisionen. Da er keine Kontrolle über die Anzahl der Gutscheine hat, die die Inhaber möglicherweise verfallen lassen, kann er diesen Umstand weder planen noch fördern noch als sichere Einnahme seinen Ausgaben für Eingangsleistungen gegenüberstellen.
Die Ausgabe der Wertgutscheine (bzw. Mehrzweck-Gutscheine) an sich stellt keinen eigenen Umsatz dar, sondern einen Zwischenschritt, der der Bewirkung der (Vermittlungs-) Leistung des Gutscheinanbieters dient und dessen Kosten folglich zu den Kosten seiner steuerbaren wirtschaftlichen Tätigkeit gehören. Dass er aus diesem Zwischenschritt nicht nur Kosten, sondern auch Einnahmen generiert, schmälert nicht seinen Vorsteuerabzug, weil es sich gerade um keinen gesonderten "Umsatz" handelt. Die wirtschaftliche Tätigkeit des Klägers ist insgesamt auf steuerbare und steuerpflichtige Umsätze gerichtet; die Ausgabe der Gutscheine dient diesem Ziel und hat keine eigene Qualität als "Umsatz". Die Eingangsumsätze stehen somit im Lichte der EuGH- und BFH-Rechtsprechung in der Rechtssache ‚Larentia + Minerva und Marenave Schifffahrt’ in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der eigenen Unternehmenstätigkeit, die in all ihren Einzel- und Zwischenschritten auf die Bewirkung von steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungen gerichtet ist.