1. Verbindliche Teilzusage setzt voraus ...
Die Finanzverwaltung kann dem Steuerpflichtigen "bereits nach Erlass eines Teilabschlussbescheids nach § 180 Abs. 1a AO auf Antrag verbindlich zusagen, wie ein für die Vergangenheit geprüfter und im Teilabschlussbericht dargestellter Sachverhalt in Zukunft steuerlich behandelt wird" (§ 204 Abs. 2 AO).
Voraussetzung für die Erteilung einer verbindlichen Teilzusage ist demnach zunächst, dass ein Teilabschlussbescheid nach § 180 Abs. 1a AO ergangen ist (s. unter 2.) sowie der relevante Sachverhalt für die Vergangenheit geprüft (s. unter 3.) und im Teilabschlussbericht dargestellt wurde (s. unter 4.) und in die Zukunft wirkt (s. unter 5.).
2. ... erlassener Teilabschlussbescheid nach § 180 Abs. 1a AO
Zu Einzelheiten zum Teilabschlussbescheid s. Denninger / Hürten, AO-StB 2024, 274.
Beachten Sie, dass der Teilabschlussbescheid für die auf ihm basierende verbindliche Teilzusage keine Grundlagenwirkung entfaltet (§ 182 Abs. 1 AO). Wird also der Teilabschlussbescheid aufgehoben oder geändert, bleibt die verbindliche Teilzusage weiterhin bestehen und behält ihre Rechtsgrundwirkung (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 207 AO Rz. 23 [01/2024]).
3. ... für die Vergangenheit geprüfter Sachverhalt ...
"Sachverhalt" i.S.d. § 204 Abs. 2 AO umfasst jeden tatsächlichen Zustand und/oder Vorgang, der für die Besteuerung von Bedeutung ist (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 204 AO Rz. 18 [01/2024]). Der Sachverhalt muss im Prüfungsbericht dabei grundsätzlich umfassend dargestellt werden, wenn mit einem Antrag auf verbindliche Zusage zu rechnen ist, § 12 Abs. 1 BpO 2000 (dies gilt u.E. entsprechend für den Teilabschlussbericht).
Beraterhinweis Strebt der Steuerpflichtige eine verbindliche Teilzusage an, sollte er darauf hinwirken, dass der Sachverhalt, der Gegenstand der verbindlichen Teilzusage sein soll, geprüft und möglichst eingehend im Teilabschlussbericht dargestellt wird.
"Für die Vergangenheit" setzt voraus, dass der Sachverhalt bereits verwirklicht wurde. In der Vergangenheit nicht verwirklichte, aber für die Zukunft geplante Sachverhalte können daher nicht Gegenstand einer Zusage i.S.d. § 204 AO, sondern nur Gegenstand einer verbindlichen Auskunft i.S.d. § 89 Abs. 2 AO sein (Schallmoser in HHSp, AO/FGO, § 204 AO Rz. 73 [04/2024]).
"Geprüft" i.S.d. § 204 AO ist der Sachverhalt, wenn die Finanzbehörde ihn bei der Außenprüfung ermittelt und berücksichtigt hat; eine generelle Prüfung genügt nicht (Schallmoser in HHSp, AO/FGO, § 204 AO Rz. 73 [04/2024]).
Beispiel:
Keine Prüfung i.S.d. § 204 Abs. 2 AO liegt vor, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen der Außenprüfung keine Geschäftsunterlagen vorlegt und die Außenprüfung nur anhand der Aktenlage erfolgt. Ohne Zugang zu den Geschäftsunterlagen kann die Außenprüfung den Sachverhalt nämlich nicht umfassend prüfen (FG Nürnberg v. 23.5.2019 – 4 K 862/17, EFG 2020, 895).
4. ... im Teilabschlussbericht dargestellt ...
Der für die Vergangenheit geprüfte Sachverhalt muss im Teilabschlussbericht dargestellt sein.
Beraterhinweis § 204 Abs. 2 AO verwendet den Begriff "Teilabschlussbericht", der synonym zum "Teilprüfungsbericht" i.S.d. § 202 Abs. 3 AO zu verstehen ist. Obgleich die uneinheitliche gesetzliche Terminologie verwirrt, meinen beide Begriffe das Gleiche (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 204 AO Rz. 25 [01/2024]).
Verweigert der Außenprüfer die Darstellung eines geprüften Sachverhalts im Teilprüfungsbericht, kann der Steuerpflichtige die Aufnahme in den Teilprüfungsbericht gerichtlich im Wege der Leistungsklage erzwingen (Intemann in Koenig, AO, 5. Aufl. 2024, § 204 Rz. 20 betrf. Prüfungsbericht). Alternativ sollte es u.E. aus verfahrensökonomischen Gründen statthaft sein, dass der Steuerpflichtige eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung in seinen Antrag auf Erteilung der verbindlichen Teilzusage aufnimmt, aus der sich die im Teilabschlussbescheid verarbeiteten Besteuerungsgrundlagen eindeutig ergeben (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 204 AO Rz. 25 [01/2024]).
Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Teilprüfungsbericht fehlerfrei oder vollständig ist (BFH v. 6.8.2014 – V B 116/13, AO-StB 2014, 295, unter II. 2., betr. Prüfungsbericht i.S.d. § 202 Abs. 1 S. 1 AO).
Für den Fall, dass kraft Gesetzes kein Teilprüfungsbericht ergeht, beispielsweise, weil die Außenprüfung zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen führt (§ 202 Abs. 3, Abs. 1 S. 3 AO), gebietet es – nach hier vertretener Ansicht – der Normzweck (Rechts- und Steuerplanungssicherheit) eine verbindliche Teilzusage zuzulassen (Hannig in BeckOK/AO, § 204 Rz. 18 [07/2024] zu § 204 Abs. 1 AO).
Beraterhinweis Der Steuerpflichtige sollte von seinem Recht nach §§ 202 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 AO auf Vorabübersendung des Teilprüfungsberichts Gebrauch machen, um die Sachverhaltsdarstellung auf Vollständigkeit zu prüfen und ggf. die Nichtdarstellung eines relevanten Sachverhalts vorab gegenüber dem Prüfer zu rügen. Insb. sollte er den Prüfer bereits vor oder während der Außenprüfung auf den geplanten Antrag hinweisen.
Einen abgelehnten Antrag auf Übersendung des Teilprüfungsberichts kann der Steuerpflichtige anfechten (und ggf. Verpflichtungsklage erheben; Schallmoser in HHSp, AO/FGO, § 202 AO Rz. 9 [04/2024] zum Prüfung...