Die letzte Fallkonstellation, die skizziert werden soll, ist dadurch gekennzeichnet, dass Unklarheiten bestehen, auf welche Einspruchsentscheidung eine Bezugnahme durch das Finanzgericht erfolgt ist.
So ist es denkbar, dass zwischen dem FA und dem Steuerpflichtigen mehrere Steuerstreitigkeiten bestehen, wobei manche sich schon im gerichtlichen Klageverfahren befinden, während andere erst noch im außergerichtlichen Einspruchsverfahren sind.
Macht das FG in einem Klageverfahren durch Bezugnahme auf eine Einspruchsentscheidung von der Begründungserleichterung Gebrauch und verweist es dabei auf eine Einspruchsentscheidung eines Datums, unter dem gar keine Einspruchsentscheidung erlassen worden ist, und sind zwischenzeitlich während des Klageverfahrens auch noch weitere Einspruchsentscheidungen erlassen worden, kann dies einen schweren Begründungsmangel hervorrufen (vgl. BFH v. 18.1.2006 – II B 91/05).
Dabei ist jedoch nach Auffassung des BFH zu beachten, dass ein falsches Datum alleinhin noch keinen Begründungsmangel rechtfertigt. Ein solcher ist erst dann anzunehmen, wenn eine Verwechslung mit einer anderen – etwa in einem außergerichtlichen Parallelverfahren – erlassenen Einspruchsentscheidung ernsthaft möglich erscheint.
Diese differenzierte Sichtweise wird durch den Verfasser befürwortet. Ein falsches Datum (wie etwa ein bloßer "Zahlendreher" hinsichtlich des Tages) sollte zumindest dann keinen Begründungsmangel hervorrufen können, wenn trotz dessen zweifelsfrei ermittelbar ist, auf welche Entscheidung des FA vom FG Bezug genommen wurde.Ist in dem Zusammenhang z.B. bisher überhaupt vom Steuerpflichtigen nur ein einziges Einspruchsverfahren geführt und eine einzige Einspruchsentscheidung jemals erlassen worden, dürfte eine Verwechslungsmöglichkeit regelmäßig nicht bestehen, weil keine Bezugnahme auf eine andere Entscheidung ernsthaft denkbar erscheint.
Sind hingegen mehrere Einspruchsentscheidungen in zumindest grobem zeitlichem Zusammenhang zum Klageverfahren und dem Urteil erlassen worden und werden Zweifel, welche davon gemeint sein soll, auch nur ansatzweise glaubhaft dargelegt, so ist zugunsten der Klägerseite von einem Begründungsmangel auszugehen. Aufgrund der in diesem Beitrag zu Anfang dargestellten Wichtigkeit und Bedeutung, die einer Urteilsbegründung zukommt, sind nämlich aus Sicht des Verfassers an einen zeitlichen Zusammenhang und die mögliche Verwechslungsgefahr keine allzu hohen Anforderungen zu stellen.