Frühzeitige Sicherheit für zukünftige Sachverhalte?
[Ohne Titel]
RAin/FAinStR/StBin Dr. Isabella Denninger / Ass. Jur. Anna Hürten
Mit Wirkung zum 1.1.2025 hat der Gesetzgeber im Zuge der Beschleunigung des Außenprüfungsverfahrens die "verbindliche Teilzusage" (§ 204 Abs. 2 AO) eingeführt. Dieses neue Verfahrensinstrument wurde in den Regelungskomplex der verbindlichen Zusage (§§ 204 bis 207 AO) eingefügt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine verbindliche Teilzusage schon vor dem formalen Abschluss der Außenprüfung erteilt werden, mit der Folge, dass die steuerliche Behandlung bestimmter Sachverhalte für die Zukunft grundsätzlich bindend feststeht. Der Steuerpflichtige soll so frühzeitig Rechts- und Steuerplanungssicherheit erlangen. Der nachfolgende Beitrag zeigt insb. auf, unter welchen Voraussetzungen die verbindliche Teilzusage erteilt wird (unter III.), wie und in welchen Konstellationen die verbindliche Teilzusage sinnvollerweise beantragt werden sollte (unter V.) und welche Rechtswirkungen das Instrument entfaltet (unter VI.).
I. Problemaufriss: keine Sicherheit bei geprüften Sachverhalten für die Zukunft
Gemäß dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung ist der der Besteuerung zugrunde liegende Sachverhalt in jedem Veranlagungszeitraum neu zu prüfen und rechtlich zu würdigen. Daher entfaltet die steuerliche Beurteilung in einem Veranlagungszeitraum keine Bindungswirkung in späteren Veranlagungszeiträumen. Demgemäß kann und muss das FA einen in den Vorjahren falsch gewürdigten Sachverhalt in späteren Veranlagungszeiträumen rechtlich und tatsächlich überprüfen und anders würdigen, auch wenn der Steuerpflichtige auf diese rechtsirrige Auffassung vertraut und Dispositionen getroffen hat (vgl. BFH v. 14.10.2009 – X R 37/07, BFH/NV 2010, 406).
Dies hat zur Folge, dass der Steuerpflichtige selbst bei bereits in der Vergangenheit geprüften Sachverhalten keine verlässliche Recht- und Steuerplanungssicherheit für die Zukunft hat, was zu potentiellen "Konflikten" mit dem FA führen kann.
II. Verbindliche Teilzusage nach § 204 Abs. 2 AO als Lösung?
Das Verfahrensinstrument der verbindlichen Zusage (§§ 204 bis 207 AO) soll dem Steuerpflichtigen – in Durchbrechung des Prinzips zur Abschnittsbesteuerung – über den geprüften Zeitraum hinaus eine solche Sicherheit gewähren und Auseinandersetzungen zwischen dem Steuerpflichtigen und dem FA vermeiden.
Insoweit bietet das Instrument für den Steuerpflichtigen die Möglichkeit, im Anschluss an eine Außenprüfung eine verbindliche Zusage darüber zu erhalten, wie ein im Prüfungsbericht dargestellter und rechtlich gewürdigter Sachverhalt zukünftig (d.h. grundsätzlich bis zur Änderung der betroffenen Rechtsnormen, § 207 AO) zu behandeln ist.
Beraterhinweis Ab dem 1.1.2025 kann eine verbindliche Zusage nach Erlass eines Teilabschlussbescheids (§ 180 Abs. 1a AO, hierzu im Einzelnen Denninger / Hürten, AO-StB 2024, 274) bereits vor dem Abschluss der Außenprüfung erteilt werden, wenn der Steuerpflichtige hieran ein besonderes Interesse hat und dies glaubhaft macht (sog. verbindliche Teilzusage nach § 204 Abs. 2 AO). Diese Vorverlegung dient der frühzeitigen Rechtssicherheit (BT-Drucks. 20/3436, 94), weil bereits ab dem Zeitpunkt des Erlasses des Teilabschlussbescheids eine verbindliche Teilzusage über die zukünftige steuerliche Behandlung der im Teilabschlussbescheid verbeschiedenen Sachverhalte erteilt werden kann.
III. Unter welchen Voraussetzungen kann eine verbindliche Teilzusage erteilt werden?
1. Verbindliche Teilzusage setzt voraus ...
Die Finanzverwaltung kann dem Steuerpflichtigen "bereits nach Erlass eines Teilabschlussbescheids nach § 180 Abs. 1a AO auf Antrag verbindlich zusagen, wie ein für die Vergangenheit geprüfter und im Teilabschlussbericht dargestellter Sachverhalt in Zukunft steuerlich behandelt wird" (§ 204 Abs. 2 AO).
Voraussetzung für die Erteilung einer verbindlichen Teilzusage ist demnach zunächst, dass ein Teilabschlussbescheid nach § 180 Abs. 1a AO ergangen ist (s. unter 2.) sowie der relevante Sachverhalt für die Vergangenheit geprüft (s. unter 3.) und im Teilabschlussbericht dargestellt wurde (s. unter 4.) und in die Zukunft wirkt (s. unter 5.).
2. ... erlassener Teilabschlussbescheid nach § 180 Abs. 1a AO
Zu Einzelheiten zum Teilabschlussbescheid s. Denninger / Hürten, AO-StB 2024, 274.
Beachten Sie, dass der Teilabschlussbescheid für die auf ihm basierende verbindliche Teilzusage keine Grundlagenwirkung entfaltet (§ 182 Abs. 1 AO). Wird also der Teilabschlussbescheid aufgehoben oder geändert, bleibt die verbindliche Teilzusage weiterhin bestehen und behält ihre Rechtsgrundwirkung (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 207 AO Rz. 23 [01/2024]).
3. ... für die Vergangenheit geprüfter Sachverhalt ...
"Sachverhalt" i.S.d. § 204 Abs. 2 AO umfasst jeden tatsächlichen Zustand und/oder Vorgang, der für die Besteuerung von Bedeutung ist (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 204 AO Rz. 18 [01/2024]). Der Sachverhalt muss im Prüfungsbericht dabei grundsätzlich umfassend dargestellt werden, wenn mit einem Antrag auf verbindliche Zusage zu rechnen ist, § 12 Abs. 1 BpO 2000 (dies gilt u.E. entsprec...